[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erkennen eines Fahrschlauchs
bei schienengebundenen Fahrzeugen, zur Verwendung als Hilfsmittel zur Kollisionsvermeidung
im Bereich der Fahrerassistenzsysteme.
[0002] Fahrerassistenzsysteme helfen dem Fahrer bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als
Führer eines Fahrzeugs und sind im Bereich der schienenlosen Kraftfahrzeuge Stand
der Technik. Systeme wie beispielsweise eine Abstandskontrolle zum vorausfahrenden
Fahrzeug oder Assistenten zum Spurhalten oder Spurwechseln nehmen eine wichtige Rolle
zur Unfallprävention im dichterwerdenden Straßenverkehr ein. Einen besonders großen
Beitrag dazu leisten Kollisionswarn- und Unfallvermeidungssysteme.
[0003] Diese erkennen Hindernisse auf der Fahrspur, mit denen es zu einer Kollision kommen
kann und geben die Information über ein Warnungserzeugungssystem durch optische, akustische
oder haptische Signale weiter. Falls der Fahrer nicht reagiert, können sogar Maßnahmen
eingeleitet werden, um das Fahrzeug im Notfall noch rechtzeitig vor dem Kontakt mit
dem Hindernis zum Stehen zu bringen, oder zumindest die Aufprallenergie deutlich zu
verringern, und somit den möglichen Schaden zu minimieren.
[0004] Die meisten Kollisionswarnsysteme dieser Art arbeiten bei der Kollisionsberechnung
mit einem sogenannten Fahrschlauch. Der Fahrschlauch bestimmt den Bereich, den das
Fahrzeug mit seinem Lichtprofil auf der voraussichtlichen Fahrspur durchfährt. Er
beschreibt damit eine Trajektorie, in der das Fahrzeug sich in einem oder mehreren
darauffolgenden Zeitabschnitt(en) bewegen wird.
[0005] Durch eine Messung des aktuellen Lenkwinkels und weiterer Fahrzeugparameter lassen
sich präzise Aussagen über den Verlauf des Fahrschlauchs gewinnen. Neben dem Lenkwinkel
werden zur Bestimmung des Fahrschlauchs zudem meist optische Sensoren wie beispielsweise
Kameras verwendet, die Fahrbahnmarkierungen wie Mittellinien oder Seitenstreifen erkennen
und aufnehmen.
[0006] Jedoch weisen diese Fahrschläuche üblicherweise eine mit der Entfernung zum Fahrzeug
wachsende Unschärfe auf, da der Verlauf eines Fahrschlauchs wie erwähnt vom aktuellen
Lenkwinkel und damit von der Bedienung des Fahrzeugführers abhängig ist und der Lenkimpuls
des Fahrers in der Regel nicht vollständig vorhergesagt werden kann.
[0007] Zur Erfassung der Umgebung und damit zur Erkennung von möglicherweise kollisionsverursachenden
Objekten und Hindernissen, werden ebenfalls optische Sensoren, aber auch Radar-, Lidar-
oder Ultraschallsensoren, verwendet.
[0008] Aus dem erfassten Fahrschlauch des Fahrzeugs und den Sensordaten ermitteln Analysemodule
die aktuelle Situation und ergreifen anschließend Maßnahmen zur Unfallvermeidung,
wie beispielsweise das Auslösen einer oder mehrerer Warnstufen, bis hin zum Eingriff
in das Bremssystem.
[0009] Kollisionswarn- und Vermeidungssysteme für schienengebundene Fahrzeuge befinden sich
noch in der Erprobung und sind noch nicht weit verbreitet. Ein Hauptproblem stellt
dabei bisher die Ermittlung eines exakten Fahrschlauchs dar, da Schienenfahrzeuge
wie Straßenbahnen häufig enge Kurven von 90° und mehr durchfahren und optische Sensorsysteme
den Fahrschlauch, und gegebenenfalls kollisionsverursachende Hindernisse, durch eine
zu wenig in Fahrtrichtung ausgerichtete Sensororientierung nur unzureichend erfassen
können. Des Weiteren fehlen bei Schienentrassen in der Regel optische Markierungen,
die eine Voraussetzung für eine Erkennung des Fahrschlauches durch optische Sensoren
sind. Zudem ist die Aufnahme eines Lenkwinkels bei Schienenfahrzeugen nicht möglich.
Somit ist eine zuverlässige und präzise Aufnahme des Fahrschlauchs nach herkömmlichen
bekannten Mitteln aus dem schienenlosen Verkehr nicht umzusetzen.
[0010] Dennoch soll auf die Sicherheit, die Fahrerassistenzsysteme und im Besonderen Kollisionswarn-
und Unfallvermeidungssysteme den Teilnehmern im modernen Straßenverkehr bieten können,
nicht verzichtet werden.
