(19)
(11) EP 3 376 228 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.09.2018  Patentblatt  2018/38

(21) Anmeldenummer: 18162230.9

(22) Anmeldetag:  16.03.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G01N 33/58(2006.01)
G01N 33/543(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 17.03.2017 DE 102017002642

(71) Anmelder:
  • Karlsruher Institut für Technologie
    76131 Karlsruhe (DE)
  • Helmholtz-Institut Braunschweig
    38124 Braunschweig (DE)

(72) Erfinder:
  • Neumeier, Beatrice Lilli
    69231 Rauenberg (DE)
  • Heck, Joachim G.
    76547 Sinzheim (DE)
  • Feldmann, Claus
    76275 Ettlingen (DE)
  • Lindenmaier, Werner
    38259 Salzgitter-Ringelheim (DE)
  • Dittmar, Kurt
    38124 Braunschweig (DE)
  • Garritsen, Henk
    38116 Braunschweig (DE)

(74) Vertreter: Müller-Boré & Partner Patentanwälte PartG mbB 
Friedenheimer Brücke 21
80639 München
80639 München (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM NACHWEIS BIOGENER AMIN-BOTENSTOFFE


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachweis eines biogenen Amin-Botenstoffs in einem ex-vivo Schnelltest, umfassend die Schritte
(a) in Kontakt bringen einer anorganisch-organischen Hybridverbindung in Form von Nanopartikeln mit einem Partikeldurchmesser im Bereich von 1 bis 100 nm, bestehend aus einem anorganischen Metall-Kation, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Cu+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Au+ und Au3+, und einem organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anion, das mindestens eine CarboxylatGruppe enthält, mit dem biogenen Amin-Botenstoff in einer Suspension, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung eine molare Löslichkeit in Wasser von höchstens 10-2 mol/l aufweist und wobei das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion aufgrund der höheren Affinität des biogenen Amin-Botenstoffs zu dem anorganischen Metall-Kation in einer Menge relativ zu der Menge des biogenen Amin-Botenstoffs freigesetzt wird;
(b) photometrisches Bestimmen der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions; und
(c) Korrelieren der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions mit der Konzentration des biogenen Amin-Botenstoffs.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachweis eines biogenen Amin-Botenstoffs in einem ex-vivo Schnelltest.

[0002] Biogene Amin-Botenstoffe kommen natürlich in Form von Hormonen und Neurotransmittern vor. Sie werden beispielsweise von Zellen als Antwort auf bestimmte Reize ausgeschüttet oder dienen der Kommunikation zwischen einzelnen Zellen oder Zellverbünden. Auf diese Weise kann die Konzentration bestimmter Amin-Botenstoffe, beispielsweise in einer Blutprobe, Rückschlüsse über in einem Organismus ablaufende Zellprozesse und Reaktionen liefern.

[0003] Der biogene Amin-Botenstoff Histamin wird beispielsweise bei bestimmten allergischen Reaktion ausgeschüttet.

[0004] Allergien sind in modernen Industriegesellschaften sehr häufig. Nach Zahlen des Europäischen Zentrums für Allergieforschung (ECARF) leiden rund 20 bis 30% der Bevölkerung an allergischem Schnupfen.

[0005] Solche Überempfindlichkeitsreaktionen werden in vier verschiedene Typen eingeteilt und sind grundsätzlich auf eine Fehlreaktion des Immunsystems zurückzuführen. Die hier beschriebene Erfindung bezieht sich maßgeblich auf allergische Reaktionen des Typs I. Diese allergischen Reaktionen beruhen auf einem gemeinsamen Mechanismus (Figur 1).

[0006] Während der Sensibilisierungsphase wird dabei das Allergen durch Antigenpräsentierende Zellen so präsentiert, dass überwiegend eine Th2-Antwort ausgelöst wird. Dabei werden Antigen-spezifische B-Zellen generiert, die Antikörper der IgE-Klasse bilden. Diese Antikörper binden an IgE-Rezeptoren auf der Oberfläche von Mastzellen und basophilen Granulozyten.

[0007] Kommt es nach der Sensibilisierung zu einem weiteren Kontakt mit dem Allergen kann eine allergische Reaktion ausgelöst werden. Hierbei wird eine Signalkaskade ausgelöst, die zur Freisetzung von Mediatoren aus Granula der Mastzellen/Granulozyten führt. Zu den Mediatoren gehören Histamin, Serotonin, Leukotriene, Heparin und verschiedene Enzyme.

