[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Rekonstruieren eines Schienenprofils oder
zum Verbindungsschweißen von Schienen gemäß Patentanspruch 1.
HINTERGRUND DER ERFINDUNG
[0002] Eisenbahn- oder Straßenbahnschienen werden beim Befahren mit Schienenfahrzeugen in
der Regel stark beansprucht und unterliegen daher einem relativ hohen Verschleiß.
Typische Verschleißerscheinungen sind z. B. Ausfahrungen auf der Lauffläche oder an
Seitenflächen der Schiene. Im Folgenden werden verschiedene Verschleißerscheinungen
und die nachfolgende Rekonstruktion des Schienenprofils, wie sie im Stand der Technik
durchgeführt wird, anhand der Figuren 1 bis 4 am Beispiel einer Straßenbahnschiene
kurz erläutert.
AUFGABE DER ERFINDUNG
[0003] Fig. 1 zeigt eine Querschnittsansicht einer typischen Straßenbahnschiene 1 für einen
eingedeckten Bereich, die dazu vorgesehen ist, in eine Fahrbahn oder einen Fußgängerbereich
flächenbündig zur Oberfläche eingesetzt zu werden. Die Schiene 1 umfasst einen Fahrkopf
3 mit einer Lauffläche 7, auf der die Räder eines Schienenfahrzeugs abrollen. An den
Fahrkopf 3 angrenzend ist außerdem eine Rille 6 vorgesehen, in der der Spurkranz der
Räder des Schienenfahrzeugs geführt wird. Außen angrenzend befindet sich dann der
sogenannte Radlenker 5. Der Übergangsbereich zwischen der Lauffläche 7 und der Rille
6 wird als Fahrkante 4 bezeichnet.
[0004] An der Unterseite des Fahrkopfes 3 ist ein schmaler, stegartiger Übergangsbereich
9 gebildet, der in einen Schienenfuß 2 mündet. Wie eingangs erwähnt wurde, unterliegen
derartige Schienen 1 einem erheblichen Verschleiß. Typische Verschleißerscheinungen
sind beispielhaft in Fig. 2 dargestellt.
[0005] Wie in Fig. 2 zu erkennen ist, zeigt die Schiene 1 eine Ausfahrung 10 in der Lauffläche
7, die durch das Abrollen der Räder von Schienenfahrzeugen entstanden ist. Außerdem
zeigt die Schiene 1 seitliche Verschleißerscheinungen 11, 12 an der Fahrkante 4 sowie
am Radlenker 5, wie sie insbesondere an Kurvenstrecken auftreten. Darüber hinaus kann
auch der Rillenboden der Rille 6 abgenutzt sein, wie schematisch dargestellt ist.
[0006] Um das ursprüngliche Schienenprofil zu rekonstruieren, werden im Stand der Technik
mittels eines Schweißverfahrens (so genanntes Auftragsschweißen) mehrere Lagen von
metallischem Material auf den verschlissenen Bereich 10 - 12 aufgebracht.
[0007] Fig. 3 zeigt einen Zustand, in dem bereits mehrere übereinander liegende Lagen 8a
- 8x metallischen Materials 14 auf die verschlissenen Bereiche 10 - 12 der Schiene
1 aufgebracht wurden. Jede der Lagen 8a - 8x kann beispielsweise 1 mm bis 5 mm dick
sein. Die oberste Lage ist dabei eine sogenannte Decklage 20, die sich dadurch auszeichnet,
dass sie über ein gewünschtes Soll-Profil 13 der Schiene, welches rekonstruiert werden
soll (in der Regel entspricht dieses etwa dem ursprünglichen Profil im Neuzustand),
nach außen übersteht und deren Materialhärte den Vorgaben angepasst werden kann. Nach
dem Auftragen der Decklage 20 wird die Oberfläche der Schiene 1 dann so weit abgeschliffen,
bis das gewünschte Soll-Profil 13 erreicht ist.
[0008] Der finale Zustand ist in Fig. 4 dargestellt. Wie zu erkennen ist, hat der Fahrkopf
3 in Fig. 4 wieder sein ursprüngliches Profil. Die ausgefahrenen bzw. verschlissenen
Bereiche 10 - 12 sind mit dem metallischem Material 14 aufgefüllt.
