(19)
(11) EP 3 312 533 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.04.2018  Patentblatt  2018/17

(21) Anmeldenummer: 16002236.4

(22) Anmeldetag:  18.10.2016
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
80331 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Alekseev, Alexander
    82515 Wolfratshausen (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Technology & Innovation Corporate Intellectual Property Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR LUFTZERLEGUNG UND LUFTZERLEGUNGSANLAGE


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Luftzerlegung, bei dem ein Teil verdichteter Einsatzluft, die in einer Luftzerlegungsanlage (200) zerlegt werden soll, mittels eines Hauptwärmetauschers (150) abgekühlt und verflüssigt wird, wobei die flüssige Luft im weiteren Verlauf mittels einer Joule-Thomson-Turbine (170) entspannt und im weiteren Verlauf einer Hochdrucksäule (111) der Luftzerlegungsanlage (200) zugeführt wird, wobei die verflüssigte Luft, nachdem sie den Hauptwärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, abgekühlt wird, sowie eine Luftzerlegungsanlage (200).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Luftzerlegungsanlagen und betrifft ein Verfahren zur Luftzerlegung sowie eine Luftzerlegungsanlage gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.

Stand der Technik



[0002] Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben.

[0003] Luftzerlegungsanlagen weisen Destillationssäulensysteme auf, die beispielsweise Zwei- oder Dreisäulenanordnungen zur Bereitstellung von stickstoff- und sauerstoffreichen Luftprodukten umfassen. Typischerweise sind dabei zumindest eine sogenannte (Hoch-)Drucksäule und eine sogenannte Niederdrucksäule vorhanden. Der Betriebsdruck der Hochdrucksäule beträgt beispielsweise 4,3 bis 6,9 bar, vorzugsweise etwa 5,0 bar. Die Niederdrucksäule wird bei einem Betriebsdruck von beispielsweise 1,3 bis 1,7 bar, vorzugsweise etwa 1,5 bar betrieben. Die genannten Druckwerte liegen im Sumpf entsprechender Säulen vor. Es können auch beispielsweise sogenannte Mitteldrucksäulen vorhanden sein, die bei einem Betriebsdruck betrieben werden, der zwischen den genannten Werten liegt. Insbesondere die Niederdrucksäule kann auch zweiteilig ausgebildet sein. Zu Details sei auf die Fachliteratur verwiesen.

[0004] Einer Luftzerlegungsanlage wird Luft, sogenannte Einsatzluft, zugeführt, die beispielsweise aus der Umgebung entnommen werden kann. Im Verlauf der Luftzuführung in der Luftzerlegungsanlage wird die Luft verdichtet und dann verschiedenen Prozessen unterzogen, um sie zu reinigen und zu kühlen, bevor sie beispielsweise der Hochdrucksäule zugeführt wird. Insbesondere kann die verdichtete Einsatzluft dabei in Teilströme aufgeteilt, ggf. nachverdichtet, und auf unterschiedliche Weise behandelt werden. Wenn hier und im Folgenden von Luft die Rede ist, soll hierunter sowohl Umgebungsluft als auch Luft, die bereits verschiedenen Prozessen unterzogen wurde, auch wenn die Zusammensetzung von der üblichen Umgebungsluft abweicht, verstanden werden.

[0005] Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, einen Prozess zur Luftzerlegung, insbesondere die Luftzuführung, energieeffizienter zu gestalten.

Offenbarung der Erfindung



[0006] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Luftzerlegung sowie eine Luftzerlegungsanlage mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.

Vorteile der Erfindung



[0007] Die vorliegende Erfindung geht von einem an sich bekannten Verfahren zur Luftzerlegung, wie dies eingangs näher erläutert wurde, aus. Dabei wird ein Anteil der verdichteten Luft, die insgesamt in einer Luftzerlegungsanlage zerlegt werden soll, also ein Teil der gesamten Einsatzluft, mittels eines Hauptwärmetauschers der Luftzerlegungsanlage abgekühlt und verflüssigt, wobei diese verflüssigte Luft im weiteren Verlauf mittels einer Joule-Thomson-Turbine entspannt und im weiteren Verlauf einer Hochdrucksäule der Luftzerlegungsanlage, insbesondere deren unterem Bereich, zugeführt wird.