[0008] Der Nachweis des für die allergische Reaktion verantwortlichen Allergens ist häufig langwierig und schwierig. Oft sind hierfür in vivo Provokationstests nötig, die nicht ohne Risiko für den Patienten sind. Die Kenntnis des Allergens ist jedoch entscheidend für die Therapie und Prophylaxe.

[0009] Bisher verfügbare in vitro Allergie-Diagnostik ist zum Beispiel in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie beschrieben (DGAKI). Wegen mangelnder Standardisierung und/oder testspezifischer Probleme sind die Ergebnisse jedoch oft nur bedingt vergleichbar und aussagefähig. Zwar gibt die Messung von Gesamt-IgE im Blut einen Hinweis auf Atopie, lässt jedoch keine Rückschlüsse auf eine spezifische Sensibilisierung zu. Der Nachweis von Allergenspezifischen IgEs zeigt eine spezifische Sensibilisierung an, deren klinische Relevanz jedoch durch zusätzliche Tests (in vivolin vitro) bestätigt werden muss.

[0010] Um die in vitro Diagnostik allergener Antikörper aussagefähiger zu machen, ist eine Kombination mit Tests wünschenswert, durch die eine spezifische Aktivierung der Zielzellen (Mastzellen und basophile Granulozyten) bestimmt werden kann. Da Blutzellen am einfachsten zugänglich sind, werden meist basophile Granulozyten verwendet. Für den Aktivierungsnachweis werden entweder die freigesetzten Mediatoren (z.B. Histamin, Leukotriene, Tryptase, etc.) oder die nach Degranulation auf der Oberfläche nachweisbaren Vesikelproteine gemessen.

[0011] Für den Histamin-Nachweis wurden Kompetitions-ELISAs entwickelt. Vor kurzem wurden auch neue Fluoreszenz-basierte Methoden für den Histamin-Nachweis beschrieben. Die Standardisierung und Praktikabilität der bisherigen Tests wird jedoch oft als unbefriedigend beurteilt.

[0012] Insbesondere beruhen herkömmliche Fluoreszenz-basierte Methoden für den Nachweis von Histamin im Speziellen und von biogenen Amin-Botenstoffen im Allgemeinen auf löslichen Farbstoff-Metall-Komplexen. Dies hat im Vergleich zu schwerlöslichen und nanopartikulären Farbstoff-Metall-Komplexen den Nachteil, dass die Fluoreszenz über die ganze Probe verteilt und dadurch weniger intensiv ist. Des Weiteren sind individuelle, gelöste Fluoreszenzfarbstoff-Moleküle anfällig für Photobleichen.

[0013] Zusätzlich weist die gegenwärtige Allergiediagnostik folgende Nachteile auf:
  • In vivo Provokationstests können mit einem Risiko für den Patienten verbunden sein,
  • die Bestimmung des gesamt IgE Gehalts (ex vivo) liefert keinen Nachweis für ein spezifisches Allergen,
  • der Nachweis von Allergen-spezifischem IgE (ex vivo) liefert nur qualitative Hinweise auf ein spezifisches Allergen,
  • in vitro Diagnostik ist aufwändig und in ihrer Zuverlässigkeit und Aussagefähigkeit unbefriedigend.


[0014] Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein alternatives ex vivo Nachweisverfahren für biogene Amin-Botenstoffe bereitzustellen. Das Nachweisverfahren soll hierbei sowohl qualitative als auch quantitative Ergebnisse liefern.

[0015] Diese Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen gelöst.

[0016] Insbesondere stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Nachweis eines biogenen Amin-Botenstoffs in einem ex-vivo Schnelltest bereit, umfassend die Schritte
  1. (a) in Kontakt bringen einer anorganisch-organischen Hybridverbindung in Form von Nanopartikeln mit einem Partikeldurchmesser im Bereich von 1 bis 100 nm, bestehend aus einem anorganischen Metall-Kation, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Cu+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Au+ und Au3+, und einem organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anion, das mindestens eine Carboxylat-Gruppe enthält, mit dem biogenen Amin-Botenstoff in einer Suspension, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung eine molare Löslichkeit in Wasser von höchstens 10-2 mol/l aufweist und wobei das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion aufgrund der höheren Affinität des biogenen Amin-Botenstoffs zu dem anorganischen Metall-Kation in einer Menge relativ zu der Menge des biogenen Amin-Botenstoffs freigesetzt wird;
  2. (b) photometrisches Bestimmen der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions; und
  3. (c) Korrelieren der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions mit der Konzentration des biogenen Amin-Botenstoffs.