[0009] Das vorstehend beschriebene Verfahren zum Rekonstruieren des Profils einer Schiene
1 hat den Nachteil, dass nach dem Auftragsschweißen, wenn die Schiene 1 abkühlt, im
aufgetragenen Material 14 ein relativ hoher Anteil an Martensit entsteht. Martensit
ist im Vergleich zu Schienenstahl sehr hart und spröde, wodurch es zu einer Rissbildung
an den geschweißten Bereichen kommen kann. Außerdem verschlechtert sich die Materialgüte
und die Schiene wird schneller abgenutzt. Um die Ausbildung von Martensit zu verringern,
ist es bekannt, die Schiene im Schweißbereich vorzuwärmen. Dadurch wird ein Wärmestau
erzeugt, der dazu führt, dass das aufgetragene Material langsamer abkühlt und sich
somit die Martensitbildung verringert. Dies geschieht im offenen Oberbau bei Vorwärmtemperaturen
von üblicherweise 300°C bis 400°C. Eine Rillenschiene im eingedeckten Bereich kann
aber nur bis maximal 160°C vorgewärmt werden, da es bei höheren Temperaturen zu Beschädigungen
von Bauteilen und Konstruktionselementen im umliegenden Bereich kommen kann. Wegen
der niedrigen Vorwärmtemperaturen kommt es daher insbesondere im eingedeckten Bereich
weiterhin zu einer Martensitbildung im aufgetragenen Material.
[0010] Ein allgemeines Verfahren zum Reparieren von Bauteilen durch Einsetzten eines in
einem Schichtprozess hergestellten Produkts ist aus der
WO 2017/200401 A1 bekannt.
[0011] Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Rekonstruieren
des Schienenprofils von verschlissenen Schienen zu schaffen, mit dem die Materialgüte
der rekonstruierten Schiene mit vergleichsweise geringem Aufwand deutlich verbessert
werden kann, bei einer deutlich niedrigeren Vorwärmtemperatur.
[0012] Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 angegebenen
Merkmale. Weitere Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0013] Gemäß der Erfindung wird ein Verfahren zum Rekonstruieren des Schienenprofils von
verschlissenen Schienen, insbesondere Eisenbahn- oder Straßenbahnschienen, vorgeschlagen,
das wenigstens die folgenden Schritte umfasst: das Auftragen mehrerer übereinander
liegender Lagen metallischen Materials auf einen verschlissenen Bereich der Schiene,
bis hin zum Auftragen einer Decklage mit definierter Soll-Härte, die über ein gewünschtes
Sollprofil der Schiene, welches rekonstruiert werden soll, nach außen übersteht; das
Auftragen wenigstens einer weiteren Lage, welche im Folgenden auch als Opferlage bezeichnet
wird, aus einem metallischen Material auf die Decklage, und das vollständige Abtragen
der Opferlage und eines Teils der Decklage bis zum Erreichen des Sollprofils.
[0014] Durch das Auftragen der so genannten Opferlage auf die Decklage wird erreicht, dass
die Opferlage die darunter liegenden Lagen erwärmt, wodurch es zu einem Anlassprozess
kommt, der den Martensitanteil in den darunter liegenden Lagen verringert. Dadurch
kann die Materialgüte der rekonstruierten Schiene mit einem relativ geringen Aufwand
deutlich verbessert werden. In einer erfindungsgemäß rekonstruierten Schiene kommt
es dadurch zu weniger Rissbildungen und die Schiene hat längere Standzeiten. Das gleiche
Verfahren kann auch beim Verbinden zweier Schienenstücke eingesetzt werden.
[0015] Die Erfindung betrifft die Reparatur von Schienen von Schienenfahrzeugen, wie z.