[0011] Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des erfindungsgemäßen Verfahrens, der erfindungsgemäßen
Vorrichtung und des erfindungsgemäßen Analysemoduls, eine Möglichkeit zur zuverlässigen
und präzisen Erkennung des Fahrbahnschlauchs anzubieten, um die Vorteile moderner
Fahrerassistenzsysteme auch auf schienengebundene Fahrzeuge anzuwenden.
[0012] Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren sowie mit einer Vorrichtung gemäß der nebengeordneten
Ansprüche gelöst. Zur präzisen und zuverlässigen Erkennung des Fahrschlauchs wird
der Verlauf der Fahrtstrecke aufgenommen. Da Schienenfahrzeuge wie Straßenbahnen ausschließlich
auf einem festgelegten Schienennetz fahren, kann somit der zurückzulegende Pfad des
Fahrzeugs definitiv bestimmt werden.
[0013] Das gewonnene digitale Streckennetz kann in einer Datenbank hinterlegt werden und
steht somit für künftige Fahrten zur Verfügung. In Verbindung mit der aktuellen Position
des Fahrzeugs und dessen Bewegungsdaten, wie Beschleunigung und Geschwindigkeit, die
ebenfalls erfasst werden müssen, kann somit der Fahrschlauch mit einer erfindungsgemäßen
Vorrichtung sehr genau bestimmt werden.
[0014] Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
[0015] Das Speichern weiterer Streckeninformationen, wie einem Kurvenprofil, einem Geschwindigkeitsprofil
oder einem Höhenprofil beim Überführen des Streckennetzes in ein digitales Streckennetz
in eine Datenbank nach Anspruch 3, ermöglicht die Weiterverwendung der betreffenden
Daten für weitere Systeme zur Steigerung der Sicherheit oder der Effizienz des Antriebs.
Nutzbare Einsatzmöglichkeiten sind beispielsweise ein Geschwindigkeitswarnsystem im
Falle einer Überschreitung einer als Geschwindigkeitsprofil hinterlegten Maximalgeschwindigkeit
oder ein System, das das Höhenprofil einer Strecke für die Effizienzverbesserung des
Antriebs nutzen kann. Somit können wichtige Aspekte wie Sicherheit und Verbrauchsreduzierung
weiter verbessert werden.
[0016] Eine Überführung des Streckennetzes in ein digitales Streckennetz unter Zuhilfenahme
einer Ortungstechnologie wie GPS gemäß Anspruch 4, stellt eine zuverlässige und technisch
einfache Möglichkeit zur Umsetzung des Überführens des Streckennetzes dar.
[0017] Gleiches gilt für die Erfassung der Bewegungsdaten mit Hilfe einer Ortungstechnologie.
[0018] Die Erfassung der Geschwindigkeit und der Beschleunigung als Bewegungsdaten, ermöglicht
eine präzisere Ausrichtung der Sensoren sowie eine präzisere Berechnung des Fahrschlauchs
und erlaubt ebenso wie zuvor beschrieben die Anwendbarkeit weiterer sicherheitsrelevanter
Technik, wie eines Geschwindigkeitswarnsystems.
[0019] Die Aufnahme eines Zeitstempels gemäß Anspruch 7, ermöglicht eine vergleichsweise
leichte Zuordnung zwischen jeweiligen Positionsdaten und Bewegungsdaten.
[0020] Nachfolgend wird die Erfindung im Detail anhand der
Fig. 1, die ein Blockdiagramm zur Darstellung des Ablaufs des Verfahrens zeigt, näher erläutert.
Ausführungsbeispiel:
[0021] Zunächst wird das physische Streckennetz 1 in ein digitales Streckennetz 2 per GPS
überführt und in einer Datenbank gespeichert. Zudem werden die Positionsdaten 4 des
Fahrzeugs aus der aktuellen Position 3 des Fahrzeugs ebenfalls per GPS zusammen mit
einem zugehörigen Zeitstempel, der die Information des aufgenommenen Zeitpunkts enthält,
erfasst. Ebenso werden die aktuellen Bewegungsdaten 6 des Fahrzeugs, wie Geschwindigkeit
und Beschleunigung, über dafür geeignete Sensoren ebenfalls mit einem Zeitstempel
aufgenommen.
[0022] Die somit erhaltenen Informationen der aktuellen Positionsdaten 4 und der aktuellen
Bewegungsdaten 6 werden zusammen mit dem digitalen Streckennetz an eine Vorrichtung
zur Ermittlung des Fahrschlauchs 9 weitergegeben. Dort werden die aktuellen Positionsdaten
4 in das digitale Streckennetz 2 gelegt und die Bewegungsdaten 6 anhand des Zeitstempels
zu den entsprechenden Positionsdaten 4 zugeordnet. Damit kann die Fahrschlauchermittlungsvorrichtung
9 den Fahrschlauch 10 ermitteln.