[0017] Die erfindungsgemäß verwendeten anorganisch-organischen Hybridverbindungen bestehen aus einem anorganischen Metall-Kation, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Cu+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Au+ und Au3+, und einem organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anion, das mindestens eine Carboxylat-Gruppe enthält. Solche anorganisch-organischen Hybridverbindungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Lumineszenz des Fluoreszenzfarbstoffes im Festkörper gelöscht ist. Das beschriebene Verfahren beruht darauf, dass die anorganisch-organischen Hybridverbindungen mit einem biogenen Amin-Botenstoff reagieren. Hierbei verdrängt der biogene Amin-Botenstoff auf Grund seiner höheren Affinität zu dem anorganischen Metall-Kation das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion. Das nun in freier Form vorliegende Fluoreszenzfarbstoff-Anion weist wieder Lumineszenzeigenschaften auf und seine Konzentration kann dann photometrisch bestimmt werden, beispielsweise mit Durchflusszytometrie. Hierbei ist die Menge des freigesetzten Fluoreszenzfarbstoff-Anions abhängig von der Menge biogenen Amin-Botenstoffs.

[0018] Das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion unterliegt keiner wesentlichen Beschränkung, sofern es mindestens eine Carboxylatgruppe als funktionelle Gruppe aufweist. Diese funktionelle Gruppe kann an das anorganische Metall-Kation koordinieren. Bevorzugt ist die Fluoreszenz des Fluoreszenzfarbstoff-Anions gelöscht, wenn es an das anorganische Metall-Kation koordiniert ist und kann wieder auftreten, wenn das Fluoreszenzfarbstoff-Anion in freier Form vorliegt. Bevorzugt erfolgt die Anregung des Fluoreszenzfarbstoffes mit sichtbarem Licht und die dazugehörige Emission liegt im sichtbaren bis infraroten Spektralbereich des Lichts. Als solche Fluoreszenzfarbstoff-Anionen können zum Beispiel Anionen von Fluorescein und Fluorescein-Derivaten, Perylen-Derivaten, Rhodamin und Rhodamin-Derivaten und Cyaninen eingesetzt werden. Besonders bevorzugt ist das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion ein Anion von Calcein oder 3,4,9,10-Perylentetracarbonsäure.

[0019] Durch die Auswahl des anorganischen Metall-Kations kann die Löslichkeit der erfindungsgemäßen anorganisch-organischen Hybridverbindung beeinflusst werden. Um eine in Wasser schwerlösliche anorganisch-organische Hybridverbindung mit einer molaren Löslichkeit von ≤ 10-2 mol/l zu erhalten, ist das anorganische Metall-Kation ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Cu+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Au+ und Au3+. In einer bevorzugten Ausführungsform ist das anorganische Metall-Kation Cu+, Cu2+ oder Ag+.

[0020] Das erfindungsgemäße Verfahren dient dem Nachweis biogener Amin-Botenstoffe. In einer bevorzugten Ausführungsform ist der biogene Amin-Botenstoff aus der Gruppe, bestehend aus Histamin, Serotonin, Dopamin, γ-Aminobuttersäure, Adrenalin, Noradrenalin, Heparin, Thyroxin und Triiodthyronin, ausgewählt. Besonders bevorzugt ist der biogene Amin-Botenstoff Histamin.

