[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft wässrige Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzungen
sowie daraus hergestellte Beschichtungen. Die vorliegende Erfindung betrifft auch
ein Verfahren zur Herstellung dieser Beschichtungen sowie die Verwendung der Beschichtungszusammensetzung
zur Herstellung von Beschichtungen. Nicht zuletzt betrifft die vorliegende Erfindung
die Verwendung der wässrigen Beschichtungszusammensetzungen zur Verbesserung der Erosionsbeständigkeit.
Stand der Technik
[0002] In verschiedenen Einsatzbereichen besteht ein Bedarf an Beschichtungen, die hohen
mechanischen Ansprüchen genügen. Beispielhaft zu nennen sind hier Oberflächen von
Objekten, die hinsichtlich der Umgebungsbedingungen hohen Geschwindigkeiten bei gleichzeitiger
Belastung durch erodierende Stoffe, beispielsweise Feststoffe oder Flüssigkeiten,
ausgesetzt sind. Eine erodierende Belastung erfahren also grundsätzlich Objekte, die
einerseits selbst bewegt werden, und andererseits dem Einfluss erodierende Stoffe
ausgesetzt sind. Insbesondere zu nennen sind Rotorblätter von Windenergieanlagen oder
Hubschraubern und Schiffsschrauben, Luft- und Landfahrzeuge (wie beispielsweise Flugzeuge,
Schienenfahrzeuge, Automobile) und Schiffe.
[0003] Grundsätzlich können Erosionen hervorgerufen werden durch flüssige oder feste Stoffe,
die selbst oder dispers beziehungsweise gelöst in einem anderen gasförmigen oder flüssigen
Medium (beispielsweise Luft oder Wasser) vorliegen und durch dieses Medium bewegt
werden (beispielsweise Flugsand, Regen und/oder Hagel). Beim Auftreffen auf Objekte
beziehungsweise deren Oberflächen wird auf diese eine erodierende Kraft ausgeübt.
Beispiele dafür sind die Erosion durch Regen oder Flugsand an Rotorblättern oder im
Bereich der Vorflügel von Flugzeugen. Besonders stark sind die erodierenden Einflüsse
im Bereich von Kanten der entsprechenden Objekte.
[0004] Generell besteht die Möglichkeit, den Verschleißschutz, das heißt insbesondere die
Erosionsbeständigkeit, von Objekten durch Beschichtungen der Oberflächen der Objekte
zu steuern. Eine Möglichkeit, die Erosionsbeständigkeit zu erhöhen, ist die Erhöhung
der Schichtdicken von Beschichtungen. Dies ist aus Gewichtsgründen jedoch in vielen
Anwendungen, beispielsweise im Flugzeugbau oder Rotorblattbau von Windenergieanlagen,
nicht erstrebenswert.
[0005] Es wird demnach versucht, Beschichtungszusammensetzungen dahingehend technologisch
zu optimieren, dass auch bei nicht zu hohen Schichtdicken eine angemessene Erosionsbeständigkeit
erreicht wird. Um eine gute Erosionsbeständigkeit zu erhalten, ist bekanntermaßen
ein genau abgestimmtes Verhältnis von Flexibilität beziehungsweise Elastizität der
Beschichtung einerseits und andererseits der Härte der Beschichtung wichtig. Bekanntermaßen
ist ein ausgeprägtes zähelastisches Verhalten von Beschichtungen für eine hohe Erosionsbeständigkeit
sehr wichtig. Ein zentraler Aspekt der Forschung auf diesem technischen Gebiet liegt
in der Auffindung spezieller Komponenten und Komponentenkombinationen in Beschichtungszusammensetzungen,
die dazu führen, dass die resultierenden Beschichtungen die gewünschte Erosionsbeständigkeit
aufweisen.
[0006] Im Hinblick auf die immer weiter wachsenden Anforderungen an das ökologische Profil
von Beschichtungszusammensetzungen ist es zudem wünschenswert, dass diese Zusammensetzungen
einen möglichst geringen Anteil an organischen Lösemitteln enthalten.
[0007] Aus der internationalen Patentanmeldung
WO 2010/122157 sind erosionsbeständige Polyurethanbeschichtungen bekannt, die unter Einsatz von
Beschichtungszusammensetzungen hergestellt werden, die aliphatische Polyesterpolyole
wie Polycarbonatdiole und eine Isocyanatkomponente, beispielsweise ein Polylacton-modifiziertes
Isocyanat-Präpolymer oder Uretdionverbindungen, enthalten. Die Zusammensetzungen können
organische Lösemittel enthalten, wobei der Gehalt dieser Lösemittel jedoch gezielt
vergleichsweise niedrig eingestellt werden soll.
[0008] In der
WO 2012/032113 A1 werden Zwei-Komponenten-Erosionsschutzbeschichtungszusammensetzungen auf Basis einer
Polyolkomponente und einer mit Isocyanatgruppen terminierten Polylacton-Komponente
offenbart, die zur Herstellung von Beschichtungen auf Rotorblättern eingesetzt werden
können. Auch diese Zusammensetzungen enthalten bevorzugt nur sehr niedrige Mengen
von organischen Lösemitteln.
[0009] Ein Nachteil solcher sehr lösemittelarmen Systeme ist deren vergleichsweise limitierte
Kompatibilität mit Pigmenten, Füllstoffen und/oder Additiven. Zwar können die Systeme
mit annehmbar niedriger Viskosität formuliert werden, das heißt einer Viskosität,
die eine Applikation auf ein Substrat zulässt, jedoch muss bei der Formulierung genau
beachtet werden, dass keine ungewünschten Viskositätserhöhungen und/oder Entmischungsprozesse,
insbesondere bei Lagerung, auftreten. Beispielsweise kann der Zusatz von an sich typischen
Mattierungsmitteln wie Mattierungsmitteln auf Kieselsäure- oder Silikat-Basis oder
auch wachsartigen Typen von Mattierungsmitteln zu unerwünschten Effekten führen, da
die Systeme in dieser Hinsicht sehr sensibel sind. Gerade solche Mattierungsmittel
sind allerdings im Rahmen der Beschichtung von Windenergieanlagen, insbesondere im
Offshore-Bereich, sehr wichtig. Denn ohne solche Mattierungsmittel erfüllen die Beschichtungen
in der Regel nicht die gesetzlichen Vorgaben an den Mattierungsgrad. Dieser ist deshalb
sehr wichtig, als stark glänzende und reflektierende Oberflächen immense Störfaktoren
insbesondere für den Luftfahrtbetrieb darstellen.
[0010] Aktuelle Herausforderungen beispielsweise im Rotorblattbau von Windenergieanlagen,
insbesondere bezüglich windreicher Standorte (Offshore), sowie im Flugzeugbau (Gewichtsverringerung
bei gleicher oder besserer Performance) liegen also in der Bereitstellung von Beschichtungszusammensetzungen,
die die oben genannten Vorteile vereinen und die beschriebenen Nachteile ausräumen.
Die Zusammensetzungen sollen zum einen zu Beschichtungen führen, die eine hohe Erosionsbeständigkeit
aufweisen. Zum anderen aber ist es ebenso wichtig, dass die Beschichtungszusammensetzungen
ein gutes ökologisches Profil aufweisen, um den in dieser Hinsicht immer weiter wachsenden
Anforderungen gerecht zu werden. Ein hierbei einschlägiger Richtwert ist beispielsweise
der VOC ("volatile organic content" - Anteil flüchtiger organischer Komponenten).
Ein VOC von kleiner als 250 g/l Beschichtungszusammensetzung gilt heute als anzustrebender
Wert. Gleichzeitig aber sollten die Beschichtungszusammensetzungen eine hervorragende
Formulierungsfreiheit aufweisen. Das heißt, die Zusammensetzungen sollte nicht zu
sensibel auf die Additivierung reagieren, wie dies in der Regel bei lösemittelarmen
oder sogar lösemittelfreien Zusammensetzungen der Fall ist.
Aufgabe
[0011] Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, die zuvor beschriebenen
Nachteile des Standes der Technik zu beseitigen. Es sollten Beschichtungszusammensetzungen
zur Verfügung gestellt werden, die zur Herstellung von Erosionsschutzbeschichtungen
eingesetzt werden können, die eine hervorragende Erosionsbeständigkeit aufweisen.
Gleichzeitig sollten die Beschichtungszusammensetzungen ein gutes ökologisches Profil
aufweisen und trotzdem eine annehmbare Formulierungsfreiheit aufweisen.
Lösung
[0012] Demgemäß wurde eine wässrige Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung gefunden,
umfassend
- (1) eine wässrige Stammlackkomponente umfassend
- (A) mindestens eine wässrige Dispersion mindestens eines polymeren Harzes und
- (B) mindestens ein Polycarbonatdiol
sowie
- (2) eine Härterkomponente umfassend
(C) mindestens einen Polyisocyanat-modifizierten Polyester mit einem Isocyanatgehalt
von 4 bis 15 %.
[0013] Die neue wässrige Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung ist Gegenstand der
vorliegenden Erfindung und wird in der Folge auch als erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung
bezeichnet. Bevorzugte Ausführungsformen gehen aus der folgenden Beschreibung und
den Unteransprüchen hervor.
[0014] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist auch ein Verfahren zur Herstellung von
Beschichtungen unter Einsatz der erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung sowie
eine Beschichtung, die aus der Beschichtungszusammensetzung hergestellt wurde. Gegenstand
der Erfindung ist auch die Verwendung der Beschichtungszusammensetzung zur Verbesserung
der Erosionsbeständigkeit.
[0015] Es gelang die Bereitstellung einer wässrigen Beschichtungszusammensetzung, das heißt
einer Zusammensetzung mit wässrigem Charakter, die als Lösemittel vornehmlich Wasser
enthält. Obwohl eine solche Beschichtungszusammensetzung damit einen völlig anderen
Charakter hat, als die oben beschriebenen lösemittelfreien Zusammensetzungen, werden
Beschichtungen erhalten, die eine ausgezeichnete Erosionsbeständigkeit aufweisen.
Die Kombination eines Polycarbonatdiols (B) und der speziellen Polyisocyanatgruppen
enthaltende Komponente (C) in einer wässrigen Zusammensetzung vereint eine gute Erosionsbeständigkeit
mit einem guten ökologischen Profil. Die Beschichtungszusammensetzung beziehungsweise
die Beschichtungen eignen sich somit ideal für Substrate, die starken erodierende
Einflüssen ausgesetzt sind, beispielsweise Rotorblättern von Windkraftanlagen oder
Substraten im Flugzeugbau.
Beschreibung der Erfindung
[0016] Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung ist eine Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung.