[0008] Sog. Joule-Thomson-Turbinen (auch als Joule-Thomson-Expander, Flüssigturbinen oder DFE bzw. "Dense Fluid Expander" bezeichnet) können in Luftzerlegungsanlagen anstelle von Drosselventilen oder zusätzlich zu diesen eingesetzt werden. Dabei wird die Hochdruckflüssigkeit (also hier flüssige Luft, in der Regel mit einem Druck von mehr als 20 bar) auf einen Mitteldruck (beispielsweise ca. 6 bar) entspannt, der dem Druck in der Hochdrucksäule (auch als Hochdruckkolonne bezeichnet) der Luftzerlegungsanlage entspricht oder sich nur geringfügig, beispielsweise um weniger als 1 bar, von diesem unterscheidet. Zu weiteren Details sei auch hier auf die zitierte Fachliteratur verwiesen. Die Aufgabe der Joule-Thomson-Turbine ist bei Häring insbesondere in den Abschnitten "Cold Section (Fig. 2.3A)" auf Seite 24 und "Cryogenic Losses are Mainly Covered by the Turbine" auf Seite 27 beschrieben.

[0009] Der Einsatz von Joule-Thomson-Turbinen anstelle von Joule-Thomson-Ventilen (Drosselventilen) ermöglicht es, den Joule-Thomson-Strom um -je nach Situation-um bis zu 6% zu reduzieren, was zu einer Energieeinsprung beispielsweise am Booster-Luftverdichter (Booster Air Compressor bzw. BAC) für sog. MAC-BAC-Prozesse, am Stickstoff-Kreislauf-Verdichter für Luftzerlegungsanlagen mit Stickstoff-Kreislauf oder am Hauptluftverdichter (Main Air Compressor bzw. MAC) für sogenannte Hochdruckluft- bzw. HAP (High Air Pressure)-Luftzerlegungsverfahren bedeutet.

[0010] Ein MAC-BAC-Verfahren unterscheidet sich von einem HAP-Verfahren dadurch, dass nur ein Teil der Einsatzluft auf einen Druck verdichtet wird, der wesentlich, d.h. um mindestens 3 bar oberhalb des Betriebsdrucks der Hochdrucksäule liegt. Die übrige Einsatzluft wird lediglich auf den Betriebsdruck der Hochdrucksäule oder einen typischerweise um nicht mehr als 1 bis 2 bar von diesem abweichenden Druck verdichtet und auf diesem in die Hochdrucksäule eingespeist. Der auf den höheren Druck verdichtete Anteil der Einsatzluft kann in einem MAC-BAC-Verfahren nach einer Abkühlung zumindest zum Teil durch die Joule-Thomson-Turbine geführt werden.

[0011] Bei einem HAP-Verfahren wird hingegen die gesamte Einsatzluft auf einen Druck verdichtet wird, der wesentlich, d.h. um mindestens 3 bar, oberhalb des Betriebsdrucks der Hochdrucksäule liegt. Der verwendete Druckunterschied beträgt dabei mindestens 3 bar, kann jedoch auch deutlich höher sein, beispielsweise bei 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar und bis zu 14, 16, 18 oder 20 bar liegen. HAP-Verfahren sind beispielsweise aus der EP 2 980 514 A1 und der EP 2 963 367 A1 bekannt. In einem HAP-Verfahren ist typischerweise kein Nachverdichter vorgesehen, der Hauptverdichter stellt die einzige mit externer Energie angetriebene Verdichtereinrichtung dar. Gleichwohl können über Entspannungsturbinen angetriebene Booster vorgesehen sein, die Luftströme auf einen nochmals höheren Druck verdichten. Auch bei einem HAP-Verfahren wird ein Teil dieser Luft durch die Joule-Thomson-Turbine geführt. Auch die restliche Luft wird vor der Einspeisung in das Destillationssäulensystem entspannt.