[0021] Die anorganisch-organische Hybridverbindung der vorliegenden Erfindung liegt in Form von Nanopartikeln mit einem Partikeldurchmesser im Bereich von 1 bis 100 nm vor, wobei der Partikeldurchmesser mittels Elektronenmikroskopie und/oder dynamischer Lichtstreuung bestimmt werden kann. In den Nanopartikeln der erfindungsgemäß eingesetzten anorganisch-organischen Hybridverbindung liegt in der Regel eine sehr hohe Konzentration an Fluoreszenzfarbstoff-Anionen vor, wodurch die lokale Fluoreszenzintensität nach dem Inkontaktbringen mit einem biogenen Amin-Botenstoff im Vergleich zu der Fluoreszenzintensität bei Verwendung eines löslichen Farbstoff-Metall-Komplexes stark erhöht ist. Durch den so erreichten hohen Kontrast der Fluoreszenz der Nanopartikel im Vergleich zur Hintergrundfluoreszenz führen auch geringe Konzentrationen eines biogenen Amin-Botenstoffes zu einer nachweisbaren Änderung der Fluoreszenzintensität. Des Weiteren sind anorganisch-organische Hybridverbindungen in Form von Nanopartikeln weniger anfällig für Degradation, beispielsweise durch Photobleichen.

[0022] In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens der vorliegenden Erfindung ist die anorganisch-organische Hybridverbindung mit einem Antikörper, Peptid oder Oligonukleotid funktionalisiert. Auf diese Weise kann die anorganisch-organische Hybridverbindung selbst Reaktionen von Zellen, beispielsweise eine allergische Reaktion, hervorrufen, deren Nachweis direkt über eine Änderung der Fluoreszenz erfolgen kann. Des Weiteren kann eine solche Oberflächenfunktionalisierung auch dazu dienen, die anorganisch-organische Hybridverbindung an Zielzellen zu binden, um so beispielsweise in einer einzelnen Probe Zellen, die einen biogenen Amin-Botenstoff freisetzen, von Zellen, wo dies nicht der Fall ist, zu unterscheiden.

[0023] Zellen im Rahmen der vorliegenden Erfindung sind nicht weiter beschränkt und beinhalten menschliche und tierische Zellen und Partikel, wie Mastzellen, Thrombozyten und Leukozyten, pluripotente Stammzellen, wobei es sich vorzugsweise nicht um embryonale Stammzellen handelt, und aus ihnen differenzierte Zellen und Gewebe oder histologische Gewebeschnitte.

[0024] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist die anorganisch-organische Hybridverbindung auf einem Substrat fixiert. Auf diese Weise können beispielsweise spezifische Schnelltests für den Nachweis bestimmter biogener Amin-Botenstoffe gemäß dem "Lab-on-a-Chip"-Prinzip bereitgestellt werden.

[0025] Üblicherweise weist die anorganisch-organische Hybridverbindung eine röntgenamorphe Struktur auf. Die anorganisch-organische Hybridverbindung kann jedoch auch in kristalliner Form vorliegen.

[0026] Wie bereits vorstehend ausgeführt, ist die anorganisch-organische Hybridverbindung in Wasser schwerlöslich und weist eine molare Löslichkeit von ≤ 10-2 mol/l auf. Vorzugsweise weist die anorganisch-organische Hybridverbindung eine molare Löslichkeit von ≤ 10-4 mol/l auf. Dies ist unter anderem hinsichtlich der Synthese der erfindungsgemäßen anorganisch-organischen Hybridverbindungen vorteilhaft, da sich so die anorganisch-organische Hybridverbindung aus löslichen Vorläuferverbindungen ausfällen lässt. Die Messung bzw. Bestimmung der molaren Löslichkeit kann mittels des Lambert-Beer'schen Gesetzes über die Konzentrationsbestimmung des gelösten, fluoreszierenden Anions (in Abwesenheit biogener Amine) erfolgen.

[0027] Eine typische Synthese einer anorganisch-organischen Hybridverbindung erfolgt als Fällungsreaktion aus wässriger Lösung und umfasst die Schritte:
  1. (a) Lösen eines Salzes eines Fluoreszenzfarbstoffes in Wasser;
  2. (b) Zugabe einer Lösung eines Metallsalzes in Wasser;
  3. (c) Nachrühren des Reaktionsgemisches und anschließendes Aufarbeiten.


[0028] Um in Schritt (a) eine Lösung zu erhalten, wird das Salz des Fluoreszenzfarbstoffes, gegebenenfalls unter Temperaturerhöhung und Einstellen des pH-Wertes, in Wasser gerührt, bis es vollständig gelöst ist.