Dies bedeutet bekanntermaßen, dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung die wie unten
beschriebene Komponente (1) (Stammlackkomponente) und die wie unten beschriebene Komponente
(2) (Härterkomponente) getrennt voneinander hergestellt und gelagert werden und erst
kurz vor der Applikation zusammengegeben werden. Die Verarbeitungszeit beziehungsweise
Topfzeit (das heißt die Zeit, in der die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung
bei Raumtemperatur (15 bis 25°C, insbesondere 20°C) verarbeitet werden kann, ohne
dass beispielsweise durch entsprechende Vernetzungsreaktionen bei Raumtemperatur eine
so starke Viskositätserhöhung auftritt, dass keine Applikation mehr möglich ist),
ist bekanntermaßen abhängig von den eingesetzten Bestandteilen, beispielsweise den
weiter unten beschriebenen Polycarbonatdiolen (B) und dem Polyisocyanat-modifizierten
linearen Polyester (C). Insbesondere beträgt die Verarbeitungszeit der Beschichtungszusammensetzung
aber mindestens 2 min bis zu 60 min, bevorzugt mindestens 5 min bis zu 60 min. Der
Vorteil eines solchen Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung liegt vor allem
darin, dass auch bei großen Bauteilen wie Rotorblättern von Windenergieanlagen oder
Flugzeugen eine einfache Verarbeitung möglich ist, insbesondere keine hohen Temperaturen
zur Härtung notwendig sind. Bevorzugt wird das erfindungsgemäße Beschichtungsmittel
nach dem Aufbringen auf ein Substrat bei weniger als 80°C, insbesondere bevorzugt
weniger als 60°C gehärtet.
[0017] Unter Härtung ist das dem Fachmann bekannte Vorgehen zu verstehen, das heißt die
Überführung einer als Schicht auf ein Substrat aufgebrachten Beschichtungszusammensetzung
in den gebrauchsfertigen Zustand, das heißt also in einen Zustand, in der das mit
der jeweiligen Beschichtung ausgestattete Substrat transportiert, gelagert und bestimmungsgemäß
verwendet werden kann. Diese Härtung erfolgt insbesondere durch chemische Reaktion
von reaktiven funktionellen Gruppen der enthaltenen Komponenten, die als Bindemittelbestandteile
in dem Beschichtungsmittel enthalten sind. Insbesondere zu nennen ist damit im Rahmen
der vorliegenden Erfindung die Reaktion der Hydroxylgruppen des Polycarbonats und
gegebenenfalls weiterer als Bindemittel in der Stammlackkomponente enthaltener hydroxyfunktioneller
polymerer Harze, insbesondere Harze in der mindestens einen wässrigen Dispersion (A),
mit den Isocyanatgruppen des Polyisocyanat-modifizierten Polyesters (C). Durch diese
Vernetzungsreaktionen und die parallel erfolgende Evaporation von gegebenenfalls vorhandenen
organischen Lösemitteln und/oder Wasser wird ein Beschichtungsfilm gebildet, das heißt
es wird eine gehärtete Beschichtungsschicht (gehärtete Beschichtung) hergestellt.
Die Aktivierung der Reaktionen ist durch thermische Energie möglich, wobei im vorliegenden
Fall aber der beschriebene Vorteil der nicht notwendigen hohen Temperaturen besteht.
[0018] Unter dem Begriff Bindemittel beziehungsweise Bindemittelbestandteil wird hierin
entsprechend der einschlägigen DIN EN ISO 4618 der nichtflüchtige Anteil eines Beschichtungsstoffs
ohne Pigmente und Füllstoffe verstanden. Spezielle Bindemittelbestandteile sind in
diesem Sinne somit neben den Harzen in der Dispersion (A) und der Komponente (B) auch
die Komponente (C) (die auch als Härter oder Vernetzungsmittel bezeichnet werden kann)
oder auch weitere lacktypische polymere Harze und/oder Additive, das heißt alle weiteren
nichtflüchtigen Bestandteile, außer den Pigmenten und Füllstoffen. Schon der Übersichtlichkeit
halber wird der Begriff Bindemittel aber hauptsächlich in Bezug auf die vornehmlich
für die Filmbildung verantwortlichen Komponenten der Stammlackkomponente (1) verwendet,
das heißt beispielsweise die Komponenten (A) und (B). Die Komponente (C) wird entsprechend
vornehmlich als Härter oder auch Vernetzungsmittel bezeichnet.
[0019] Die Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung enthält, und zwar in der Stammlackkomponente
(1), mindestens eine wässrige Dispersion (A) mindestens eines polymeren Harzes. Dies
bedeutet also, dass die wässrige Dispersion als solche als Komponente für die Herstellung
der Beschichtungszusammensetzung eingesetzt wird. Bevorzugte wässrige Dispersionen
enthalten genau ein polymeres Harz.
[0020] Wässrige Dispersionen von polymeren Harzen, auch genannt wässrige Polymerdispersionen,
sind bekannt. Es handelt sich also um disperse Systeme, in denen Wasser als kontinuierliche
Phase (Dispersionsmittel) und das polymere Harz als in der kontinuierlichen dispergierte
Phase (disperse Phase) vorhanden ist. Bekanntermaßen müssen die polymeren Harze bestimmte,
für den Fachmann auf ihm geläufige Weise ermittelbare physikochemische Eigenschaften
aufweisen, um eine solche wässrige Dispersion bilden zu können, das heißt um in der
hydrophilen kontinuierlichen Phase stabilisiert werden zu können und nicht als unlösliche
Agglomerate auszufällen.
[0021] Zur hydrophilen Stabilisierung beziehungsweise zur Generierung der Dispergierbarkeit
in wässrigem Medium kann ein polymeres Harz beispielsweise bestimmte ionische Gruppen
und/oder Gruppen, die in ionische Gruppen überführt werden können (potentiell ionische
Gruppen), enthalten. Solche Harze werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung als
ionisch hydrophil stabilisierte Harze bezeichnet. Ebenfalls enthalten sein können
nicht ionische hydrophil modifizierende Gruppen. Bevorzugt sind aber im Rahmen der
vorliegenden Erfindung die ionisch hydrophil stabilisierten Harze.
[0022] Genauer handelt es sich bei den modifizierenden Gruppen beispielsweise entweder um
- funktionelle Gruppen, die durch Neutralisationsmittel und/oder Quaternisierungsmittel
in Kationen überführt werden können, und/oder kationische Gruppen (kationische Modifizierung)
oder
- funktionelle Gruppen, die durch Neutralisationsmittel in Anionen überführt werden
können, und/oder anionische Gruppen (anionische Modifizierung)
oder
- nicht ionische hydrophile Gruppen (nicht-ionische Modifizierung)
oder
- Kombinationen der zuvor genannten Gruppen.
[0023] Wie der Fachmann weiß, handelt es sich bei den funktionellen Gruppen zur kationischen
Modifizierung um beispielsweise primäre, sekundäre und/oder tertiäre Aminogruppen,
sekundäre Sulfidgruppen und/oder tertiäre Phosphingruppen, insbesondere tertiäre Aminogruppen
und sekundäre Sulfidgruppen (funktionelle Gruppen, die durch Neutralisationsmittel
und/oder Quaternisierungsmittel in kationische Gruppen überführt werden können). Weiterhin
zu nennen sind die aus den vorgenannten funktionellen Gruppen unter Einsatz von dem
Fachmann bekannten Neutralisationsmitteln und/oder Quaternisierungsmitteln hergestellte
kationische Gruppen wie primäre, sekundäre, tertiäre und/oder quaternäre Ammoniumgruppen,
tertiäre Sulfoniumgruppen und/oder quaternäre Phosphoniumgruppen, insbesondere quaternäre
Ammoniumgruppen und tertiäre Sulfoniumgruppen.
[0024] Bei den funktionellen Gruppen zur anionischen Modifizierung handelt es sich bekanntermaßen
um beispielsweise Carbonsäure-, Sulfonsäure- und/oder Phosphonsäuregruppen, insbesondere
Carbonsäuregruppen (funktionelle Gruppen, die durch Neutralisationsmittel in anionische
Gruppen überführt werden können) sowie aus den vorgenannten funktionellen Gruppen
unter Einsatz von dem Fachmann bekannten Neutralisationsmittel hergestellte anionische
Gruppen wie Carboxylat-, Sulfonat- und/oder Phosphonatgruppen.
[0025] Als typische Neutralisationsmittel zum Erhalt kationischer Gruppen sind Säuren wie
Ameisen-, Essig- und Milchsäure zu nennen. Als typische Neutralisationsmittel zum
Erhalt anionischer Gruppen sind beispielsweise flüchtige Basen wie Ammoniak oder Amine
wie gegebenenfalls Hydroxylgruppen aufweisende Amine mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen,
beispielsweise Triethanolamin und Dimethylethanolamin, zu nennen.
[0026] Bei den funktionellen Gruppen zur nicht-ionischen hydrophilen Modifizierung handelt
es sich vorzugsweise um Poly(oxyalkylen)-Gruppen, insbesondere Poly(oxyethylen)-Gruppen.
[0027] Die ionisch hydrophilen Modifizierungen können durch Monomere, welche die ionischen
oder potentiell ionischen Gruppen enthalten, in das Harz eingeführt werden. Die nicht-ionischen
Modifizierungen werden beispielsweise durch den Einbau von Poly(ethylen)oxid-Polymeren
als laterale oder endständige Gruppen der Harzmoleküle eingeführt.
[0028] Selbstverständlich unterstützen auch weitere polare funktionelle Gruppen, beispielsweise
Hydroxylgruppen, in dem Harz dessen Wasserdispergierbarkeit. Solche funktionellen
Gruppen werden in der Regel ebenfalls über entsprechende Monomere, die diese Gruppen
enthalten, in die Harze eingeführt.
[0030] Wässrige Dispersionen von polymeren Harzen können als Primärdispersionen vorliegen,
das heißt die Harze werden direkt in der wässrigen Phase hergestellt. Einschlägige
Verfahren sind die Emulsionspolymerisation oder auch die Suspensionspolymerisation.
Ebenfalls möglich sind Sekundärdispersionen. Das heißt das polymere Harz wird in mindestens
einem organischen Lösemittel hergestellt und dann durch kontinuierliche Wasserzugabe
und gleichzeitiges oder anschließendes Entfernen der organischen Lösemittel (Temperaturerhöhung
und/oder Druckreduktion) in die wässrige Phase überführt.
[0031] Die obigen Ausführungen gelten nur als ergänzende grundsätzliche Erläuterung. Wie
genau eine wässrige Dispersion im Einzelfall herzustellen ist und welche polymeren
Harze hierfür in Frage kommen, weiß der Fachmann beziehungsweise kann er durch wenige
zielgerichtete Versuche herausfinden.
[0032] Als polymere Harze in der mindestens einen wässrigen Dispersion können an sich alle
in dieser Hinsicht bekannten Harze zum Einsatz kommen, solange mit ihnen auf oben
beschriebene und an sich bekannte Weise eine wässrige Dispersion hergestellt werden
kann. Das heißt es können entsprechende (Co)Polymerisate von ethylenisch ungesättigten
Monomeren, oder Polyadditionsharze und/oder Polykondensationsharze eingesetzt werden.
