(19)
(11) EP 3 206 191 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.08.2017  Patentblatt  2017/33

(21) Anmeldenummer: 17000183.8

(22) Anmeldetag:  07.02.2017
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G07C 1/10(2006.01)
G07C 5/00(2006.01)
G07C 5/08(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 12.02.2016 DE 102016001652

(71) Anmelder: MAN Truck & Bus AG
80995 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Reimar, Braun
    81735 München (DE)

(74) Vertreter: Liebl, Thomas 
Neubauer - Liebl - Bierschneider Patentanwälte Münchener Straße 49
85051 Ingolstadt
85051 Ingolstadt (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR ERFASSUNG UND AUFZEICHNUNG VON RUHEZEITEN EINES FAHRERS EINES NUTZFAHRZEUGS, INSBESONDERE WÄHREND EINES AUTONOMEN FAHRBETRIEBS


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs, insbesondere während eines autonomen Fahrbetriebs. Erfindungsgemäß wird mittels wenigstens eines Sensors, vorzugsweise eines Hand-Sensors, und einer Erfassungs- und Auswerteeinheit die Position und/oder das Bewegungsprofil der Hände des Fahrers in einem Fahrerhaus bezüglich eines Lenkrads erfasst. Die erfasste Position und/oder das erfasste Bewegungsprofil der Hände des Fahrers wird dergestalt ausgewertet, dass die Zeiten, in denen sich die Hände des Fahrers entfernt vom Lenkrad befunden haben, als wahrgenommene Ruhezeiten festgestellt und erfasst werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs, insbesondere während eines autonomen Fahrbetriebs, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Fahrzeug, insbesondere ein Nutzfahrzeug, zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8.

[0002] Für Fahrer von Nutzfahrzeugen sind Ruhezeiten gesetzlich vorgeschrieben, welche erfasst und für einen Nachweis aufgezeichnet werden müssen. Während eines bisher üblichen Fahrbetriebs eines Nutzfahrzeugs hat ein Fahrer ständig Fahreingriffe, insbesondere durch Lenkeingriffe durchzuführen. Zum Nachweis von Ruhezeiten des Fahrers werden somit bisher Fahrbetriebszeiten mittels sogenannter Fahrtenschreiber erfasst. Ein längerer Fahrbetriebsstillstand kann somit als wahrgenommene Ruhezeit eines Fahrers nachgewiesen werden. Zusätzlich oder gegebenenfalls anstelle des vorstehenden Verfahrens können Ruhezeiten eines Fahrers über Standortdaten, insbesondere GPS-Daten erfasst und nachgewiesen werden, wenn ein Nutzfahrzeug ortsfest über einen längeren Zeitraum, insbesondere auf einem Parkplatz abgestellt wird. Die Ruhezeiten eines Fahrers werden somit bisher unmittelbar aus Ruhezeiten des Fahrbetriebs abgeleitet.

[0003] Bei einem vollen autonomen Fahrbetrieb ist dagegen ein Fahrer von allen Fahraufgaben entbunden, so dass längere autonome Fahrbetriebszeiten als Ruhezeiten eines im Nutzfahrzeug mitfahrenden Fahrers gewertet werden können. Bei einer solchen Betriebsart kann davon ausgegangen werden, dass nur ein Teil der Straßen, insbesondere Autobahnstrecken für einen autonomen Fahrbetrieb ausgebaut werden. Ein Fahrer soll im herkömmlichen Fahrbetrieb das Nutzfahrzeug bis zu einer solchen, für den autonomen Verkehr ausgebauten Straße steuern. Beim Erreichen einer solchen Straße wird dann das Fahrzeug in den autonomen Fahrbetrieb gesteuert und der Fahrer kann über eine vorzugsweise große Fahrstrecke und lange Fahrzeit seine Fahrertätigkeit einstellen und eine entsprechende Ruhezeit wahrnehmen. Wenn die Zielregion erreicht ist, kann die Straße für den autonomen Fahrbetrieb wieder verlassen werden und der Fahrer kann das Fahrzeug von Hand bis zum Zielort steuern.