[0012] Bei der Entspannung des Turbinenstroms endet der Entspannungsvorgang in einem Zweiphasengebiet, das heißt ein Teil der Flüssigkeit, hier der flüssigen Luft, wird dabei verdampft. Der entstehende Dampf wird auch als Flash-Gas bezeichnet. Die Joule-Thomson-Turbine ist wie alle Strömungsmaschinen gegenüber Phasenänderungen des zu entspannenden Fluids empfindlich - Flash-Gas in der Maschine selbst kann nämlich zu großen mechanischen Schäden bis hin zur Zerstörung der Maschine führen.

[0013] Daher kann vorgesehen sein, die Entspannung in der Joule-Thomson-Turbine verfahrenstechnisch zweistufig zu gestalten. Zunächst kann die Hochdruckflüssigkeit nicht auf den Mitteldruck sondern auf einen etwas höheren Zwischendruck (beispielsweise ca. 10 bis 16 bar) entspannt werden. Das Hauptkriterium dabei ist, dass der Dampfanteil am Austritt aus der Joule-Thomson-Turbine möglichst gering bleibt. Die restliche Entspannung von diesem Zwischendruck auf den Mitteldruck kann dann in einem Drosselventil erfolgen.

[0014] Hierzu ist jedoch üblicherweise ein Regelungssystem nötig, das in der Lage sein muss, nicht nur einen regulären Betrieb zu ermöglichen, sondern auch gefährliche Situationen, die insbesondere beim Verstellen der Anlage auftreten können, zu vermeiden. Zweckmäßig ist hierbei, dass der Zwischendruck höher als ein verfahrenstechnisch optimaler Druck gehalten wird, so dass immer ein gewisser Sicherheitsabstand gegeben ist. Das vorhandene Energieeinsparungspotential bei einer solchen Anlage wird dabei in der Regel jedoch nicht ausgeschöpft.

[0015] Für sog. "flexible" Luftzerlegungsanlagen, d.h. Luftzerlegungsanlagen, die oft verstellt werden, kann dieser Nachteil dazu führen, dass sich der Einsatz von Joule-Thomson-Turbinen, insbesondere gegenüber Drosselventilen, nicht mehr lohnt. Möglich ist auch, Laufräder der Joule-Thomson-Turbinen mit spezieller Geometrie auszubilden, sodass die Turbine für einen höheren Anteil an Flash-Gas verwendbar ist, jedoch ist hierzu ein hoher Herstellungsaufwand nötig. Das erwähnte Regelungssystem wäre hierbei jedoch unverändert. Dabei gilt in der Regel, dass das Verfahren umso effizienter ist, je niedriger der Zwischendruck gewählt wird. Je niedriger der Zwischendruck ist, desto höher ist jedoch die Gefahr, dass bei der Entspannung das Zweiphasengebiet auftritt. Ein gutes Regelungssystem ist hierbei also fast unvermeidlich.

[0016] Erfindungsgemäß wird nun jedoch die flüssige Luft, nachdem sie den Hauptwärmetauscher verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine zugeführt wird, weiter abgekühlt. Zweckmäßig ist hierbei eine Abkühlung bis auf eine Temperatur zwischen 98 und105 K.