B. Eisenbahn- oder Straßenbahnschienen, die aus Metall bestehen.
[0016] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird der zu rekonstruierende
Abschnitt der Schiene vor dem Auftragen der einzelnen Lagen auf eine vorgegebene Vorwärmtemperatur
aufgewärmt. Das Vorwärmen kann beispielsweise mit einem Gasbrenner oder einem elektrischen
Heizgerät durchgeführt werden. Die Vorwärmtemperatur beträgt vorzugsweise weniger
als 100°C und insbesondere weniger als 80°C. Sie kann beispielsweise bei etwa 50°C
liegen. Die Vorwärmtemperatur ist dabei eine Temperatur, die direkt auf der Schweißung
oder in unmittelbarer Nähe davon gemessen wird. Durch die niedrige Vorwärmtemperatur
wird die während des Schweißprozesses herrschende Maximaltemperatur um bis zu 50°C
abgesenkt. Eine Schädigung von umliegenden Konstruktionselementen kann dadurch weitestgehend
verhindert werden.
[0017] Die auf die Decklage aufgetragene Opferlage hat vorzugsweise eine Dicke von wenigstens
1 mm. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt die Dicke der
Opferlage zwischen 1 und 5 mm.
[0018] Die Decklage kann prinzipiell aus demselben metallischen Material wie die darunter
liegenden Lagen, oder alternativ auch aus einem anderen Material bestehen. Das Material
der darunterliegenden Lagen ist vorzugsweise ein schweißbarer Stahl. Die Regelhärte
liegt beispielsweise im Bereich 200 HV - 300 HV (Vickershärte). Das Material der Decklage
ist vorzugsweise ebenfalls ein schweißbarer Stahl, die Härte kann je nach Legierungsbestandteilen
im Bereich 200 HV - 500 HV gewählt werden.
[0019] Die auf die Decklage aufgebrachte Opferlage kann ebenfalls aus demselben oder einem
anderen Material bestehen wie die darunterliegenden Lagen. Das Material der Opferlage
ist vorzugsweise ein schweißbarer Stahl, im einfachsten Fall mit normaler Regelhärte
von 200 HV - 300 HV.
KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
[0020] Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnung beispielhaft näher
erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 ein Profil einer beispielhaften Straßenbahnschiene im Neuzustand;
Fig. 2 die Schiene von Fig. 1 in einem abgenutzten Zustand;
Fig. 3 die Schiene von Fig. 1 in einem gemäß dem Stand der Technik teilweise rekonstruierten
Zustand;
Fig. 4 die Schiene von Fig. 3 im gemäß dem Stand der Technik vollständig rekonstruierten
Zustand;
Fig. 5 die Schiene von Fig. 1 in einem gemäß der Erfindung teilweise rekonstruierten
Zustand, in dem eine zusätzliche Opferlage auf die Decklage aufgetragen worden ist;
und
Fig. 6 die Schiene von Fig. 5 im vollständig rekonstruierten Zustand.
[0021] Bezüglich der Erläuterung der Fig. 1 und 2 wird auf die Beschreibungseinleitung verwiesen.
Die in Fig. 2 dargestellte Schiene 1 zeigt mehrere verschlissene Bereiche 10, 11,
12, die im Laufe der Zeit durch Abnutzung entstanden sind. Um das ursprüngliche Profil
13 der Schiene 1 zu rekonstruieren, kann beispielsweise folgendes Verfahren durchgeführt
werden:
In einem ersten Schritt werden vorzugsweise altes Schweißgut und andere Rückstände
wie Rost, Schmiermaterial und Dreck durch Abschleifen der Schiene 1 entfernt. Zudem
wird dadurch ein gleichmäßig geformter Schweißbereich hergestellt.
[0022] Danach wird der zu rekonstruierende Bereich der Schiene 1 vorzugsweise auf eine vorgegebene
Vorwärmtemperatur gebracht. Dies kann beispielsweise mittels eines Gasbrenners oder
eines elektrischen Heizgeräts durchgeführt werden. Die Vorwärmtemperatur im Schweißbereich
liegt dabei vorzugsweise bei 100°C oder weniger und insbesondere unter 80°C. Sie kann
beispielsweise etwa 50°C betragen. Sofern die Schiene z. B. aufgrund von Sonneneinstrahlung
die gewünschte Temperatur bereits aufweist, kann auf das Vorwärmen verzichtet werden.