[0029] Die Zugabe der Metallsalzlösung in Schritt (b) kann bei erhöhter Temperatur erfolgen. Nach Zusammenbringen der beiden Lösungen ist ein Farbumschlag zu beobachten und die erfindungsgemäßen anorganisch-organischen Hybridverbindungen fallen als Nanopartikel aus.

[0030] In Schritt (c) wird das Reaktionsgemisch bis zum Abschluss der Reaktion weiter gerührt und anschließend abzentrifugiert. Das erhaltene Pellet wird zweimal in Wasser resuspendiert und erneut abzentrifugiert und zuletzt in Wasser oder einer Pufferlösung dispergiert.

[0031] Wie vorstehend beschrieben ist der biogene Amin-Botenstoff bevorzugt Histamin. Wenn der biogene Amin-Botenstoff Histamin ist, stammt das Histamin bevorzugt von einer IgE-vermittelten Aktivierung basophiler Granulozyten.

[0032] Die IgE-vermittelte Aktivierung basophiler Granulozyten findet vorzugsweise ex vivo statt. Hierfür werden basophile Granulozyten eines Spenders durch Anwendung eines Waschverfahrens bei niedrigem pH-Wert von den an der Oberfläche gebundenen IgE Molekülen befreit. Die so vorbereiteten basophilen Granulozyten werden durch Inkubieren mit dem zu testenden Serum mit Patienten-spezifischen IgE Antikörpern beladen, so dass mit Anti-IgE-beladene anorganisch-organische Hybridverbindungen spezifisch an die basophilen Granulozyten binden können. Bei positiver Reaktion auf ein zu testendes Allergen schütten die basophilen Granulozyten Histamin aus. Durch seine höhere Affinität zu dem anorganischen Metall-Kation der anorganisch-organischen Hybridverbindung verdrängt das Histamin das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion, das dadurch frei in Lösung vorliegt. Die Menge des freien Fluoreszenzfarbstoff-Anions ist dabei abhängig von der Menge an freigesetztem Histamin. Die Menge von freigesetztem Histamin ist wiederrum abhängig von der Stärke der Immunantwort. Auf diese Weise kann eine in Schritt (c) bestimmte Konzentration von Histamin mit der Intensität einer Immunreaktion korreliert werden.

[0033] In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst Schritt (a) des erfindungsgemäßen Verfahrens vorzugsweise die Schritte

(a1) Isolieren von mononukleären Spenderzellen mittels Dichtegradientenzentrifugation, die die Population der basophilen Granulozyten enthalten;

(a2) Entfernen der auf der Oberfläche der basophilen Granulozyten gebundenen IgE Moleküle mittels Waschen bei niedrigem pH (stripping);

(a3) Beladen der basophilen Granulozyten mit Patienten-spezifischen IgE Molekülen durch Inkubieren mit dem zu testenden Serum;

(a4) Waschen der Zellpopulation;

(a5) Zugeben einer mit Anti-IgE-beladenen, wie vorstehend definierten anorganisch-organischen Hybridverbindung, beispielsweise Ag4(PTCDA)-Nanopartikel; und

(a6) Hinzufügen des zu testenden Allergens.



[0034] In Schritt (b) wird die Konzentration des in Lösung vorliegenden organischen Farbstoff-Anions photometrisch bestimmt. Aufgrund der kompetitiven Art der Freisetzung durch das Histamin kann von der photometrisch bestimmten Konzentration des organischen Farbstoff-Anions direkt auf die Konzentration des Histamins rückgeschlossen werden (Schritt (c)). Hierbei korreliert eine höhere Konzentration des organischen Farbstoff-Anions mit einer höheren Konzentration des Histamins. Von der Konzentration des Histamins kann wiederum auf die Intensität der Immunantwort geschlossen werden.

[0035] Korrelieren bezeichnet hierbei das Ableiten einer Größe von einer anderen, bekannten Größe mit Hilfe von z.B. bekannten Proportionalitäten oder Experimenten mit definierten Bedingungen.

[0036] Die Figuren zeigen:

Figur 1: IgE-vermittelte Aktivierungsphase. Die diagnostischen Tests durch die Verwendung von Allergen + Antikörper-modifizierten Nanopartikeln werden durch Hybridnanopartikel realisiert.