[0017] Mit dem vorgeschlagenen Verfahren kann erreicht werden, dass der Zustand der Luft am Austritt aus der Joule-Thomson-Turbine in einem "sicheren Bereich" liegt, d.h. dass sich kein oder zumindest hinreichend wenig Flash-Gas bildet bzw. das Zweiphasengebiet nicht erreicht wird, da durch die Abkühlung vor Einritt in die Joule-Thomson-Turbine die Verhältnisse bei der Entspannung entsprechend verändert werden. Eine spezielle Regelung, wie oben erwähnt, ist somit nicht mehr nötig. Weiterhin werden ein Instrumentierungsaufwand sowie ein Inbetriebnahme-Aufwand für die Luftzerlegungsanlage deutlich reduziert. Auch im Betrieb der Luftzerlegungsanlage kann gewährleistet werden, dass die Joule-Thomson-Turbine möglichst optimal betrieben wird. Zusätzlich kann die Rektifikation im unteren Abschnitt der Hochdrucksäule verbessert werden. Ebenso ist ein Drosselventil - je nach Abkühlung der Luft - nicht mehr zwingend nötig. Es versteht sich, dass ein Drosselventil zwischen der Joule-Thomson-Turbine und der Zuführung zur Hochdrucksäule - je nach zusätzlicher Abkühlung der Luft - dennoch vorgesehen sein kann, aber auch dann ist keine Regelung nötig.

[0018] Vorzugsweise wird die verflüssigte Luft, nachdem sie den Wärmetauscher verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine zugeführt wird, durch einen Verdampfer geführt, in dem die Luft durch Verdampfen einer tiefkalten Flüssigkeit weiter abgekühlt wird. Die Verwendung eines Verdampfers ermöglicht dabei eine besonders effiziente Abkühlung der Luft. Der Verdampfer kann dabei besonders vorteilhaft im Sumpf der Hochdrucksäule der Luftzerlegungsanlage angeordnet werden und hier gleichzeitig als Sumpfverdampfer zur Verdampfung der sich im Sumpf der Hochdrucksäule abscheidenden sauerstoffangereicherten Flüssigkeit dienen. Auf diese Weise kann in den Sumpf der Hochdrucksäule Wärme zur Verdampfung eingebracht werden, die der verflüssigten Luft entzogen wird.

[0019] Alternativ ist es bevorzugt, wenn der Verdampfer separat, insbesondere außerhalb der Hochdrucksäule der Luftzerlegungsanlage, angeordnet wird. Dies ermöglicht eine variable Positionierung des Verdampfers und benötigt keine Veränderungen in der Hochdrucksäule.

[0020] Bei der separaten Anordnung des Verdampfers ist es vorteilhaft, wenn ein Teil der Luft, die die Joule-Thomson-Turbine verlässt, dem Verdampfer zu dessen Betrieb zugeführt und anschließend aus dem Verdampfer abgeführt und separat von der übrigen Luft, die die Joule-Thomson-Turbine verlässt, der Hochdrucksäule zugeführt wird. Die für den Betrieb des Verdampfers nötige Kälte kann also direkt aus dem Strom der gekühlten Luft abgezweigt bzw. entnommen werden.

[0021] Alternativ ist es jedoch auch bevorzugt, wenn die Luft, die die Joule-Thomson-Turbine verlässt, im weiteren Verlauf vollständig dem Verdampfer zu dessen Betrieb zugeführt und anschließend aus dem Verdampfer abgeführt und der Hochdrucksäule zugeführt wird. Damit kann die gekühlte Luft vollständig zur Bereitstellung der für den Betrieb des Verdampfers nötigen Kälte verwendet werden. Je nach Situation kann dabei die eine oder die andere Variante energieeffizienter sein. In beiden Fällen wird durch die der Joule-Thomson-Turbine zugeführte verflüssigte Luft ein Teil der der Joule-Thomson-Turbine entnommenen, noch flüssigen Luft verdampft und erstere gleichzeitig abgekühlt.

[0022] Eine weitere bevorzugte Möglichkeit zur Abkühlung der flüssigen Luft ist es, dass die verflüssigte Luft, nachdem sie den Wärmetauscher verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine zugeführt wird, durch einen weiteren Wärmetauscher oder einen Unterkühler geführt wird, damit die Luft abgekühlt wird. Auch auf diese Weise kann die nötige Abkühlung der flüssigen Luft erreicht werden. Besonders zweckmäßig ist es dabei, wenn der weitere Wärmetauscher oder der Unterkühler für wenigstens einen weiteren Kühlvorgang in der Luftzerlegungsanlage verwendet wird, d.h. wenn der weitere Wärmetauscher bzw. Unterkühler ohnehin vorhanden ist, da dann die Einbindung des vorgeschlagene Verfahrens eine bestehende Luftzerlegungsanlage besonders einfach und schnell möglich ist.