Beispielhaft seien Polyacrylat-, Polyester-, Alkyd-, Polyurethan-, Polylacton-, Polycarbonat-,
Polyether-, Epoxidharze sowie Mischpolymerisate der genannten Harze, beispielsweise
Polyester-Polyurethanharze oder Polyester-Polyacrylatharze genannt.
[0033] Bevorzugt ist, dass die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung mindestens
eine wässrige Dispersion umfasst, die ein hydroxyfunktionelles polymeres Harz umfasst.
Ganz besonders bevorzugt ist es, dass sie mindestens eine wässrige Dispersion umfasst,
welche ein hydroxy- und carboxyfunktionelles Harz umfasst. Bekanntermaßen lassen sich
gerade mit solchen Harzen sehr gut wässrige Dispersionen herstellen, denn sie weisen
durch die genannten Gruppen ein ausgewogenes Polaritätsprofil auf, das die Überführung
in eine wässrige Dispersion, gegebenenfalls mit Unterstützung der genannten Hilfsmittel
wie Neutralisationsmitteln und/oder Emulgatoren, ermöglicht.
[0034] Die genannten hydroxyfunktionellen Harze besitzen bevorzugt eine OH-Zahl von 60 bis
250 mg KOH/g, nochmals bevorzugt 80 bis 200 mg KOH/g und insbesondere 90 bis 180 mg
KOH/g. Die OH-Zahl wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung gemäß DIN 53240 gemessen.
Wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung auf eine offizielle Norm verwiesen, ist
hiermit selbstverständlich die zum Anmeldetag geltende Fassung der Norm oder, falls
zu diesem Zeitpunkt keine geltende Fassung besteht, die letzte geltende Fassung gemeint.
[0035] Bevorzugt wird mindestens eine wässrige Dispersion (A) eingesetzt, die mindestens
ein carboxyfunktionelles polymeres Harz umfasst. Insbesondere bevorzugt haben die
genannten Harze eine Säurezahl von 5 bis 50 mg KOH/g, bevorzugt 5 bis 25 mg KOH/g.
Die Säurezahl wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung gemäß DIN EN ISO 3682 gemessen.
[0036] Bevorzugt umfasst die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung mindestens eine
wässrige Dispersion (A), die als polymeres Harz ein Polyacrylatharz enthält. Unter
Polyacrylatharzen oder auch Poly(meth)acrylatharzen werden bekanntermaßen polymere
organische Verbindungen verstanden, die unterschiedliche Acrylat- und/oder Methacrylatmonomere
enthalten, das heißt solche Monomere in ihrer reagierten Form enthalten. Die Bezeichnung
(Meth)acrylat steht im Rahmen der vorliegenden Erfindung für Acrylate und/oder Methacrylate
beziehungsweise solche Verbindungen, die Acrylate und/oder Methacrylate beinhalten
beziehungsweise aus diesem aufgebaut sind. Als Beispiele für solche Acrylat- und Methacrylatmonomere
sind unterschiedliche Alkyl(meth)acrylate und Cycloalkyl(meth)acrylate zu nennen,
wie beispielsweise die dem Fachmann bekannten Verbindungen Ethylacrylat, Ethylmethacrylat,
Propylacrylat, Propylmethacrylat, Isopropylacrylat, Isopropylmethacrylat, Butylacrylat,
Butylmethacrylat, Isobutylacrylat, Isobutylmethacrylat, tert-Butylacrylat, tert-Butylmethacrylat,
Amylacrylat, Amylmethacrylat, Hexylacrylat, Hexylmethacrylat, Ethylhexylacrylat, Ethylhexylmethacrylat,
3,3,5-Trimethylhexylacrylat, 3,3,5-Trimethylhexylmethacrylat, Stearylacrylat, Stearylmethacrylat,
Laurylacrylat oder Laurylmethacrylat, Cycloalkylacrylate wie Cyclopentylacrylat, Cyclopentylmethacrylat,
Isobornylacrylat, Isobornylmethacrylat, Cyclohexylacrylat und Cyclohexylmethacrylat.
[0037] Wie oben genannt, sind die polymeren Harze, insbesondere also die Polyacrylatharze,
bevorzugt hydroxyfunktionell. Dementsprechend sind in das Polymergerüst bevorzugt
bestimmte Anteile solcher Acrylat- und Methacrylatmonomere eingebaut, die OH-Gruppen
aufweisen und damit die OH-Funktionalität der Polyacrylatharze ausmachen. Als hydroxylgruppenhaltige
Monomerbausteine zur Herstellung der Polyacrylatharze werden Hydroxyalkyl(meth)acrylate,
wie beispielsweise 2-Hydroxyethylacrylat, 2-Hydroxyethylmethacrylat, 2-Hydroxypropylacrylat,
2-Hydroxypropylmethacrylat, 3-Hydroxypropylacrylat, 3-Hydroxypropylmethacrylat, 3-Hydroxybutylacrylat,
3-Hydroxybutylmethacrylat sowie insbesondere 4-Hydroxybutylacrylat und/oder 4-Hydroxybutylmethacrylat,
eingesetzt.
[0038] Als weitere Monomerbausteine für die Polyacrylatharze können vinylaromatische Kohlenwasserstoffe,
wie Vinyltoluol, alpha-Methylstyrol oder insbesondere Styrol, Amide oder Nitrile der
Acryl- oder Methacrylsäure, Vinylester oder Vinylether, sowie insbesondere Acryl-
und/oder Methacrylsäure eingesetzt werden. Letztere Monomere können dabei insbesondere
der Einführung von Carbonsäuregruppen und damit der Erhöhung der Säurezahl dienen,
das heißt letztlich auch der wie oben beschriebenen Wasserdispergierbarkeit dienen.
Die Herstellung solcher Polyacrylatharze kann auf an sich bekannte Weise erfolgen,
beispielsweise mit Hilfe der auf dem Kunststoffgebiet üblichen und bekannten Methoden
der kontinuierlichen oder diskontinuierlichen radikalisch initiierten Copolymerisation
in Masse, Lösung, Emulsion, Miniemulsion oder Mikroemulsion unter Normaldruck oder
Überdruck in Rührkesseln, Autoklaven, Rohrreaktoren, Schlaufenreaktoren oder Taylorreaktoren
bei Temperaturen von beispielsweise 50 bis 200 °C.
[0039] Die mindestens eine Dispersion (A) des mindestens einen polymeren Harzes ist wässrig.
Der Ausdruck "wässrig" ist dem Fachmann in diesem Zusammenhang bekannt. Gemeint ist
grundsätzlich ein System, das als Lösemittel nicht ausschließlich organische Lösemittel
enthält, sondern das im Gegenteil als Lösemittel einen signifikanten Anteil Wasser
enthält.
[0040] Bevorzugt ist "wässrig" im Rahmen der vorliegenden Erfindung so zu verstehen, dass
das jeweilige System mindestens 10 Gew.-% Wasser, bevorzugt mindestens 15 Gew.-%,
besonders bevorzugt mindestens 20 Gew.-% Wasser, bezogen auf das Gesamtgewicht des
Systems, enthält. Besonders bevorzugt ist wässrig so zu verstehen, dass neben der
genannten Anforderung "mindestens 10 Gew.-% (beziehungsweise mindestens 15 oder 20
Gew.-%) Wasser, bezogen auf das Gesamtgewicht des Systems", die folgende Voraussetzung
erfüllt ist. Danach beträgt zudem der Anteil von Wasser, bezogen auf die Gesamtmenge
der in dem System enthaltenen Lösemittel (das heißt Wasser und organische Lösemittel),
mindestens 55 Gew.-%, bevorzugt mindestens 60 Gew.-%, insbesondere bevorzugt mindestens
65 Gew.-%. Bevorzugt ist des Weiteren, dass der Anteil von organischen Lösemittel
in dem System kleiner als 20 Gew.-%, bevorzugt kleiner 15 Gew.-%, jeweils bezogen
auf die Gesamtmenge des Systems, ist. Als System im oben genannten Sinne gelten beispielsweise
die wässrige Dispersion (A), die Stammlackkomponente (1) oder auch die erfindungsgemäße
Beschichtungszusammensetzung.
[0041] Ganz besonders bevorzugt gilt für die mindestens eine wässrige Dispersion (A), dass
sie, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, mindestens 35 Gew.-% Wasser enthält, dass der
Anteil Wasser, bezogen auf die Gesamtmenge der in der Dispersion enthaltenen Lösemittel
(das heißt Wasser und organische Lösemittel), mindestens 70 Gew.-% beträgt und der
Anteil organischer Lösemittel, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, kleiner 15 Gew.-% beträgt.
Die Dispersion (A) enthält also ganz besonders bevorzugt einen besonders hohen Anteil
Wasser.
[0042] Der Festkörper der mindestens einen Dispersion (A) liegt bevorzugt zwischen 15 und
80 %, insbesondere 20 bis 70 %, ganz besonders bevorzugt zwischen 30 bis 50 %. Die
mindestens eine Dispersion (A) wird in dieser Form in der erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung
eingesetzt.
[0043] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden zur Bestimmung von nicht-flüchtigen Anteilen
(nfA, Festkörper) jeweils konstante Bedingungen gewählt, sofern nichts anderes angegeben
wurde. Zur Bestimmung des nicht-flüchtigen Anteils wird nach DIN EN ISO 3251 eine
Menge von 1 g des jeweiligen Bestandteils, beispielsweise einer Dispersion eines polymeren
Harzes in entsprechenden Lösemitteln, für 1 h bei 125°C erhitzt, auf 20°C abgekühlt
und dann der Restgehalt gewogen.
[0044] Der Anteil der mindestens einen Dispersion (A), bezogen auf das Gesamtgewicht der
erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung kann breit variieren und ist beispielsweise
davon abhängig, wie hoch der Festkörper der Dispersion ist. Eine Einflussgröße stellt
auch dar, ob die Stammlackkomponente neben den polymeren Harzen, die durch die eine
oder die mehreren wässrigen Dispersionen (A) von polymeren Harzen in die Zusammensetzung
gelangen, sowie neben dem mindestens einen Polycarbonatdiol, noch weitere polymere
Harze enthält, die als Bindemittelbestandteile in der Zusammensetzung enthalten sind
und somit zur Filmbildung bei der Härtung beitragen.