[0004] Im vollen autonomen Fahrbetrieb können somit Ruhezeiten während des Fahrbetriebs wahrgenommen werden, so dass die eingangs beschriebenen bisherigen Verfahren zur Erfassung von Ruhezeiten nicht verwendet werden können.

[0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs aufzuzeigen, mittels dem die Ruhezeiten in einem autonomen Fahrbetrieb einfach und zuverlässig erfasst werden.

[0006] Diese Aufgabe wird gelöst mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche. Bevorzugte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen offenbart.

[0007] Gemäß Patentanspruch 1 wird ein Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs, insbesondere während eines autonomen Fahrbetriebs, vorgeschlagen. Erfindungsgemäß wird mittels wenigstens eines Sensors, vorzugsweise eines Hand-Sensors, und einer Erfassungs- und Auswerteeinheit die Position und/oder das Bewegungsprofil der Hände des Fahrers in einem Fahrerhaus bezüglich eines Lenkrads erfasst und aufgezeichnet. Die erfasste Position und/oder das erfasste Bewegungsprofil der Hände des Fahrers wird dergestalt ausgewertet, dass die Zeiten, in denen sich die Hände des Fahrers entfernt vom Lenkrad befunden haben, als wahrgenommene Ruhezeiten festgestellt und erfasst werden.

[0008] Zudem wird vorzugsweise wenigstens eine Mindestzeit, insbesondere eine gesetzliche festgelegte Mindestzeit, vorgegebenen, in der sich die Hände des Fahrers durchgehend entfernt vom Lenkrad befinden müssen, um als wahrgenommene Ruhezeit festgestellt und aufgezeichnet zu werden. Dadurch wird sichergestellt, dass nur ein kurzzeitiges Loslassen des Lenkrads oder nur eine kurze Lenkpause nicht als gesetzlich vorgeschriebene, (relativ lange) Ruhezeit gewertet wird.

[0009] Dieses Verfahren zur Erfassung von Ruhezeiten ist ersichtlich unabhängig vom Fahrbetrieb des Fahrzeugs und kann somit während eines autonomen und/oder teilautonomen Fahrbetriebs des Nutzfahrzeugs durchgeführt werden. Zudem können damit auch die bisher wahrgenommenen Ruhezeiten bei einem Fahrzeugstillstand erfasst und dokumentiert werden.

[0010] In einer weiteren Ausgestaltung des Verfahrens kann mittels wenigstens eines Körper-Sensors die Position und/oder das Bewegungsprofil des Körpers des Fahrers, insbesondere bezüglich einer Liege im Fahrerhaus, erfasst und aufgezeichnet sowie zur Feststellung wahrgenommener Ruhezeiten ausgewertet werden. Damit kann gegebenenfalls eine Liegeposition eines Fahrers auf einer Liege im Fahrerhaus als Ruhepause in Verbindung mit einem fehlenden Griff am Lenkrad erfasst und dokumentiert werden. Bevorzugt ist der wenigstens eine Körper-Sensor dabei einem Fahrerhaus des Nutzfahrzeugs, insbesondere eines als Lastkraftwagen ausgebildeten Nutzfahrzeugs, zugeordnet, um die Position und/oder das Bewegungsprofil des Fahrers auf einfache und zuverlässige Weise bestimmen zu können.

[0011] In einer weiteren Ausgestaltung des Verfahrens können zudem mittels einer Sensorik medizinische Daten, insbesondere Pulsdaten, des Fahrers erfasst und bezüglich dessen Gesundheitszustands ausgewertet werden. Gesundheitsprobleme eines Fahrers während eines autonomen Fahrbetriebs können zu kritischen Fahrzuständen führen, wenn der Fahrer die Fahrzeugführung bei Bedarf nicht mehr übernehmen kann. Unabhängig von einer Ruhezeiterfassung oder in Verbindung mit einer Ruhezeiterfassung ist es daher vorteilhaft, Gesundheitsdaten an eine externe Steuerzentrale zu übermitteln, von der bei Gesundheitsproblemen gegebenenfalls in den autonomen Fahrbetrieb eingegriffen werden kann.