[0023] Bei einer erfindungsgemäßen Luftzerlegungsanlage ist ein Teil der verdichteten Luft, die in der Luftzerlegungsanlage zerlegt werden soll, also ein Teil der Einsatzluft, durch einen Hauptwärmetauscher derart führbar, dass dieser Anteil der Einsatzluft abgekühlt und verflüssigt wird, wobei im weiteren Verlauf eine Joule-Thomson-Turbine vorgesehen ist, durch die diese verflüssigte Luft derart führbar ist, dass sie entspannt wird. Zudem ist eine Hochdrucksäule vorgesehen, welcher diese Luft im weiteren Verlauf zuführbar ist. Dabei ist eine Kühleinheit, also insbesondere ein Verdampfer, ein weiterer Wärmetauscher oder ein Unterkühler, vorgesehen, mittels welcher diese flüssige Luft, nachdem sie den Hauptwärmetauscher verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine zugeführt wird, abkühlbar ist.

[0024] Bzgl. vorteilhafter Ausgestaltungen sowie den Vorteilen der erfindungsgemäßen Luftzerlegungsanlage sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf obige Ausführungen zum Verfahren verwiesen, die dort entsprechend gelten.

[0025] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügte Zeichnung näher erläutert, welche verschiedene Anlagenteile zeigt, anhand derer die erfindungsgemäßen Maßnahmen erläutert werden.

[0026] Kurze Beschreibung der Zeichnung
Figur 1
zeigt eine nicht erfindungsgemäße Luftzerlegungsanlage in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms.
Figur 2
zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms.
Figur 3
zeigt ein T-S-Diagramm zur Erläuterung der Erfindung.
Figur 4
zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms.
Figur 5
zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms.

Ausführliche Beschreibung der Zeichnung



[0027] In Figur 1 ist eine Luftzerlegungsanlage an sich bekannter Art dargestellt, mit der neben anderen Luftprodukten beispielsweise gasförmiger (GAN) und flüssiger Stickstoff (LIN) und flüssiger Sauerstoff (LOX), insbesondere unter Verwendung einer Innenverdichtung (ICLIN, ICLOX), bereitgestellt werden können. Luftzerlegungsanlagen der gezeigten Art sind vielfach an anderer Stelle beschrieben, beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification". Für detaillierte Erläuterungen zu Aufbau und Funktionsweise sei daher auf entsprechende Fachliteratur verwiesen. Eine Luftzerlegungsanlage zum Einsatz der vorliegenden Erfindung kann auf unterschiedlichste Weise ausgebildet sein.

[0028] Von der in Figur 1 gezeigten Luftzerlegungsanlage 100 sind im Wesentlichen nur die Hochdrucksäule 111 sowie die Niederdrucksäule 112 als Teil eines Destillationssäulensystems gezeigt. Während Destillationssäulen für Rohargon und Reinargon nur als Block 113 angedeutet sind, sind Komponenten wie Hauptluftverdichter und Vorkühleinrichtung nicht gezeigt. Ein Hauptwärmetauscher 150 ist nur teilweise gezeigt, nämlich insoweit als Luft eines Stroms a (JT-AIR) durch den Hauptwärmetauscher 150 zu Kühlung und Verflüssigung geführt wird. Auch die anderen dargestellten Ströme bzw. Medien (UN2, GAN, FEED, ICLIN, ICLOX) können durch den Hauptwärmetauscher 150 geführt werden, wie beispielsweise in Figur 1 der WO 2016/015850 A1 gezeigt.