Figur 2: Schematische Darstellung der Synthese der nicht-fluoreszierenden Nanopartikel und deren Verwendung zur Detektion von Histamin über eine Freisetzung des dann lumineszierenden Fluoreszenzfarbstoffs.

Figur 3: Fluoreszenzlöschung von Calcein während der Partikelbildung: Cu(calc)-Suspension (links) und Calceinlösung (rechts) unter A) Kaltlicht, B) UV-Licht bei 245 nm; C) Emissionsspektrum der Cu(calc)-Nanopartikel (rot) und Calceinlösung (schwarz), jeweils 0,5 µm.

Figur 4: Mechanismus der Freisetzung von Calcein mit Hilfe des biogenen Amin-Botenstoffes Histamin aus dem entsprechenden Metallkomplex M(calc).

Figur 5: Umkehrung der Fluoreszenzlöschung durch Histamin. Die bevorzugte Komplexbildung von Histamin mit Cu2+ setzt Calcein aus Cu(calc)-Nanopartikeln frei. Die freigesetzte Menge an Calcein und damit auch die Lumineszenzintensität (gemessen nach einer Stunde) ist von der Konzentration an Histamin abhängig: 0,5 µM Cu(calc) + 0, 0,5, 5,0, 50,0, 500,0, 5000,0 µM Histamin.


Beispiele:


Ausführungsbeispiel 1: Cu(calc)-Nanopartikel:



[0037] Die Synthese von Cu(calc)-Nanopartikeln erfolgt über eine wasserbasierte Fällungsreaktion von Cu(NO3)2 x 3H2O mit Natriumcalceinat. Natriumcalceinat (100 mg, 0,15 mmol, 1,1 eq) wird bei 75 °C für mindestens eine Stunde in 250 mL Wasser gelöst. Dies resultiert in einer gelben, schwach lumineszierenden Lösung. Nach Absenken der Temperatur auf 65 °C wird eine Lösung von Cu(NO3)2 x 3H2O (32 mg, 0,14 mmol, 1,0 eq) in 0,5 mL Wasser injiziert. Dabei findet eine sofortige Farbänderung der Flüssigkeit von leuchtend gelb zu gelborange statt. Das Reaktionsgemisch wird zwei Mal mit Wasser gewaschen, d.h. abzentrifugiert (15 min, 25000 rpm), und erneut in Wasser resuspendiert. Zuletzt wird je nach Verwendungszweck in Wasser oder Pufferlösung dispergiert.

Ausführungsbeispiel 2: Ag2PTC-Nanopartikel:



[0038] Die Synthese von Ag2PTC-Nanopartikeln erfolgt über eine wasserbasierte Fällungsreaktion von AgNO3 mit Perylentetracarbonsäure (PTC). Perylentetracarbonsäure wird in Form ihres Anhydrids, Perylentetracarbonsäureanhydrid (PTCA), eingesetzt (70 mg, 0,18 mmol, 1 eq) und in 50 mL Wasser suspendiert. Diese Suspension wird mit NaOH (10 M) auf pH=8 eingestellt, für eine Stunde auf 60 °C erhitzt und anschließend über Nacht gerührt. Man erhält eine rote Suspension und eine grüne Lösung. Bei einer Temperatur von 65 °C wird eine Lösung von AgNO3 (15 mg, 0,09 mmol, 0,5 eq) in 5 mL Wasser zugegeben. Dabei ändert sich die Farbe der Flüssigkeit von leuchtend grün zu orange-braun. Das Reaktionsgemisch wird 5 min nachgerührt und anschließend aufgearbeitet. Die orangebraune Suspension wird zweimal mit Wasser gewaschen, d.h. abzentrifugiert (15 min, 25000 rpm), und erneut in Wasser resuspendiert. Zuletzt wird je nach Verwendungszweck in Wasser oder Pufferlösung dispergiert.