[0045] Bevorzugt ist, dass die Beschichtungszusammensetzung, bezogen auf ihr Gesamtgewicht,
zwischen 10 und 30 Gew.-%, bevorzugt 12 bis 25 Gew.-%, insbesondere 15 bis 20 Gew.-%
an polymeren Harzen, bevorzugt Polyacrylatharze, enthält, die aus wässrigen Dispersionen
(A) stammen. Je nach Wahl des Festkörpers der wässrigen Dispersionen ist somit auch
der Anteil dieser Dispersionen (A) variabel. Bevorzugt beträgt der Anteil von wässrigen
Dispersionen (A) zwischen 25 und 65 Gew.-%, bevorzugt 30 und 60 Gew.-%. Dabei kann
genau eine wässrige Dispersion (A) eingesetzt werden. Oder aber es werden beispielsweise
zwei unterschiedliche wässrige Dispersionen eingesetzt, welche zwei unterschiedliche
polymere Harze enthalten. Die Gesamtmenge der Dispersionen (A) und der darin enthaltenen
polymeren Harze liegen bevorzugt dann wiederum innerhalb der oben genannten Bereiche.
[0046] Die Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung enthält, und zwar in der Stammlackkomponente
(1), mindestens ein Polycarbonatdiol (B).
[0047] Polycarbonatdiole sind formal betrachtet Veresterungsprodukte, die durch Umsetzung
von Kohlensäure mit Polyolen entstehen können. In der Praxis werden die Carbonatstrukturen
bekanntermaßen mit Hilfe von Phosgen oder Kohlensäurediestern unter gängigen Reaktionsbedingungen
eingeführt. Die Umsetzung mit Diolen, beispielsweise mit 3-Methyl-1,5-pentandiol,
1,6-Hexandiol und/oder 1,5-Pentandiol führt dann zu den Polycarbonatdiolen. Selbstverständlich
können solche Polycarbonatdiole neben den die Ausgangskomponenten verbindenden Carbonatfunktionen
anteilig auch weitere funktionelle Gruppen wie Ester- oder Ethergruppen enthalten,
je nach Art und Menge der eingesetzten Ausgangsverbindungen. Vorzugsweise handelt
es sich bei dem Polycarbonatdiol um ein lineares Polycarbonatdiol. Bevorzugt sind
die Hydroxylgruppen endständig, das heißt sie sind an beiden Kettenenden des bevorzugt
linearen Polycarbonatdiols angeordnet (hydroxyl-terminiertes Polycarbonatdiol). Ganz
besonders bevorzugt handelt es sich um ein aliphatisches, insbesondere aliphatisch-gesättigtes
Polycarbonatdiol. Das Polycarbonatdiol enthält also bevorzugt keine aromatischen Gruppen,
da diese eine deutlich eingeschränkte UV-Beständigkeit aufweisen.
[0048] Bevorzugt besitzen die Polycarbonatdiole (B), insbesondere die linearen, aliphatischen
Polycarbonatdiole, eine OH-Zahl von 30 bis 500 mg KOH/g, bevorzugt 100 bis 400 mg
KOH/g, insbesondere 150 bis 300 mg KOH/g.
[0049] Da es sich bei den Polycarbonaten (B) um diolische Komponenten handelt, sind die
OH-Zahl und das zahlenmittlere Molekulargewicht der Komponenten voneinander abhängig
beziehungsweise die angegebene OH-Zahl lässt Rückschlüsse auf das zahlenmittlere Molekulargewicht
zu. Ein hohes zahlenmittleres Molekulargewicht würde mit einer eher niedrigen OH-Zahl
einhergehen. Das zahlenmittlere Molekulargewicht kann breit variieren und liegt im
Bereich von beispielsweise 220 g/mol bis 2250 g/mol (im Rahmen der vorliegenden Erfindung
werden die mittleren (Zahlen- und Gewichtsmittel) Molekulargewichte mittels GPC-Analyse
mit THF (+0,1% Essigsäure) als Eluent (1 ml/min) auf einer Styrol-Divinylbenzol-Säulenkombination,
Kalibrierung mit Polystyrol-Standards, gemessen). Bevorzugt liegt das zahlenmittlere
Molekulargewicht zwischen 375 und 750 g/mol.
[0050] Geeignete Polycarbonatdiole (B) werden beispielsweise unter der Produktlinie Desmophen®
C von der Firma Bayer MaterialScience AG (Leverkusen, Deutschland) oder Eternacoll®
PH (UBE) angeboten.
[0051] Der Anteil der Polycarbonate (B) liegt vorzugsweise im Bereich von 2 bis 20 Gew.-%,
bevorzugt 3 bis 15 Gew.-%, besonders bevorzugt 4 bis 10 Gew.-%, jeweils bezogen auf
das Gesamtgewicht der erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung.
[0052] Die Zweikomponenten-Beschichtungszusammensetzung enthält, und zwar in der Härterkomponente
(2), mindestens einen Polyisocyanat-modifizierten Polyester (C) mit einem Isocyanatgehalt
von 4 bis 15 %.
[0053] Polyester sind bekannt. Es handelt sich um polymere Harze, die durch Umsetzung mehrwertiger
organischer Polyole und mehrwertiger organischer Carbonsäuren hergestellt werden.
Die Polyole und Polycarbonsäuren werden dabei durch Veresterung, das heißt also durch
Kondensationsreaktionen, miteinander verknüpft. Je nach Art, Funktionalität und eingesetzten
Anteilen und Verhältnissen der Ausgangskomponenten werden dabei beispielsweise lineare
oder verzweigte Produkte erhalten. Während lineare Produkte vornehmlich beim Einsatz
von difunktionellen Ausgangskomponenten (Diole, Dicarbonsäuren) entstehen, wird beispielsweise
durch den Einsatz von höherfunktionellen Alkoholen (OH-Funktionalität, das heißt Anzahl
OH-Gruppen pro Molekül, größer 2) eine Verzweigung erreicht. Natürlich ist bei der
Herstellung auch der anteilige Einsatz von monofunktionellen Komponenten, beispielsweise
Monocarbonsäuren, möglich. Zur Herstellung von Polyestern können bekanntermaßen auch
statt oder neben den entsprechenden organischen Carbonsäuren, die Anhydride der Carbonsäuren,
insbesondere die Anhydride der Dicarbonsäuren, eingesetzt werden. Ebenfalls möglich
ist die Herstellung durch den Einsatz von Hydroxycarbonsäuren oder den von den Hydroxycarbonsäuren
durch intramolekulare Veresterung abgeleiteten Lactonen.
[0054] Bevorzugt handelt es sich bei dem zu modifizierenden Polyester um ein Polylactonpolymer,
das heißt also ein in der Regel durch ringöffnende Polymerisation von Lactonen wie
insbesondere epsilon-Caprolacton hergestelltes Polymer. Dabei werden in der Regel
als Starter beziehungsweise Katalysator organische Alkohole, meist Diole, eingesetzt.
Das resultierende Polylactonpolymer besitzt dann im Falle des Einsatzes von Diolen
zwei endständige Hydroxylgruppen. Jedenfalls aber besitzt das Polymer eine Hydroxylgruppe,
die durch die letzte Ringöffnung entsteht. Solche Polyester sind also linear-aliphatische
und gesättigte Polyester mit mindestens einer Hydroxylgruppe. Geeignete Lactone zur
Herstellung des Polylactonpolymers sind Oxiran-2-on, beta-Propiolacton, gamma-Butyrolacton,
gamma-Valerolacton, epsilon-Caprolacton oder Methyl-epsilon-caprolacton, vorzugsweise
gamma-Butyrolacton und epsilon-Caprolacton, besonders bevorzugt epsilon-Caprolacton.
Geeignete Starteralkohole sind Neopentylglykol, Ethylenglykol oder Trimethylolpropan.
[0055] Bevorzugt ist der zu modifizierende Polyester demnach ein linear-aliphatischer hydroxylgruppenhaltiger
Polyester, darunter bevorzugt ein gesättigter Polyester. Der zu modifizierende Polyester
ist ganz besonders bevorzugt ein Polycaprolactonpolymer.
[0056] Der Polyester, insbesondere der linear-aliphatische und gesättigte Polyester mit
mindestens einer Hydroxylgruppe, besonders bevorzugt das Polycaprolactonpolymer, ist
Polyisocyanat-modifiziert und hat einen Isocyanatgehalt von 4 bis 15 %.
[0057] Dies bedeutet, dass der wie oben beschriebene Polyester mit einem Polyisocyanat modifiziert
ist, das heißt unter Ausbildung kovalenter Bindungen umgesetzt wird, wobei nach der
Reaktion jedoch jedenfalls freie Isocyanatgruppen übrig bleiben. Insbesondere bevorzugt
wird ein Diisocyanat zur Modifizierung eingesetzt. Augenscheinlich muss der Polyester
also mit Isocyanatgruppen reaktive funktionelle Gruppen enthalten, beispielsweise
Hydroxylgruppen- oder Aminogruppen. Aus oben Gesagten folgt, dass es sich dabei bevorzugt
um Hydroxylgruppen handelt. Nach der Umsetzung ist dann das Polyisocyanat über eine
Urethangruppe mit dem Polyester verknüpft. Die entsprechenden Reaktionen und Reaktionsbedingungen
sind grundsätzlich bekannt. Als zur Modifizierung einzusetzende Polyisocyanate können
die an sich bekannten Verbindungen wie aliphatische und aromatische Polyisocyanate,
insbesondere Diisocyanate und deren Dimere und Trimere wie Uretdione und Isocyanurate
eingesetzt werden. Beispielhaft sei auf Hexamethylendiisocyanat, Octamethylendiisocyanat,
Decamethylendiisocyanat, Dodecamethylendiisocyanat, Tetradecamethylendiisocyanat,
Trimethylhexan-diisocyanat, Tetramethylhexandiisocyanat, Isophorondiisocyanat (IPDI),
2-Isocyanato-propylcyclohexyl-isocyanat, Dicyclohexylmethan-2,4'-diisocyanat, Dicyclohexylmethan-4,4'-diisocyanat,
1,4- oder 1,3-Bis(isocyanatomethyl)cyclohexan, 1,4- oder 1,3- oder 1,2-Diisocyanatocyclohexan
und 2,4- oder 2,6-Diisocyanato-1-methylcyclohexan, Diisocyanate oder Mischungen aus
diesen Polyisocyanaten sowie auf die an sich bekannten Dimere und/oder Trimere der
genannten Polyisocyanate, das heißt also beispielsweise Uretdione und Isocyanurate
der oben genannten Polyisocyanate, verwiesen. Bevorzugt werden aliphatische Polyisocyanate,
insbesondere aliphatische Diisocyanate, eingesetzt. Insbesondere bevorzugt werden
keine aromatischen Polyisocyanate eingesetzt. Ein besonders bevorzugtes Polyisocyanat
ist Hexamethylendiisocyanat (HDI).
[0058] Der Polyisocyanat-modifizierte Polyester besitzt einen Isocyanatgehalt von 4 bis
15 %, bevorzugt 5 bis 12 %, insbesondere bevorzugt 6 bis 10 %. Der Isocyanatgehalt
wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung gemäß DIN EN ISO 11909 durch Umsetzung der
jeweiligen Probe mit überschüssigem Dibutylamin und Rücktitration des Überschusses
mit Salzsäure gegen Bromphenolblau bestimmt.