Ein Vorwärmen erfolgt vorzugsweise nur, wenn die Schienentemperatur niedriger als
die gewünschte Temperatur ist.
[0023] Danach wird Schweißgut in mehreren übereinanderliegenden Lagen 8a - 8x jeweils auf
die verschlissenen Bereiche 10, 11, 12 der Schiene 1 aufgetragen. Typischerweise können
beispielsweise ein bis zwölf Lagen aus einem metallischen Material 14 aufgeschweißt
werden, die jeweils eine Stärke von 1-10 mm aufweisen können.
[0024] Wie in Fig. 3 zu sehen ist, wird als vorläufiger Abschluss eine sogenannte Decklage
20 auf die darunter liegenden Lagen 8a - 8x aufgetragen, die über das gewünschte Soll-Profil
13 nach außen übersteht. Die Decklage 20 kann ebenfalls eine Stärke von 1-10 mm aufweisen.
Sie kann auch aus demselben oder aus einem unterschiedlichen Material bestehen, wie
die darunter liegenden Lagen 8a - 8x.
[0025] Gemäß der Erfindung wird die Decklage 20 aber nicht abgeschliffen, wie in Fig. 4
(Stand der Technik) gezeigt ist, sondern es wird eine weitere Lage 40 - die sogenannte
Opferlage - aus einem metallischen Material 14 auf die Decklage 20 aufgetragen. Dadurch
wird die darunter liegende Decklage 20 erwärmt und es kommt zu einem Anlassprozess,
der dazu führt, dass sich der Martensitanteil in der Decklage 20 und den darunter
liegenden Lagen 8a - 8x verringert und sich die Materialgüte der Schiene entsprechend
verbessert. Fig. 5 zeigt einen Zustand, in dem an verschiedenen rekonstruierten Bereichen
jeweils eine Opferlage 40 aufgebracht ist.
[0026] In einem abschließenden Schritt wird dann, nach Entfernen von Schlacke, das ursprüngliche
Profil bzw. Soll-Profil 13 der Schiene 1 durch einen Schleif- oder Fräsprozess wieder
hergestellt. Fig. 6 zeigt schließlich die fertig rekonstruierte Schiene 1.
[0027] Für das Aufbringen der einzelnen Lagen 8a - 8x, 20, 40 können verschiedene aus dem
Stand der Technik bekannte Schweißverfahren eingesetzt werden, wie zum Beispiel Lichtbogenschweißen,
Metallschutzgasschweißen, Unterpulverschweißen, Laserschweißen oder Induktionsschweißen.
1. Verfahren zum Rekonstruieren des Schienenprofils von verschlissenen Schienen (1) oder
zum Verbindungsschweißen von Schienen (1), umfassend folgende Schritte:
- Auftragen mehrerer übereinander liegender Lagen (8a - 8x) metallischen Materials
(14) auf einen verschlissenen Bereich (10, 11, 12) der Schiene (1), bis hin zum Auftragen
einer Decklage (20), die über ein gewünschtes Soll-Profil (13) der Schiene (1) nach
außen übersteht,
- Auftragen wenigstens einer weiteren Lage (40) aus einem metallischen Material (14)
auf die Decklage (20) und
- vollständiges Abtragen der weiteren Lage (40) und eines Teils der Decklage (20)
bis zum Erreichen des Soll-Profils (13).
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Schiene (1) an einem zu rekonstruierenden Schienenabschnitt bzw. einem Endabschnitt
auf eine vorgegebene Vorwärmtemperatur vorgewärmt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Vorwärmtemperatur niedriger ist als 80°C und insbesondere etwa 50°C beträgt.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die auf der Decklage (20) aufgetragene weitere Lage (40) eine Dicke von wenigstens
2 mm, insbesondere zwischen 2 mm und 5 mm aufweist.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Decklage (20) aus einem anderen Material besteht wie die darunter liegenden Lagen
(8a - 8x).
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die auf die Decklage (20) aufgebrachte weitere Lage (40) aus einem anderen Material
besteht wie die darunter liegenden Lagen (8a - 8x, 20).