Ausführungsbeispiel 3: Verwendung der Nanopartikel für den Fluoreszenznachweis mit basophilen Granulozyten



[0039] Mononukleäre Zellen (MNZ) werden von Spendern mittels Dichtegradientenzentrifugation isoliert. Diese MNZ-Zellfraktion enthält die Population der basophilen Granulozyten. Durch Anwendung eines Waschverfahrens mit niedrigem pH können die auf den basophilen Granulozyten gebundenen IgE Moleküle entfernt werden ("Stripping"). Durch Inkubation der Zellpopulation mit zu testendem Serum können die basophilen Granulozyten mit Patienten-spezifischen IgE-Molekülen beladen werden. Werden nach Waschen der Zellpopulation mit Anti-IgE-beladene Ag4(PTCDA)-Nanopartikel hinzugefügt, binden diese spezifisch an die basophilen Granulozyten (PTCDA = 3,4,9,10-Perylentetracarbonsäuredianhydrid). Wird zusätzlich das zu testende Allergen hinzugefügt, findet bei positiver Reaktion eine Ausschüttung von Histamin statt, das durch die Ag4(PTCDA)-Nanopartikel in ein Fluoreszenzsignal umgewandelt wird. Verursacht das Allergen keine Ausschüttung von Histamin, findet keine Erhöhung des Fluoreszenzsignals statt.


Ansprüche

1. Verfahren zum Nachweis eines biogenen Amin-Botenstoffs in einem ex-vivo Schnelltest, umfassend die Schritte

(a) in Kontakt bringen einer anorganisch-organischen Hybridverbindung in Form von Nanopartikeln mit einem Partikeldurchmesser im Bereich von 1 bis 100 nm, bestehend aus einem anorganischen Metall-Kation, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Cu+, Cu2+, Ag+, Zn2+, Au+ und Au3+, und einem organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anion, das mindestens eine Carboxylat-Gruppe enthält, mit dem biogenen Amin-Botenstoff in einer Suspension, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung eine molare Löslichkeit in Wasser von höchstens 10-2 mol/l aufweist und wobei das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion aufgrund der höheren Affinität des biogenen Amin-Botenstoffs zu dem anorganischen Metall-Kation in einer Menge relativ zu der Menge des biogenen Amin-Botenstoffs freigesetzt wird;

(b) photometrisches Bestimmen der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions; und

(c) Korrelieren der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions mit der Konzentration des biogenen Amin-Botenstoffs.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion ein Anion eines Fluoreszenzfarbstoffes, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Fluorescein und Fluorescein-Derivaten, Perylen-Derivaten, Rhodamin und Rhodamin-Derivaten und Cyaninen, ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das organische Fluoreszenzfarbstoff-Anion ein Anion von Calcein oder 3,4,9,10-Perylentetracarbonsäure ist.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei der biogene Amin-Botenstoff aus der Gruppe, bestehend aus Histamin, Serotonin, Dopamin, γ-Aminobuttersäure, Adrenalin, Noradrenalin, Heparin, Thyroxin und Triiodthyronin, ausgewählt ist.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei der biogene Amin-Botenstoff Histamin ist.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei das Histamin bei einer IgE-vermittelten Aktivierung basophiler Granulozyten freigesetzt wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei das anorganische Metallkation Cu+, Cu2+ oder Ag+ ist.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung in kristalliner oder röntgenamorpher Form vorliegt.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei die photometrische Bestimmung der Konzentration des freien organischen Fluoreszenzfarbstoff-Anions mittels Durchflusszytometrie durchgeführt wird.
 
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung mit einem Antikörper, Peptid oder Oligonukleotid funktionalisiert ist.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, wobei die anorganisch-organische Hybridverbindung auf einem Substrat fixiert ist.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 11, wobei die in Schritt (c) bestimmte Konzentration des Histamins mit der Intensität einer Immunreaktion korreliert wird.
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, wobei Schritt (a) die folgenden Schritte umfasst:

(a1) Isolieren von mononukleären Spenderzellen mittels Dichtegradientenzentrifugation, die die Population der basophilen Granulozyten enthalten;

(a2) Entfernen der auf der Oberfläche der basophilen Granulozyten gebundenen IgE Moleküle mittels Waschen bei niedrigem pH (stripping);

(a3) Beladen der basophilen Granulozyten mit Patienten-spezifischen IgE Molekülen durch Inkubieren mit dem zu testenden Serum;

(a4) Waschen der Zellpopulation;

(a5) Zugeben einer mit Anti-IgE-beladenen, wie vorstehend definierten anorganisch-organischen Hybridverbindung, vorzugsweise Ag4(PTCDA)-Nanopartikel; und

(a6) Hinzufügen eines zu testenden Allergens.


 




Zeichnung