[0023] Die somit gewonnenen Informationen des Fahrschlauchs werden verwendet, um die Ausrichtung
der Sensoren 11 in Richtung der Bewegung des Fahrzeugs zu optimieren, um so potentielle
kollisionsverursachende Objekte und die für den Fahrschlauch relevante Umgebung besser
zu erfassen.
[0024] Weiterhin werden die Informationen zusammen mit den Daten der Objekt-/ Umgebungserkennung
8, die durch die Sensoren 12, wie optische Sensoren, Radarsensoren oder dergleichen,
zur Erkennung von kollisionsverursachenden Objekten und der Umgebung erfasst wurden,
an ein Analysemodul 11 weitergegeben. Das Analysemodul entscheidet anschließend anhand
der gegebenen Informationen über die Maßnahmen die zur Kollisionsverhinderung ergriffen
werden. Maßnahmen können dabei von akustischen oder optischen Warnsignalen bis hin
zu einem Eingriff in das Bremssystem des Fahrzeugs reichen.
BEZUGSZEICHENLISTE
[0025]
- 1
- Streckennetz
- 2
- Digitales Streckennetz
- 3
- Position des Fahrzeugs
- 4
- Positionsdaten
- 5
- Bewegung des Fahrzeugs
- 6
- Bewegungsdaten
- 7
- Umgebung
- 8
- Daten der Objekt-/Umgebungserkennung
- 9
- Vorrichtung zur Ermittlung des Fahrschlauchs
- 10
- Fahrschlauch
- 11
- Analysemodul
- 12
- Sensoren
1. Verfahren zum Erfassen eines Fahrschlauchs (10) von schienengebundenen Fahrzeugen
mit folgenden Schritten:
(A) Bereitstellen eines Streckennetzes (1) auf dem sich das Fahrzeug bewegt in einem
digitalen Streckennetz (2);
(B) Ermitteln einer aktuellen Position (3) des Fahrzeugs und Erzeugung aktueller Positionsdaten
(4) des Fahrzeugs;
(C) Erfassen einer aktuellen Bewegung (5) des Fahrzeugs und Erzeugung von aktuellen
Bewegungsdaten (6) des Fahrzeugs;
(D) Ermitteln des Fahrschlauchs (10) anhand der erfassten Daten aus den Schritten
(A), (B) und (C).
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Streckennetz (1) in ein digitales Streckennetz
(2) überführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das digitale Streckennetz (2) aus Schritt
(A) einen Verlauf der Schienen und/oder Kurvenprofile und/oder Höhenprofile und/oder
Geschwindigkeitsprofile des Streckennetzes (1) aufweist und die zugehörigen Daten
als Geodaten gespeichert werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei das Überführen des Streckennetzes
(1) in ein digitales Streckennetz (2) in Schritt (A) unter Verwendung einer Ortungstechnologie
durchgeführt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei das Erfassen der Bewegungsdaten
(6) in Schritt (C) unter Verwendung einer Ortungstechnologie durchgeführt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei das Erfassen der Bewegungsdaten
(6) in Schritt (C) unter Verwendung von fahrzeugeigenen Daten durchgeführt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei die aktuellen Bewegungsdaten (6)
in Schritt (C) eine Beschleunigung und eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf den
Schienen aufweisen.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei bei dem Erfassen der aktuellen Positionsdaten
(4) und der aktuellen Bewegungsdaten (6) in Schritt (B) beziehungsweise Schritt (C)
ein Zeitstempel miterfasst wird.
9. Vorrichtung konfiguriert zum Ermitteln eines Fahrschlauchs (10) gemäß des Schritts
(D) aus Anspruch 1, wobei die Vorrichtung mindestens einen Datenspeicher, eine CPU-Einheit,
einen Dateneingangsabschnitt und einen Datenausgangsabschnitt aufweist.
10. Vorrichtung gemäß Anspruch 9, wobei die Vorrichtung dazu konfiguriert ist, die Zuordnung
der aktuellen Bewegungsdaten (6) und der aktuellen Positionsdaten (4) des Fahrzeugs
anhand von einem Zeitstempel der Bewegungsdaten (6) und der Positionsdaten (4) durchzuführen.
11. Analysemodul (11) aufweisend eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Fahrschlauchs nach
Anspruch 9 oder 10, wobei das Analysemodul dazu eingerichtet ist anhand des Fahrschlauchs
und den Daten der Objekt-/Umgebungserkennung (8) Wammaßnahmen oder Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung
einzuleiten.