[0029] Zu den stromauf des Hauptwärmetauschers 150 vorgesehenen Apparaten sei ebenfalls explizit auf Figur 1 der WO 2016/015850 A1 und die zugehörigen Erläuterungen verwiesen. Wie dort gezeigt und erläutert, kann Einsatzluft dabei über einen Hauptluftverdichter angesaugt, in einer Vorkühleinheit gekühlt und in einer Reinigungseinheit gereinigt werden. Ein Teilstrom kann zunächst zur Nachverdichtung einem Nachverdichter zugeführt werden. Von diesem wird wiederum ein Teil in Form des Stroms a (JT-AIR) in dem Nachverdichter auf einen Nachverdichterenddruck nachverdichtet, warmseitig dem Hauptwärmetauscher 150 zugeführt und diesem kaltseitig entnommen.

[0030] Nachdem die Luft des Stroms a den Hauptwärmetauscher 150 durchlaufen hat, wird sie einer Joule-Thomson-Turbine 170 zugeführt, in welcher die Luft entspannt wird, wie eingangs erwähnt. Hierzu ist ein Regelsystem 171 vorgesehen, das nur schematisch angedeutet ist. Nach der Joule-Thomson-Turbine 170 kann ein Drosselventil vorgesehen sein, das die Luft durchläuft, bevor sie der Hochdrucksäule 111 zugeführt wird.

[0031] Weiterhin ist ein Unterkühler 160 zur Unterkühlung von flüssigen oder gasförmigen Luftprodukten vorgesehen, die aus der Hochdrucksäule 111 unter anderem in die Niederdrucksäule 112 geführt werden.

[0032] In der hier gezeigten Luftzerlegungsanlage 100 wird also, wie eingangs beschrieben, die durch den Hauptwärmetauscher 150 verflüssigte Luft in die Joule-Thomson-Turbine 170 geführt, beispielsweise mit einem Druck von ca. 20 bar oder höher. In der Joule-Thomson-Turbine 150 wird die Luft dann beispielsweise auf einen Druck von ca. 10 bis 16 bar entspannt, um die Bildung von Flash-Gas zu vermeiden. Hierzu ist insbesondere das Regelsystem 171 nötig.

[0033] In Figur 2 ist nun eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms dargestellt. Die Luftzerlegungsanlage 200 entspricht in ihrem grundlegenden Aufbau der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1. Im Unterschied dazu ist hier nun jedoch ein Verdampfer 180 vorgesehen, durch den die Luft des Stroms a, nachdem sie durch den Hauptwärmetauscher 150 verflüssigt worden ist, geführt wird.

[0034] Der Verdampfer 180 ist im Sumpf der Hochdrucksäule 111 angeordnet, um die für den Betrieb und damit die Abkühlung der durchgeführten Luft, zu erhalten. Beim Durchlaufen des Verdampfers 180 wird Wärme des Stroms a auf das flüssige Sumpfprodukt der Hochdrucksäule 111 übertragen, die dadurch teilweise verdampft wird. Die auf diese Weise im Verdampfer 180 abgekühlte Luft des Stroms a wird dann der Joule-Thomson-Turbine 150 zugeführt, in der die Luft entspannt wird. Anschießend wird die Luft dann - wie auch gemäß Figur 1 - der Hochdrucksäule 111 zugeführt.

[0035] In Figur 3 ist ein T-S-Diagramm zur näheren Erläuterung der Erfindung dargestellt. Hierbei ist die Temperatur T über der Entropie S aufgetragen. Bei einer herkömmlichen Luftzerlegungsanlage mit Joule-Thomson-Turbine, wie in Figur 1 gezeigt, verläuft die Entspannung der Luft ausgehend von Punkt P1, der einem Zustand entspricht, in dem die Luft den Hauptwärmetauscher verlässt und in die Joule-Thomson-Turbine eintritt (etwaige Leitungseffekte vernachlässigt), über den Punkt P2 hin zum Punkt P3.