[0059] Das gewichtsmittlere Molekulargewicht der Komponente (C) liegt beispielsweise im
Bereich von 500 bis 10000 g/mol wie insbesondere 1000 bis 4000 g/mol. Entsprechende
Produkte sind im Handel, beispielsweise in lösemittelfreier Form oder als Lösung in
an sich bekannten und weiter unten beschriebenen Lösemitteln, erhältlich und können
ohne weiteres in der Härterkomponente der erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung
eingesetzt werden. Beispielhaft sei auf Produkte der Handelsbezeichnung Desmodur (Fa.
Bayer) oder Adiprene LFH (Fa. Chemtura) verwiesen.
[0060] Der Anteil des mindestens einen Polyisocyanat-modifizierten Polyesters (C) liegt
vorzugsweise im Bereich von 5 bis 25 Gew.-%, bevorzugt 6 bis 20 Gew.-%, besonders
bevorzugt 7 bis 15 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung.
[0061] Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung ist wässrig und enthält demnach
jedenfalls Wasser (zur Definition von wässrig siehe oben). Demzufolge enthält die
Beschichtungszusammensetzung bevorzugt mindestens 10 Gew.-% Wasser, bevorzugt mindestens
15 Gew.-% Wasser, ganz besonders bevorzugt mindestens 20 Gew.-% Wasser, jeweils bezogen
auf das Gesamtgewicht. Darunter bevorzugt sind die Bereiche 10 bis 40 Gew.-%, bevorzugt
15 bis 35 Gew.-%, insbesondere 20 bis 30 Gew.-%.
[0062] Als weitere Bestandteile kann die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung unterschiedliche
dem Fachmann auf dem Gebiet bekannte Lackkomponenten enthalten.
[0063] Die Beschichtungszusammensetzung kann, auch wenn sie wässrig ist, organische Lösemittel
enthalten. Organische Lösemittel sind dem Fachmann bekannt. Beispielhaft seien aliphatische
und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe wie Toluol, Xylol, Solventnaphtha, Solvesso
100, oder Hydrosol® (Fa. ARAL), Ketone, wie Aceton, Methylethylketon oder Methylamylketon,
Ester, wie Ethylacetat, Butylacetat, Butylglycolacetat, Pentylacetat, Methoxypropylacetat
oder Ethylethoxypropionat, Ether, Alkohole, Chlorkohlenwasserstoffe oder Mischungen
aus den vorgenannten Lösemitteln genannt. Der Anteil der organischen Lösemittel ist
aber selbstverständlich wegen des wässrigen Charakters der erfindungsgemäßen Zusammensetzung
begrenzt (zur Definition siehe oben). Demzufolge enthält die Beschichtungszusammensetzung
bevorzugt weniger als 20 Gew.-% organische Lösemittel, bevorzugt weniger als 15 Gew.-%
organische Lösemittel, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht. Darunter bevorzugt sind
die Bereiche 5 bis kleiner 20 Gew.-%, insbesondere 5 bis kleiner 15 Gew.-%.
[0064] Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung kann neben dem mindestens einen
Polyisocyanat-modifizierten Polyester (C) mit einem Isocyanatgehalt von 4 bis 15 %
noch mindestens eine weitere, davon verschiedene Polyisocyanatgruppen enthaltende
Komponente enthalten. Bevorzugt ist allerdings, dass die Komponente (C) in einem Anteil
von mindestens 30 Gew.-%, insbesondere bevorzugt 40 bis 70 Gew-%, bezogen auf die
Gesamtmenge der in der Beschichtungszusammensetzung enthaltende Polyisocyanatgruppen
enthaltenen Komponenten, eingesetzt wird.
[0065] Als weitere Polyisocyanatgruppen enthaltende Komponenten können die an sich bekannten
Polyisocyanate wie aliphatische und aromatische Polyisocyanate, insbesondere Diisocyanate
und deren Dimere und Trimere wie Uretdione und Isocyanurate eingesetzt werden. Beispielhaft
sei auf Hexamethylendiisocyanat, Octamethylendiisocyanat, Decamethylendiisocyanat,
Dodecamethylendiisocyanat, Tetradecamethylendiisocyanat, Trimethylhexan-diisocyanat,
Tetramethylhexandiisocyanat, Isophorondiisocyanat (IPDI), 2-Isocyanato-propylcyclohexyl-isocyanat,
Dicyclohexylmethan-2,4'-diisocyanat, Dicyclohexylmethan-4,4'-diisocyanat, 1,4- oder
1,3-Bis(isocyanatomethyl)cyclohexan, 1,4- oder 1,3- oder 1,2-Diisocyanatocyclohexan
und 2,4- oder 2,6-Diisocyanato-1-methylcyclohexan, Diisocyanate oder Mischungen aus
diesen Polyisocyanaten verwiesen. Bevorzugt werden dabei die an sich bekannten Dimere
und/oder Trimeren der genannten Polyisocyanate eingesetzt, das heißt also insbesondere
die an sich bekannten und auch im Handel erhältlichen Uretdione und Isocyanurate der
oben genannten Polyisocyanate. Bevorzugt werden aliphatische Polyisocyanate eingesetzt.
Insbesondere bevorzugt werden aliphatische Polyisocyanate eingesetzt. Bevorzugte weitere
Polyisocyanate sind Hexamethylendiisocyanat und Isophorondiisocyanat sowie Mischungen
hiervon, insbesondere deren unterschiedliche Trimere und Dimere wie Isocyanurate und
Uretdione. Die Isocyanatgruppen in diesen Komponenten können frei oder durch bekannte
Blockierungsmittel blockiert sein. Bevorzugt sind die Isocyanatgruppen unblockiert
(also frei). Dies gilt im Übrigen auch für die oben beschriebene erfindungswesentliche
Komponente (C). Die Beschichtungszusammensetzung enthält also bevorzugt ausschließlich
Polyisocyanatgruppen enthaltende Komponenten, welche unblockiert sind, wobei diese
bevorzugt ausschließlich in der Härterkomponente eingesetzt werden. Die genannten
Polyisocyanate sind im Handel erhältlich. Sofern vorhanden, werden die weiteren Polyisocyanate
selbstverständlich bevorzugt in der Härterkomponente eingesetzt. Als Polyisocyanat
wird eine Verbindung dann bezeichnet, wenn sie im Mittel mehr als eine Isocyanatgruppe
pro Molekül enthält.
[0066] Schließlich können die erfindungsgemäßen Beschichtungsmittelzusammensetzungen auch
noch weitere von den bereits beschriebenen Komponenten verschiedene Bestandteile enthalten.
Diese Bestandteile umfassen hierbei beispielsweise typische Lackadditive wie Katalysatoren,
Antioxidantien, Entlüftungsmittel, Netzmittel, Dispergiermittel, Verlaufmittel und
Entschäumer, beispielsweise solche auf Polysiloxanbasis, Haftvermittler, beispielsweise
solche auf Silanbasis, Rheologiehilfsmittel wie Verdickungsmittel, Antiablaufmittel
und Thixotropiermittel, Wachse und wachsartige Verbindungen, Biozide, Mattierungsmittel,
Radikalfänger, Lichtschutzmittel, vorzugsweise UV-Absorber mit einem Absorptionsmaximum
unter 370 nm und/oder sterisch gehinderte Amine (HALS), Korrosionsinhibitoren, Flammschutzmittel
oder Polymerisationsinhibitoren, aber auch lösliche Farbstoffe, Pigmente sowie weitere
Füllstoffe oder Katalysatoren. Der Anteil solcher Bestandteile liegt in den hierfür
gängigen Bereichen von beispielsweise 0,1 bis 30 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge
der Beschichtungszusammensetzung. Bevorzugt ist beispielsweise, dass die Zusammensetzung
zwischen 5 und 30 Gew.-% eines Pigments, insbesondere eine Farbpigments wie beispielsweise
Titandioxid enthält.
[0067] Der Festkörpergehalt der Beschichtungszusammensetzungen kann je nach den Erfordernissen
des Einzelfalls variieren. Vorzugsweise liegt der Festkörpergehalt der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung aber bei mindestens 40 %, besonders bevorzugt bei 45
bis 80 % und ganz besonders bevorzugt bei 50 bis 75 %. Die Bestimmungsmethode für
den Festkörpergehalt ist weiter oben angegeben. Diese Prüfmethode wird, sofern nicht
anders angegeben ist, ebenfalls angewandt, um beispielsweise den Anteil verschiedener
Komponenten beziehungsweise Bestandteile der Beschichtungszusammensetzung, beispielsweise
eines polymeren Harzes einer wässrigen Dispersion (A), am Gesamtgewicht der Zusammensetzung
festzulegen beziehungsweise vorzubestimmen. Es kann also der Festkörper einer Dispersion
einer Komponente, welche der Zusammensetzung zugegeben werden soll, bestimmt werden.
[0068] Durch Berücksichtigung des Festkörpers der Dispersion und der in der Zusammensetzung
eingesetzten Menge der Dispersion kann dann der Anteil der Komponente an der Gesamtkomposition
ermittelt beziehungsweise festgelegt werden. Diese Bestimmungsmethode kann natürlich
auch erfolgen, wenn beispielsweise ein Bestandteil kommerziell erworben wird und vom
Vertreiber als lösemittel- oder wasserfrei bezeichnet wird. In diesem Fall wird der
Festkörper des einzusetzenden Handelsprodukts beispielsweise annähernd 100 % betragen.
[0069] Der Vorteil der vorliegenden Erfindung beruht nicht unerheblich auf dem folgenden
Prinzip. Durch den Einsatz mindestens einer wässrigen Dispersion (A) eines polymeren
Harzes gelingt überraschenderweise die Überführung des wegen entsprechender Unverträglichkeiten
an sich nicht für wässrige Systeme geschaffenen hydrophoben Polycarbonatdiols in ein
wässriges System. Ohne an eine bestimmte Theorie gebunden sein zu wollen, wird davon
ausgegangen, dass die wässrige Dispersion (A) beziehungsweise das darin enthaltene
polymere Harz als Emulgator oder Träger des Polycarbonatdiols fungiert, wodurch die
Herstellung einer stabilen wässrigen Stammlackkomponente gelingt. Durch den Einsatz
eines Polycarbonatdiols in einer wässrigen Phase, welches dann mit mindestens einem
Polyisocyanat-modifizierten Polyester (C) kombiniert wird, resultiert eine Beschichtungszusammensetzung,
welche ein sehr gutes ökologisches Profil mit einer hervorragenden Erosionsbeständigkeit
vereint.
[0070] Bevorzugt ist dabei, dass die Herstellung der Stammlackkomponente die folgenden Schritte
umfasst. Es wird zunächst eine wässrige Dispersion (A) vorgelegt beziehungsweise bereitgestellt.
Die wässrige Dispersion kann an sich bekannte Dispergiermittel, das heißt beispielsweise
typische grenzflächenaktive Additive (Emulgatoren) enthalten und/oder der Dispersion
können (weitere) Dispergiermittel hinzugefügt werden. Auch geringe Mengen organischer
Lösemittel können zugegeben werden, um die dann folgende Emulgierung zu unterstützen.
Möglich ist auch, dass der Dispersion weitere typische Additive wie beispielsweise
Entschäumer zugegeben werden.
[0071] Anschließend erfolgt eine Emulgierung des Polycarbonatdiols in der wässrigen Dispersion
(A). Wie eine solche Emulgierung im Einzelfall zu erfolgen hat, ist bekannt beziehungsweise
kann gegebenenfalls durch einfache zielgerichtete Versuche ermittelt werden (vergleiche
auch Beispiele). In der Regel erfolgt eine Emulgierung durch Einbringung von Energie
in ein Mischsystem, wodurch die Tropfen der beiden Phasen (hier die wässrige Dispersion
und das Polycarbonatdiol) verkleinert werden und damit sukzessive die Grenzfläche
zwischen den beiden Phasen vergrößert wird. Die Überwindung der Grenzflächenspannung
beziehungsweise die Schaffung einer vergrößerten Grenzfläche erfordert Energie. Diese
Energie wird regelmäßig mechanisch insbesondere über Scherkräfte, eingebracht. Das
Einbringen der Scherkräfte erfolgt dabei regelmäßig über das Rühren des Systems, beispielsweise
in typischen Rühraggregaten wie einen Dissolver. Bei der Emulgierung wird das Polycarbonatdiol
bevorzugt kontinuierlich in die gerührte wässrige Dispersion eingebracht. Typischerweise
gelingt eine gute Emulgierung dann, wenn Rührgeschwindigkeit und Zulaufrate des Polycarbonatdiols
so angepasst werden, dass selbst eine temporäre makroskopische Phasentrennung nicht
erfolgt, sondern innerhalb des Systems über die gesamte Zulaufzeit eine ausschließlich
mikroskopische Phasentrennung (Emulsion) vorliegt. Die Begriffe makro- und mikroskopisch
stehen hier augenscheinlich für eine mit dem Auge sichtbare oder eben nicht sichtbare
Phasentrennung. Auch wenn bei einer im Anschluss an die Emulgierung erfolgenden Lagerung
eine gewisse Phasenseparation stattfinden kann, lässt sich das System problemlos wieder
zur Emulsion aufrühren. Es wird davon ausgegangen, dass neben den gegebenenfalls zugegebenen
typischen Dispergiermitteln (Lackadditiven) das in der wässrigen Dispersion (A) vorliegende
polymere Harz eine emulgierende Wirkung aufweist, wodurch die Überführung des Polycarbonatdiols
(B) in die wässrige Phase gelingt. Unter Überführung des Polycarbonatdiols in die
wässrige Phase ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verstehen, dass eine Zusammensetzung
erhalten wird, in der das Polycarbonatdiol emulgiert ist. Da typische Polycarbonatdiole
bei Normalbedingungen, das heißt Normaldruck und Raumtemperatur (das heißt 10 bis
40°C) in der Regel flüssig sind, wird der Übersichtlichkeit halber der Begriff Emulgierung
(Mischung zweier an sich nicht mischbaren Flüssigkeiten) gewählt. Ob allerdings grundsätzlich
der Begriff Emulgierung oder Dispergierung (als Oberbegriff des Mischens zweier an
sich nicht mischbaren Phasen) gewählt wird, ist selbstverständlich unerheblich.
[0072] Danach werden weitere Komponenten der Stammlackkomponente der Beschichtungszusammensetzung
hinzugegeben, beispielsweise bereits oben genannte Pigmente und Additive oder auch
weitere polymere Harze als Bindemittel, beispielsweise in Form von weiteren wässrigen
Dispersionen (A). Dies erfolgt typischerweise ebenfalls unter Durchmischung mittels
typischer Rühraggregate wie Dissolvern.
[0073] Bevorzugt ist, dass die vorgelegte wässrige Dispersion (A), in welche das mindestens
eine Polycarbonatdiol (B) emulgiert wird, eine Sekundärdispersion ist. Auf diese Weise
gelingt die Emulgierung des Polycarbonatdiols in die wässrige Stammlackkomponente
besonders gut.
[0074] Solche Sekundärdispersionen sind bekannt; wie weiter oben beschrieben wird bei deren
Herstellung das polymere Harz zunächst in organischen Lösemitteln hergestellt, bevor
die Dispergierung in Wasser und das Entfernen der organischen Lösemittel erfolgt.
Selbstverständlich können in der wässrigen Sekundärdispersion noch anteilig organische
Lösemittel verbleiben. Die bei der Herstellung des polymeren Harzes eingesetzten Lösemittel
können insbesondere ausgewählt sein aus mit Wasser zumindest anteilig mischbaren Lösemitteln
wie Butylglykol, Butyldiglykol, Methoxypropanole, Isopropoxypropanole, 1-Butoxy-2-propanol
und n-Propanol. Die so hergestellten Lösungen von polymeren Harzen in organischen
Lösemitteln haben beispielsweise einen Festkörper von 60 bis 90 %. Die Überführung
in die wässrige Phase erfolgt dann in der Regel durch die gleichzeitige oder aufeinanderfolgende
Versetzung der Lösung mit schon weiter oben genannten Neutralisationsmitteln und Wasser.
Da die polymeren Harze wie oben beschrieben bevorzugt potentiell anionische Gruppen
wie Carbonsäuregruppen besitzen, sind bevorzugte Neutralisationsmittel Ammoniak und
Amine wie Triethanolamin, Dimethylethanolamin, Trimethylamin und
[0075] Triethylamin. Zudem wird in der Regel ein signifikanter Anteil der organischen Lösemittel
entfernt, beispielsweise azeotrop abdestilliert. Natürlich kann während der Herstellung
auch die Zugabe von wie oben beschriebenen Dispergiermitteln erfolgen. Auf diese Weise
erhält man stabile wässrige Dispersionen mit wie oben genannten Festkörpern. Bekanntermaßen
haben die polymeren Harze in so hergestellten Dispersionen insbesondere im Vergleich
zu Harzen in Primärdispersionen meist geringere Molekulargewichte. Beispielsweise
haben polymere Harze in den Sekundärdispersionen zahlenmittlere Molekulargewichte
im Bereich von 5000 bis 50000 g/mol. Die Bestimmung der zahlenmittleren Molekulargewichte
erfolgt im Rahmen der vorliegenden Erfindung mittels GPC-Analyse mit THF (+0,1% Essigsäure)
als Eluent (1 ml/min) auf einer Styrol-Divinylbenzol-Säulenkombination. Die Kalibrierung
wird mit Polystyrol-Standards durchgeführt.
[0076] Eine ganz besonders bevorzugte wässrige Dispersion (A) zur Emulgierung des mindestens
einen Polycarbonatdiols ist eine wässrige Sekundärdispersion mit einem Festkörper
von 30 bis 50 % enthaltend ein Polyacrylatharz mit einer OH-Zahl von 90 bis 250 mg
KOH/g, bevorzugt 140 bis 200 mg KOH/g und einer Säurezahl von 5 bis 25 mg KOH/g.
[0077] Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung enthält vorzugsweise, bezogen auf
ihr Gesamtgewicht, zwischen 3 und 15 Gew.-%, bevorzugt 4 bis 10 Gew.-%, an polymeren
Harzen, bevorzugt Polyacrylatharzen, die aus wässrigen Sekundärdispersionen (A) stammen.
Der Anteil von wässrigen Sekundärdispersionen (A), bezogen auf das Gesamtgewicht der
Beschichtungszusammensetzung, beträgt bevorzugt zwischen 5 und 30 Gew.-%, bevorzugt
5 bis 20 Gew.-%.
[0078] Bevorzugt enthält die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung zudem eine wässrige
Primärdispersion (A). Auch solche Primärdispersionen sind bekannt; wie weiter oben
beschrieben wird bei deren Herstellung das polymere Harz direkt in der wässrigen Phase
hergestellt, beispielsweise anhand einschlägiger Verfahren wie der Emulsionspolymerisation.
[0079] Bekanntermaßen haben die polymeren Harze in so hergestellten Dispersionen insbesondere
im Vergleich zu den Harzen in Sekundärdispersionen meist höhere Molekulargewichte.
Beispielsweise haben die polymeren Harze in den Primärdispersionen im Rahmen der vorliegenden
Erfindung zahlenmittlere Molekulargewichte von mindestens 60000 g/mol, wie insbesondere
mindestens 100000 g/mol, beispielsweise im Bereich von 100000 bis 1000000 g/mol.
[0080] Überraschenderweise hat sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung gezeigt, dass sich
durch den Einsatz einer solchen Primärdispersion selbst ohne den Zusatz an sich bekannter
Mattierungsmittel eine Beschichtungszusammensetzung herstellen lässt, die einen hervorragenden
Mattierungseffekt, welcher wie eingangs beschrieben sehr wichtig ist, aufweist. Auf
diese Weise besitzt man bei der Herstellung der wässrigen Beschichtungszusammensetzung
eine nochmals verbesserte Formulierungsfreiheit. Da nämlich durch den Einsatz der
Primärdispersion, welche ein zur Filmbildung ohnehin notwendiges polymeres Harz als
Bindemittel enthält, bereits einen Mattierungseffekt erreicht, kann man auf den Einsatz
separater Mattierungsmittel verzichten.
[0081] Eine im Rahmen der vorliegenden Erfindung ganz besonders bevorzugte wässrige Primärdispersion
(A) besitzt einen Festkörper von 30 bis 50 % und enthält ein Polyacrylatharz mit einer
OH-Zahl von 60 bis 150 mg KOH/g, bevorzugt 80 bis 130 mg KOH/g.
[0082] Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung enthält vorzugsweise, bezogen auf
ihr Gesamtgewicht, zwischen 5 und 25 Gew.-%, bevorzugt 10 bis 20 Gew.-%, an polymeren
Harzen, bevorzugt Polyacrylatharzen, die aus wässrigen Primärdispersionen (A) stammen.
Der Anteil von wässrigen Primärdispersionen (A), bezogen auf das Gesamtgewicht der
erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung, beträgt bevorzugt zwischen 15 und
50 Gew.-%, bevorzugt 20 bis 45 Gew.-%.
[0083] Bevorzugt ist, dass das Verhältnis der molaren Gesamtmenge von Hydroxylgruppen in
der Stammlackkomponente zu der molaren Menge an Isocyanatgruppen in der Härterkomponente
von 1,1:1,0 bis 1,0:1,5, besonders bevorzugt 1,0:1,0 bis 1,0:1,5 liegt. Besonders
bevorzugt ist demnach, dass das Verhältnis der molaren Gesamtmenge von Hydroxylgruppen
der Komponenten (A) und (B) in der Stammlackkomponente zu der molaren Menge an Isocyanatgruppen
in der Härterkomponente den genannten Wert einnimmt.