[0012] Die bisher genannten Sensoren werden vorzugsweise im Lenkrad und/oder im Fahrerhaus verteilt und/oder am Fahrer angeordnet. Für die erforderliche Zeiterfassung können übliche Uhrmodule verwendet werden. Für die Erfassung von Bewegungsprofilen und Positionen können an sich bekannte Näherungssensoren, Lichtschranken, Ultraschallsensoren, etc. eingesetzt werden.

[0013] In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird als Erfassungs- und Auswerteeinheit eine vom Fahrer zu tragende Armbanduhr mit Computer-Zusatzfunktionen, eine sogenannte Smart-Watch verwendet.

[0014] Smart-Watches sind für eine Vielzahl von Funktionen und Anzeigen bereits allgemein bekannt. Neben der Zeitmessung kann beispielsweise mit einer bekannten Smart-Watch die körperliche Fitness mittels einer Pulsmessung festgestellt werden und in Verbindung mit einer Standortermittlung die Möglichkeit, einen Hilferuf abzusetzen. Weiter sind Smart-Watches mit eingebauten Projektoren, integriertem Stromerzeuger, Reichweitenanzeigen für E-Bikes, etc. bekannt. Viele mögliche Fähigkeiten solcher Smart-Watches, welche über ihre Zeitmessfunktionen hinausgehen, können auch aus dem Internet als sogenannte Applikationen (Apps) heruntergeladen werden. Mit einer geeigneten App können auch die vorliegenden Verfahrensdaten zur Bestimmung von Ruhezeiten erfasst, ausgewertet und gespeichert werden.

[0015] Dazu sollen ermittelte, voll wahrgenommene Ruhezeiten und/oder eine sich aktuell aufbauende Ruhezeit und/oder aktuelle Gesundheitsdaten des Fahrers in der Erfassungs- und Auswerteeinheit, insbesondere in einer Smart-Watch, auslesbar aufgezeichnet werden und/oder mittels einer Datenfernübertragung an eine ortsfeste Steuerzentrale weitergeleitet werden. Eine solche ortsfeste Steuerzentrale kann beispielsweise ein Logistikbüro eines Speditionsbetriebs sein, von dem aus der Einsatz von Nutzfahrzeugen und ihrer Fahrer gesteuert wird.

[0016] Weiter wird auch ein Fahrzeug, insbesondere ein Nutzfahrzeug, mit einer Ausrüstung für einen autonomen Fahrbetrieb zur Durchführung eines der vorstehenden Verfahren beansprucht.

[0017] Anhand einer Zeichnung wird die Erfindung weiter erläutert.

[0018] Die einzige Figur zeigt beispielhaft und vereinfacht ein Verfahrensschema zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs während eines autonomen Fahrbetriebs.

[0019] Das Verfahren wird vom Fahrer oder automatisch beim Übergang in den autonomen Fahrbetrieb gestartet (Block 1).

[0020] Falls in der Entscheidungsraute 2 der autonome Fahrbetrieb festgestellt wird, erfolgt der Start der Zeitmessung (Block 3), insbesondere in einer Smart-Watch.

[0021] In den Entscheidungsrauten 4, 5 wird festgestellt, ob die Hände des Fahrers am Lenkrad liegen und ob ein gleichmäßiger (Ruhe-)Puls des Fahrers erfasst wird. Nur wenn die Hände nicht am Lenkrad liegen und eine Pulsanzeige vorliegt (das heißt der Fahrer ist während des autonomen Fahrbetriebs gesund und trägt seine Smart-Watch) läuft die Zeitmessung, ansonsten wird die Zeitmessung gestoppt (Block 6). Wenn kein oder ein unregelmäßiger Puls des Fahrers erfasst wird, erfolgt ein Warnsignal nach extern, zum Beispiel zu einer externen Steuerzentrale, von der aus dann in einen gegebenenfalls sicherheitskritischen, autonomen Fahrbetrieb eingegriffen werden kann
Für den Fall, dass die Zeitmessung ohne Unterbrechung weiterläuft, wird in der Entscheidungsraute 7 festgestellt, ob eine vorgegebene (Mindest-)Ruhezeit, welche insbesondere einer gesetzlich vorgegebenen Mindestruhezeit entsprechen kann, erreicht ist. Nach Erreichen dieser vorgegebenen, zusammenhängenden Ruhezeit erfolgt deren Speicherung (Block 8) zur Dokumentation. Falls eine vorgeschriebene zusammenhänge Mindestruhezeit nicht erreicht wird (Entscheidungsrate 7) erfolgt ein erneuter Durchlauf. Gegebenenfalls erfolgt bei einer erreichten Mindestruhezeit ein Weiterlauf der Zeitmessung bis zu einer tatsächlichen Gesamtruhezeit und/oder eine Aufsummierung von aufeinanderfolgenden Ruhezeiten (Block 9) mit anschließender Speicherung (Block 8).

Bezugszeichenliste



[0022] 
1
Block
2
Entscheidungsraute
3
Block
4
Entscheidungsraute
5
Entscheidungsraute
6
Block
7
Entscheidungsraute
8
Block
9
Block



Ansprüche

1. Verfahren zur Erfassung und Aufzeichnung von Ruhezeiten eines Fahrers eines Nutzfahrzeugs, insbesondere während eines autonomen Fahrbetriebs,
dadurch gekennzeichnet,
dass mittels wenigstens eines Sensors, vorzugsweise eines Hand-Sensors, und einer Erfassungs- und Auswerteeinheit die Position und/oder das Bewegungsprofil der Hände des Fahrers in einem Fahrerhaus bezüglich eines Lenkrads erfasst wird, und
dass die erfasste Position und/oder das erfasste Bewegungsprofil der Hände des Fahrers dergestalt ausgewertet wird, dass die Zeiten, in denen sich die Hände des Fahrers entfernt vom Lenkrad befunden haben, als wahrgenommene Ruhezeiten festgestellt und erfasst werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren zur Erfassung von Ruhezeiten während eines autonomen und/oder teilautonomen Fahrbetriebs des Nutzfahrzeugs durchgeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens eine Mindestzeit, insbesondere eine gesetzlich festgelegte Mindestzeit, vorgegeben wird, in der sich die Hände des Fahrers durchgehend entfernt vom Lenkrad befinden müssen, um als wahrgenommene Ruhezeit festgestellt und aufgezeichnet zu werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass zudem mittels wenigstens eines Körper-Sensors die Position und/oder das Bewegungsprofil des Körpers des Fahrers, insbesondere bezüglich einer Liege im Fahrerhaus, erfasst und aufgezeichnet sowie zur Feststellung wahrgenommener Ruhezeiten ausgewertet wird, wobei bevorzugt vorgesehen ist, dass der wenigstens eine Körper-Sensor einem Fahrerhaus des Nutzfahrzeugs, insbesondere des als Lastkraftwagen ausgebildeten Nutzfahrzeugs, zugeordnet ist.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass mittels einer Sensorik medizinische Daten, insbesondere Pulsdaten, des Fahrers erfasst und bezüglich eines Gesundheitszustands und/oder wahrgenommener Ruhezeiten ausgewertet werden.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Erfassungs- und Auswerteeinheit eine vom Fahrer zu tragende Armbanduhr mit Computer-Zusatzfunktionen, eine sogenannte Smart-Watch ist, wobei bevorzugt vorgesehen ist, dass die Zeitmessung und/oder die Sensorik für die Erfassung medizinischer Daten in der Smart-Watch integriert sind.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass voll wahrgenommene Ruhezeiten und/oder eine sich aktuell aufbauende Ruhezeit und/oder Gesundheitsdaten des Fahrers in der Erfassungs- und Auswerteeinheit, insbesondere in einer Smart-Watch, auslesbar aufgezeichnet werden und/oder mittels einer Datenfernübertragung an eine ortsfeste Steuerzentrale weitergeleitet werden.
 
8. Fahrzeug, insbesondere Nutzfahrzeug, mit einer Ausrüstung für einen autonomen Fahrbetrieb zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









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