[0036] Bei der Luftzerlegungsanlage gemäß Figur 2 bzw. dem entsprechenden Verfahrensablauf wird die die Luft, ausgehend vom Punkt P1 zunächst mittels des Verdampfers ohne nennenswerte Druckänderung weiter abgekühlt, d.h. es wird der Punkt P4 im Diagramm erreicht, welcher dem Zustand entspricht, zu dem die Luft dann in die Joule-Thomson-Turbine eintritt. Dort wird die Luft dann hin zum Punkt P5 entspannt. Der Druck bei Punkt P5 entspricht demjenigen beim Punkt P3, was an der Isobare zu sehen ist, allerdings wird weniger bis gar kein Flash-Gas erzeugt. Dies bedeutet, dass keine aufwändige Regelung mehr erforderlich ist.

[0037] In Figur 4 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms dargestellt. Die Luftzerlegungsanlage 300 entspricht in ihrem grundlegenden Aufbau der Luftzerlegungsanlage 200 gemäß Figur 2.

[0038] Im Unterschied dazu ist hier nun jedoch der Verdampfer 180 separat und zwar außerhalb der Hochdrucksäule 111 vorgesehen. Auch hier wird die Luft durch den Verdampfer 180 geführt, nachdem sie durch den Hauptwärmetauscher 150 verflüssigt worden ist, geführt wird (Strom a).

[0039] Nachdem die Luft den Verdampfer 180 verlassen hat, wird sie - wie auch gemäß Figur 2 - durch die Joule-Thomson-Turbine 170 geführt, in der die Luft entspannt wird. Nach Verlassen der Joule-Thomson-Turbine 170 wird die Luft nun jedoch zunächst erneut durch den Verdampfer 180 geführt, dieses Mal nicht zur Abkühlung sondern zum Betrieb bzw. Kühlung des Verdampfers180 selbst. Anschließend wird die flüssige Luft aus dem Sumpf des Verdampfers 180 der Hochdrucksäule zugeführt.

[0040] Eventuell entstehende gasförmige Luft aus dem oberen Bereich des Verdampfers 180 kann ebenso der Hochdrucksäule 111 an einer entsprechenden Stelle zugeführt werden.

[0041] In Figur 5 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Prozessflussdiagramms dargestellt. Die Luftzerlegungsanlage 400 entspricht in ihrem grundlegenden Aufbau der Luftzerlegungsanlage 300 gemäß Figur 4.

[0042] Im Unterschied dazu wird hier nun jedoch die in der Joule-Thomson-Turbine 170 entspannte und flüssige Luft nicht vollständig in den Verdampfer 180 geleitet, sondern nur teilweise. Der übrige Teil wird - ähnlich zu Figur 2 - direkt in die Hochdrucksäule 111 geführt. Auch auf diese Weise sind eine Kühlung und damit ein Betrieb des Verdampfers 180 möglich.

[0043] Mit jeder der in den Figuren 2, 4 und 5 gezeigten Ausführungsformen der Luftzerlegungsanlage bzw. dem entsprechenden Verfahren zur Luftzerlegung ist nun kein aufwändiges Regelsystem für die Joule-Thomson-Turbine mehr nötig.