[0084] Alle angegebenen bevorzugten Ausführungsformen sind für sich genommen und in Kombination
mit allen weiteren bevorzugten Ausgestaltungen als bevorzugt anzusehen. Die bevorzugten
Ausführungsformen gelten nicht nur für die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung,
sondern auch für die in der Folge beschriebenen Gegenstände, beispielsweise ein Verfahren,
in dem die Beschichtungszusammensetzung eingesetzt wird.
[0085] Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung. Die Herstellung des kann unter Einsatz der üblichen
und bekannten Mischverfahren und Mischaggregate wie Rührkesseln, Rührwerksmühlen,
Extrudern oder Knetern erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung um eine Zweikomponenten-Zusammensetzung handelt und die
Stammlackkomponente sowie die Härterkomponente getrennt voneinander hergestellt und
gelagert werden und dann, wie oben beschrieben, erst kurz vor der Applikation des
Grundierungsmittels zusammengegeben und gemischt werden. Die Stammlackkomponente enthält
dabei in der Regel neben den erfindungswesentlichen Bestandteilen (A) und (B) die
gegebenenfalls vorhandenen Zusatzstoffe beziehungsweise Lackadditive. Dieser Stammlackkomponente
wird dann die Härterkomponente, welche neben dem erfindungswesentlichen Bestandteil
(C) noch weitere Polyisocyanatgruppen enthaltende Verbindungen enthalten kann, kurz
vor der Applikation der Beschichtungszusammensetzung auf ein Substrat beigemischt.
Weiterhin ist bei der Herstellung der Beschichtungszusammensetzung zu beachten, dass
die Stammlackkomponente (1) bevorzugt wie weiter oben beschrieben hergestellt wird,
das heißt die Herstellung der Stammlackkomponente umfasst, in der angegebenen Reihenfolge,
(i) die Bereitstellung einer wässrigen Dispersion (A), (ii) die Emulgierung des Polycarbonatdiols
(B) in der wässrigen Dispersion (A) und (iii) das Hinzufügen weiterer Komponenten
der Stammlackkomponente wie insbesondere Pigmente oder auch weiterer polymerer Harze
als Bindemittel, beispielsweise einer (weiteren) wässrigen Primärdispersion eines
polymeren Harzes, zur der unter (ii) erhaltenen Mischung.
[0086] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft eine aus der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung hergestellte Beschichtung sowie ein Verfahren zur Herstellung
solcher Beschichtungen.
[0087] Das Verfahren zur Herstellung einer Beschichtung umfasst die Applikation der Beschichtungszusammensetzung
auf ein Substrat. Die Applikation kann über die üblichen Verfahren wie Spritzen (beispielsweise.
Airless, Airmix, Druckluft, Heißspritzverfahren oder Induktionsvermischung), Walzen,
Rollen, Streichen oder über eine Kartusche erfolgen. Vorzugsweise wird die Beschichtungszusammensetzung
durch Rollen oder Streichen aufgebracht.
[0088] Um eine gehärtete Beschichtung herzustellen, wird die aufgebrachte Beschichtungszusammensetzung
nach der Applikation gehärtet. Vorzugsweise erfolgt die Härtung thermisch. Die applizierte
Beschichtungszusammensetzung beziehungsweise die Beschichtung bestehend aus der Zusammensetzung
wird dabei bevorzugt Temperaturen von nicht mehr als 80°C, bevorzugt nicht mehr als
60°C ausgesetzt. Besonders bevorzugt ist ein Temperaturbereich von 15 bis 60 °C, ganz
besonders von 15 bis 50 °C.
[0089] Die Zeitdauer, die für eine vollständige Härtung benötigt wird, kann je nach gewählter
Härtungstemperatur stark variieren und liegt beispielsweise im Bereich von 30 min
bis 10 Tagen. Beispielsweise kann für eine Dauer von 30 min bei 40°C bis 60°C gehärtet
werden oder aber bei nur 15 bis 25°C für eine Dauer von 10 Tagen gehärtet werden.
Bei oder vor der Härtung können auch übliche thermische Härtungsvorrichtungen und/oder
Konventionsverfahren angewandt werden, beispielsweise Durchlauföfen, NIR- und IR-
Heizstrahler, Gebläse und Blastunnel. Diese Vorrichtungen können auch miteinander
kombiniert werden. Dabei kann eine durch die Temperatur gesteuerte Härtung durch Konvektion
unterstützt werden.
[0090] Die Beschichtungen können jeweils eine Trockenfilmschichtdicke von beispielsweise
50 bis 500 µm, vorzugsweise von 100 bis 400 µm aufweisen.
[0091] Die erfindungsgemäßen Beschichtungen können auf an sich beliebigen Substraten durch
Applikation einer erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung auf das Substrat
hergestellt werden. Die Substrate können aus den unterschiedlichsten Materialien und
Kombinationen von Materialien aufgebaut sein. Vorzugsweise bestehen sie aus Metallen
wie Stahl oder Aluminium sowie Kunststoffen wie epoxidharzbasierten Kunststoffen,
die glasfaser- (GFK), aramidfaser- (AFK) und/oder kohlefaserverstärkt (CFK) oder beispielsweise
mit Hanf oder Sisal naturfaserverstärkt sein können und/oder Glas. Bevorzugte Substrate
sind glasfaserverstärkte Epoxidharz-Kunststoffe. Die Substrate können beliebige Größen
und Formen aufweisen.
[0092] Von Vorteil ist aber, dass gerade sehr große Substrate wie beispielsweise Rotorblätter
ohne besondere verfahrenstechnische Schwierigkeiten beschichtet werden können. Denn
die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung kann bei vergleichsweise niedrigen
Temperaturen gehärtet werden, sodass keine explizite Zuführung von Wärme, das heißt
thermischer Energie, im Rahmen einer komplexen Anlagentechnik notwendig ist, um eine
gehärtete Beschichtung herzustellen.
[0093] Aufgrund der sehr guten Erosionsbeständigkeit der Beschichtungen sind bevorzugte
Substrate solche, die die der Regen- oder Sanderosion besonders stark ausgesetzt sind.
Als Substrate können Rotorblätter, Luft- oder Landfahrzeuge, Schiffe, Bauwerke oder
Pipelines in Frage kommen. Bevorzugte Substrate sind Rotorblätter von Windenergieanlagen,
Hubschraubern oder Schiffsschrauben sowie Luftfahrzeuge wie beispielsweise Flugzeuge.
Insbesondere sind Rotorblätter von Windenergieanlagen und Flugzeuge geeignete Substrate.
Hier wirkt sich insbesondere auch die Tatsache aus, dass die Beschichtungen zudem
einen sehr guten Mattierungseffekt aufweisen können.
[0094] Aus oben Gesagten folgt, das auch ein Substrat, das mit einer erfindungsgemäßen Beschichtung
beschichtet ist, Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist. Genauso folgt aus oben
Gesagten, dass auch die Verwendung der erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung
sowie die Verwendung einer erfindungsgemäßen Beschichtung zur Verbesserung der Erosionsbeständigkeit
von Substraten, insbesondere den oben genannten Substraten, Gegenstand der vorliegenden
Erfindung sind. Ebenfalls folgt aus oben Gesagtem, dass die Verwendung einer erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung, welche eine wässrige Primärdispersion (A) eines polymeren
Harzes enthält, bevorzugt sowohl eine Sekundärdispersion und eine Primärdispersion
(A), sowie die Verwendung einer daraus hergestellten Beschichtung auf Substraten zur
Mattierung von Substratoberflächen Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist.
[0095] Möglich ist auch, dass unter Einsatz einer erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzung
eine Mehrschichtbeschichtung hergestellt wird. Auch eine solche Mehrschichtbeschichtung
ist Gegenstand der vorliegenden Erfindung. Die aus der Beschichtungszusammensetzung
hergestellte Beschichtung ist also in einer Mehrschichtbeschichtung enthalten. Bevorzugt
sind Mehrschichtbeschichtungen, in denen eine erfindungsgemäße Beschichtung die Deckbeschichtung
darstellt. Auf diese Weise wird ein technischer Effekt der erfindungsgemäßen Beschichtung,
nämlich die hervorragende Erosionsbeständigkeit, optimal ausgenutzt. Dies bedeutet,
dass alle weiteren Beschichtungsschichten unterhalb der erfindungsgemäßen Beschichtung
und damit zwischen dem Substrat und der erfindungsgemäßen Beschichtung angeordnet
sind. Ein Substrat, das mit einer erfindungsgemäßen Beschichtung beschichtet ist,
muss also nicht in direktem Kontakt mit dieser Beschichtung stehen. Dazwischen können
weitere Schichten, beispielsweise zumindest eine an sich bekannte Füllerschicht, angeordnet
sein.
Die erfindungsgemäße Beschichtungszusammensetzung eignet sich insbesondere zur Beschichtung
von Ecken und Kanten, insbesondere Kanten, von Substraten. Die Verwendung der erfindungsgemäßen
Beschichtungszusammensetzung sowie die Verwendung einer erfindungsgemäßen Beschichtung
zur Verbesserung des Kantenschutzes ist also auch Gegenstand der vorliegenden Erfindung.
Gerade Kanten von Substraten, beispielsweise den oben genannten Substraten, sind im
Gebrauch erodierenden Einflüssen besonders stark ausgesetzt.
[0096] Obwohl eine erfindungsgemäße wässrige Beschichtungszusammensetzung einen völlig anderen
Charakter hat, als die bekannten Zusammensetzungen enthaltend organische Lösemittel
oder die bekannten lösemittelfreien Zusammensetzungen, werden Beschichtungen erhalten,
die eine ausgezeichnete Erosionsbeständigkeit aufweisen. Zudem besteht die schon eingangs
erläuterte gute Formulierungsfreiheit.
[0097] In der Folge wird die vorliegende Erfindung anhand von Beispielen erläutert.
Beispiele
1. Prüfmethoden
1.1 Allgemeines
[0098] Zur labortechnischen Bestimmung der Erosionsbeständigkeit können generell unterschiedliche
Gerätschaften verwendet werden, bei denen entweder das zu erodierende beschichtete
Substrat durch das Erosionsmedium bewegt wird oder das Substrat feststeht und vom
Erosionsmedium umströmt wird. Ein feststehender Prüfkörper kann beispielsweise durch
eine Hochdruck-Wasserstrahl-Technik, welche beispielsweise. beim Wasserstrahlschneiden
verwendet wird, getestet werden. Die Erosionswirkung wird gesteuert durch Wasserdruck,
Abstand zum Werkstück sowie Düsengröße und -art. Durch die Mitverwendung von Sand,
Korund oder Siliziumcarbid kann die Wirkung weiter verstärkt werden. Weiterhin ist
Sandstrahlen oder Dampfstrahlen denkbar, wobei ebenfalls durch den anliegenden Druck,
Düsengröße und Abstand zum Werkstück die Erosionswirkung variiert und den Realbedingungen
angepasst werden kann.
[0099] Beim Regenerosionstest für bewegte Prüfkörper wird das zu erodierende beschichtete
Substrat an einem Rotor oder einer Scheibe befestigt und durch die erzeugte Radialgeschwindigkeit
durch einen Vorhang aus Wassertropfen oder Gemischen mit Salz oder Sand bewegt. Das
derzeit gängigste Prüfszenario, welches beispielsweise im Bereich der Windenergie
verwendet wird, arbeitet bei Geschwindigkeiten von 140 m/s und einer Regenmenge von
30 l/h. Im Bereich der Flugzeugindustrie werden Geschwindigkeiten von bis zu 220 m/s
bei vergleichbarer Regenmenge geprüft. Die Prüfungen zur Regenerosionsbeständigkeit
können nach der Norm ASTM G 73 erfolgen. Die unter diese Norm fallenden Aufbauten
sind individuell und können über Standards miteinander verglichen werden. Den genannten
Prüfmöglichkeiten ist gemein, dass reale Geschwindigkeiten, wie beispielsweise Umfangsgeschwindigkeiten
von Rotorblättern oder Reisefluggeschwindigkeiten von Flugzeugen simuliert werden
und die Schadensbilder den real auftretenden Schadensbildern ähnlich sind.
[0100] Die Prüfung des Mattierungseffekts beziehungsweise des Mattierungsgrads kann an hergestellten
Beschichtungen über die Messung des Glanzes der Beschichtung erfolgen. Ein niedriger
Glanzwert entspricht dann einem guten Mattierungsgrad. Beispielsweise können typische
Glanzmessungen im 60° Winkel nach DIN EN 13523-2 erfolgen. In der Fachwelt wird typischerweise
ein Glanzgrad von kleiner 15 Einheiten bei einem 60° Winkel als matt bezeichnet.
1.2 Testbedingungen
[0101] Im Rahmen der Beispiele erfolgte die Prüfung der Regenerosionsbeständigkeit nach
der Norm ASTM G 73. Die Tests wurden auf einem hauseigenen Regenerosions-Prüfstand
durchgeführt. Die Prüfkörper werden in bestimmten Zeitabständen (15 Minuten) bei definierter
Geschwindigkeit (140 m/s) durch einen Tropfenvorhang geschleudert. Die Regenmenge
wird dabei durch die angelegte Durchflussrate ebenfalls konstant gehalten (30 l/h).
Die Tropfengrößen des angelegten "Regens" betragen dabei durchschnittlich 5-6 mm.
Die Prüfungen erfolgen bei einer Temperatur von 20 bis 25 °C. Die Auswertung erfolgt
visuell. Die Erosionsbeständigkeit entspricht der Zeit bis zum ersten Durchscheinen
des Substrates.
[0102] Der Mattierungsgrad beziehungsweise der Glanz wird nach DIN EN 13523-2 bestimmt.
Die Bestimmung erfolgt mit einem Glanzgradmessgerät MICRO TRI-GLOSS der Firma BYK-Gardner.
Vor jeder Messung wird das Gerät mit den eingebauten Kalibrierstandards kalibriert.
Für die Prüfung wird die Winkeleinstellung von 60° am Gerät ausgewählt. Es werden
5 Messungen in Längsrichtung (Aufziehrichtung bzw. Applikationsrichtung) durchgeführt,
in dem das Gerät planar auf die Oberfläche gelegt und der Messwert abgelesen wird.
Aus 5 Messwerten wird ein Mittelwert errechnet und im Prüfprotokoll vermerkt. Die
Beurteilung erfolgt durch Bestimmung des Glanzwerts (GU) zwischen 0 und 100. Niedrige
Werte entsprechen einem hohen Mattierungseffekt.
2. Herstellung von Beschichtungszusammensetzungen und gehärteten Beschichtungen
[0103] Die Stammlackkomponente und Härterkomponente von wässrigen Beschichtungszusammensetzungen
wurden durch Zusammengeben der jeweiligen Bestandteile in der angegebenen Reihenfolge
und fortwährendes inniges Vermischung einem Dissolver hergestellt (Tabelle 1). Bei
den Beschichtungszusammensetzungen enthaltend ein Polycarbonatdiol (B) wurde dabei
wie folgt vorgegangen. Zunächst wurde die jeweils in der Tabelle 1 angegebene Sekundärdispersion
(A) vorgelegt und unter Rühren mit handelsüblichen Dispergieradditiven sowie Butoxyl
versetzt. Ebenfalls hinzugefügt wurde ein handelsüblicher Entschäumer, um bei der
anschließenden Emulgierung eine zu intensive Schaumentwicklung zu unterbinden. Anschließend
erfolgt eine Emulgierung des Polycarbonatdiols (B) in der wässrigen Dispersion (A).
Dabei wurde das Polycarbonatdiol, bezogen auf einen 25 Kilogramm-Ansatz Stammlack,
innerhalb von 10 Minuten kontinuierlich zugegeben. Während der Zugabe wurde das System
gleichmäßig gerührt (Dissolver, Typ Disperlux 075, Fa. Pendraulik, Leistung 0,75 kW,
Durchmesser Dissolverscheibe 12,50 cm, UpM (Umdrehungen pro Minute) 1500). Bei dieser
Rührgeschwindigkeit ergab sich ein kontinuierlicher Emulgierungsprozess ohne makroskopische
Phasentrennung. Nach Beendigung der Zugabe des Polycarbonatdiols wurden zunächst Wasser
und Titandioxid beigemischt und anschließend wie in Tabelle 1 angegeben komplettiert.
Tabelle 1
Bestandteil |
Gewichtsteile |
|
V1 |
V2 |
V3 |
E1 |
Stammlackkomponente |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wässrige Sekundärdispersionen eines polymeren Harzes (A) (Festkörper 41 %, OH-Zahl
165, Säurezahl 10) |
67,75 |
25.0 |
25.0 |
14,4 |
Dispergieradditive |
1,00 |
1,0 |
1,0 |
1,6 |
Butoxyl |
|
|
|
1,2 |
Entschäumer |
1,0 |
1,0 |
1,0 |
0,5 |
Lineares, aliphatisches Polycarbonatdiol (B) mit endständigen Hydroxylgruppen, lösemittelfrei |
- |
- |
- |
6,8 |
Wasser |
1,5 |
1,5 |
1,5 |
0,92 |
Pigment Titandioxid |
20,0 |
20,0 |
20,0 |
23,8 |
|
|
|
|
|
Komplettierung mit |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wasser |
5,5 |
4,0 |
4,0 |
6,9 |
Additivmischung |
2,5 |
5,5 |
5,5 |
4,1 |
Butoxyl/Texanol |
1,25 |
2.0 |
2.0 |
3,3 |
Wässrige Primärdispersionen eines Polyacrylatharzes (A), Festkörper 45 %, OH-Zahl
105 |
- |
40.0 |
40.0 |
36,5 |
|
|
|
|
|
Summe |
100 |
100 |
100 |
100 |
|
|
|
|
|
Härterkomponente |
|
|
|
|
Aliphatischer HDI-modifizierter Polyester (C) mit einem Isocyanatgehalt von 8,4 % |
- |
- |
40,0 |
40,0 |
HDI-Trimerisat |
80,0 |
80,0 |
48,0 |
48,0 |
Butoxyl |
20,0 |
20,0 |
12,0 |
12,0 |
|
|
|
|
|
Summe |
100 |
100 |
100 |
100 |
V = Vergleichszusammensetzung
E = Erfindungsgemäße Zusammensetzung |
[0104] Anschließend wurden 3,25 Teile der Stammlackkomponente mit 1 Teil der Härterkomponente
homogen vermischt und direkt auf einen mit einem handelsüblichen polyharnstoffbasierten
Porenfüller vorbeschichteten Epoxidharz-Prüfkörper appliziert (Streichapplikation).
Die Härtung erfolgte durch Lagerung über einen Zeitraum von sieben Tagen bei 20 bis
25°C. Die Trockenschichtdicke betrug 120 Mikrometer.
[0105] Anschließend wurden die auf dem Substrat angeordneten Mehrschichtbeschichtungen hinsichtlich
der Regenerosionsbeständigkeit und des Mattierungsgrads untersucht (Tabelle 2).
Tabelle 2
|
V1 |
V2 |
V3 |
E1 |
Dauer Regenerosionstest (in Minuten) |
30 |
30 |
45 |
240 |
Glanzgrad |
80 |
12 |
24 |
10 |
[0106] Die Ergebnisse zeigen, dass die anhand der neuen wässrigen Beschichtungszusammensetzung
hergestellten Beschichtungen eine hervorragende Erosionsbeständigkeit aufweisen. Die
Beständigkeit ist zudem deutlich besser als die Erosionsbeständigkeit von Beschichtungen,
die mithilfe von wässrigen Zusammensetzungen hergestellt wurden, die nicht die erfindungsgemäße
Kombination von Polycarbonatdiol (B) und der Isocyanatgruppen haltigen Verbindung
(C) umfassen. Ein weiterer Vergleich mit Beschichtungen, die mithilfe von Zusammensetzungen
enthaltend organische Lösemittel beziehungsweise lösemittelfreien Zusammensetzungen
hergestellt wurden, ergibt, dass die erfindungsgemäßen Beschichtungen sogar noch beständiger
sind. Beispielhaft sei auf die Beispiele 1 und 2 der
DE 10 2010 044 935 A1 verwiesen, die eine Regenerosionsbeständigkeit von 180 Minuten und 160 Minuten aufweisen,
wobei im Stand der Technik sogar eine wesentlich höhere Schichtdicke der Decklackschicht
von 300 Mikrometern realisiert wurde.
[0107] Gleichzeitig wurde gezeigt, dass die erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzungen
ohne den Zusatz von separaten Mattierungsmitteln durch den Einsatz einer Primärdispersion
(A) zu Beschichtungen führen, die einen sehr hohen Mattierungsgrad aufweisen.
Die erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzungen vereinen demnach in hervorragender
Weise wichtige anwendungstechnische Eigenschaften, nämlich eine gute Erosionsbeständigkeit,
mit einem durch den wässrigen Charakter der Zusammensetzung zum Ausdruck kommenden
hochwertigen ökologischen Profil. Gleichzeitig lässt sich der Mattierungsgrad ohne
den Einsatz handelsüblicher Mattierungsmittel erreichen. Durch den Einsatz einer wässrigen
Primärdispersion (A), welche ein zur Filmbildung ohnehin notwendiges polymeres Harz
als Bindemittel enthält, wird bereits ein Mattierungseffekt erreicht, sodass man auf
den Einsatz separater Mattierungsmittel verzichten kann. Die ohnehin bereits durch
die Konditionierung der Beschichtungszusammensetzung als wässrige (und nicht lösemittelfreie)
Zusammensetzung verbesserte Formulierungsfreiheit wird hierdurch nochmals erhöht.