Ansprüche

1. Verfahren zur Luftzerlegung, bei dem ein Teil verdichteter Einsatzluft, die in einer Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) zerlegt wird, zunächst mittels eines Hauptwärmetauschers (150) abgekühlt und verflüssigt wird, wobei die verflüssigte Luft im weiteren Verlauf mittels einer Joule-Thomson-Turbine (170) entspannt und im weiteren Verlauf einer Hochdrucksäule (111) der Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) zugeführt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass die verflüssigte Luft, nachdem sie den Hauptwärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, weiter abgekühlt wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die verflüssigte Luft, nachdem sie den Wärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, auf eine Temperatur zwischen 98 und105 K abgekühlt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die verflüssigte Luft, nachdem sie den Wärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie er Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, durch einen Verdampfer (180) geführt wird, in welchem die Luft durch Übertragung von Wärme auf eine tiefkalte Flüssigkeit abgekühlt wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, wobei der Verdampfer (180) in einem Sumpf der Hochdrucksäule (150) der Luftzerlegungsanlage (200) angeordnet wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3, wobei der Verdampfer (180) separat, insbesondere außerhalb der Hochdrucksäule (111) der Luftzerlegungsanlage (300, 400), angeordnet wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei ein Teil der Luft, die die Joule-Thomson-Turbine (170) verlässt, dem Verdampfer (180) zu dessen Betrieb zugeführt und anschließend aus dem Verdampfer (180) abgeführt und separat von der übrigen Luft, die die Joule-Thomson-Turbine (170) verlässt, der Hochdrucksäule (111) zugeführt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 5, wobei die Luft, die die Joule-Thomson-Turbine (170) verlässt, im weiteren Verlauf vollständig dem Verdampfer (180) zu dessen Betrieb zugeführt und anschließend aus dem Verdampfer (180) abgeführt und der Hochdrucksäule (111) zugeführt wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die verflüssigte Luft, nachdem sie den Wärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, durch einen weiteren Wärmetauscher oder einen Unterkühler (160) geführt wird, damit die Luft abgekühlt wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei der weitere Wärmetauscher oder der Unterkühler (160) für wenigstens einen weiteren Kühlvorgang in der Luftzerlegungsanlage verwendet wird.
 
10. Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400), bei der ein Teil verdichteter Einsatzluft, die in der Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) zerlegt wird, zunächst durch einen Hauptwärmetauscher (150) derart führbar ist, dass die Luft abgekühlt und verflüssigt wird, wobei im weiteren Verlauf eine Joule-Thomson-Turbine (170) vorgesehen ist, durch die die verflüssigte Luft derart führbar ist, dass sie entspannt wird, und wobei eine Hochdrucksäule (111) vorgesehen ist, welcher die Luft im weiteren Verlauf zuführbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass eine Kühleinheit vorgesehen ist, mittels welcher die verflüssigte Luft, nachdem sie den Hauptwärmetauscher (150) verlassen hat und bevor sie der Joule-Thomson-Turbine (170) zugeführt wird, abkühlbar ist.


 
11. Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) nach Anspruch 10, wobei die Kühleinheit als Verdampfer (180) ausgebildet ist, der insbesondere in einem Sumpf der Hochdrucksäule (111) der Luftzerlegungsanlage (200) angeordnet ist.
 
12. Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) nach Anspruch 10, wobei die Kühleinheit als Verdampfer (180) ausgebildet ist, der separat, insbesondere außerhalb der Hochdrucksäule (111) der Luftzerlegungsanlage (300, 400), angeordnet ist
 
13. Luftzerlegungsanlage (400) nach Anspruch 12, die derart ausgebildet ist, dass ein Teil der Luft, die die Joule-Thomson-Turbine (170) verlässt, dem Verdampfer (180) zu dessen Betrieb zuführbar und anschließend aus dem Verdampfer (180) abführbar und separat von der übrigen Luft, die die Joule-Thomson-Turbine (150) verlässt, der Hochdrucksäule (111) zuführbar ist.
 
14. Luftzerlegungsanlage (300) nach Anspruch 12, die derart ausgebildet ist, dass die Luft, die die Joule-Thomson-Turbine verlässt, im weiteren Verlauf vollständig dem Verdampfer zu dessen Betrieb zuführbar und anschließend aus dem Verdampfer abführbar und der Hochdrucksäule zuführbar ist.
 
15. Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400) nach Anspruch 10, wobei die Kühleinheit als weiterer Wärmetauscher oder als Unterkühler (160) der Luftzerlegungsanlage (200, 300, 400), der insbesondere für wenigstens einen weiteren Kühlvorgang in der Luftzerlegungsanlage vorgesehen ist, ausgebildet ist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht


















Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur