[0001] Die Erfindung betrifft ein Schienenfahrzeug, mit einem ersten und wenigstens einem
weiteren, zweiten Wagenkasten, welche über ein erstes Gelenk miteinander gekuppelt
sind, wobei das erste Gelenk zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten angeordnet
und zumindest zur Ausführung einer Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens
um eine Hochachse des Schienenfahrzeugs und zur Übertragung von Antriebs- und Bremskräften
zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten geeignet ausgebildet ist.
[0002] Gelenkfahrzeuge, insbesondere großräumige Fahrzeuge zur Personenbeförderung, der
eingangs genannten Art, wie z. B. Schienenfahrzeuge des Personenverkehrs oder auch
Gelenkbusse, sind aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt.
[0003] Beim Befahren enger Gleistrassierungen können die Ausdrehwinkel der Fahrwerke von
Schienenfahrzeugen an ihre Auslegungsgrenzen kommen. Dies betrifft insbesondere Niederflurfahrzeuge,
bei denen die Ausdrehwinkel aufgrund der niederflurigen Ausführung über den Fahrwerken
konstruktiv eingeschränkt sind oder zu nicht hinnehmbar schmalen Fahrwerks-Durchgangsbreiten
führen würden.
[0004] Zu unterscheiden sind dabei sogenannte Doppelgelenkfahrzeuge, wie z.B. aus der
DE 10 2010 040 840 A1 bekannt, und Multigelenkfahrzeuge (z.B. aus der
DE 94 09 044 U1 oder der
EP 1 580 093 B1 bekannt) von sogenannten Einzelgelenkfahrzeugen (z.B. aus der
DE 35 04 471 A1 bekannt) oder auch Kurzgelenkwagen genannt. Einzelgelenkfahrzeuge weisen zwar gegenüber
Multigelenkfahrzeugen ein gutes dynamisches Fahrverhalten auf, können jedoch weiteren
Beschränkungen ihrer Fähigkeit zum Befahren enger Gleistrassierungen unterliegen.
Wesentlich ist jeweils die Anzahl der Gelenke, mittels welcher die Wagenkästen miteinander
verbunden sind, welche jeweils auf Fahrwerken oder Drehgestellen abgestützt sind.
[0005] Die ebenfalls in niederfluriger Ausführung gebauten klassischen Drehgestellfahrzeuge,
welche mittels Doppelgelenk bzw. Kupplung zu Gelenkfahrzeugen zusammengefügt werden
können, wie z.B. gemäß der
DE 195 43 183 A1, weisen bezüglich dem Befahren enger Gleistrassierungen ähnliche Beschränkungen auf
wie die Einzelgelenkfahrzeuge.
[0006] Auch Einzelgelenkfahrzeuge können mehrere Gelenke zwischen den Wagenkästen aufweisen.
Sie weisen beispielsweise untere und obere Gelenke auf. Die unteren Gelenke sind zur
Kupplung und Übertragung der Antriebs-, Brems- und gegebenenfalls Gewichtskräfte zwischen
den Wagenkästen vorgesehen. Die oberen Gelenke dienen der Freigabe oder der Einschränkung
von Nick-und/oder Wankbewegungen zwischen den Wagenkästen. Bei einer Wankbewegung
verwinden sich die Wagenkästen zueinander. Für wank- oder verwindeweiche obere Gelenke
sind eine Vielzahl von Lösungen bekannt, z.B. aus der
DE 1 164 246 A. Das obere Gelenk der
DE 1 164 246 A ist dabei nicht geeignet zur Übertragung von Antriebs- und Bremskräften zwischen
den Wagenkästen.
[0007] Die unteren Gelenke sind dabei oft als sphärisch bewegliche Gelenke ausgebildet und
über Konsolen mit den Wagenkästen starr verbunden. Diese unteren Gelenke lassen Drehbewegungen
der Wagenkästen um die Hochachse (z-Achse) und - je nach Ausführung - prinzipiell
auch Nickbewegungen sowie Wankbewegungen zu.
[0008] Multigelenkfahrzeuge oder Doppelgelenkfahrzeuge sind geeignet, enge Bogenfolgen ohne
Übergangsbögen oder mit kleinen Bogenradien zu befahren, jedoch müssen die Fahrwerke
mit einer hohen Ausdrehsteifigkeit an die Wagenkästen angebunden werden. Ansonsten
neigen die Fahrzeuge zu einem Ausknicken und einem damit verbundenen Entgleisen unter
Längskrafteinfluss beim Bremsen und Beschleunigen bzw. im Bergebetrieb. Dies führt
zu einem deutlich verschlechterten Fahrkomfort, einer geringeren dynamischen Sicherheit
gegen Entgleisen sowie zu einem erhöhten Rad-Schiene-Verschleiß. Ebenfalls nachteilig
bei den Multigelenkfahrzeugen gegenüber Einzelgelenkfahrzeugen ist, dass die langen
Sänftenmodule zu einer sehr ungleichmäßigen Achslastverteilung über das Fahrzeug,
und damit sehr hohen Achslasten an den mittleren Fahrwerken führen, und dass die Gelenke
einer hohen vertikalen Stützlast unterliegen. Die hohe Anzahl an Gelenkbereichen und
damit auch Wagenkästen führt weiterhin zu einem weniger attraktiven Innenraum sowie
einem hohen konstruktiven Aufwand.
[0009] Die
DE 10 2010 040 840 A1 zeigt ein Fahrzeug mit Doppelgelenk. Es wird vorgeschlagen, anstelle einer Nickkopplung
einen der Doppelgelenkspunkte nicksteif auszuführen, so dass sich ein Doppelgelenk
mit nur einem Nickfreiheitsgrad ergibt. Zusätzlich kann ein Längslenker im Dachbereich
angeordnet sein. Alternativ wird vorgeschlagen, ein 3-teiliges Fahrzeug so auszubilden,
dass jeweils zwei einseitig nicksteife Doppelgelenke mittels einer kinematischen Kopplung
im Dachbereich miteinander gekoppelt werden, so dass sich an beiden Gelenken der jeweils
gleiche Nickwinkel einstellt.
[0010] Einzelgelenkfahrzeuge hingegen sind nur bedingt geeignet, Gleisharfen mit ihren Kurz-Bögen,
enge C- oder S-Bögen, wie sie insbesondere im Bereich von Fahrzeug-Abstellanlagen
auftreten, zu befahren. Darüber hinaus weisen Einzelgelenkfahrzeuge einen erhöhten
statischen Lichtraumbedarf bei Bogeneinfahrten auf.
[0012] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Gelenkfahrzeug zum Betrieb bei komplexer
Trassierung und fehlenden Übergangsbögen mit gleichzeitig geringem Lichtraumbedarf
anzugeben.
[0013] Gelöst wird die Aufgabe durch den Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1.
Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung finden sich in den Merkmalen der
abhängigen Patentansprüche wieder.
[0014] Ein erfindungsgemäßes Schienenfahrzeug, nachfolgend vereinfachend als "Fahrzeug"
bezeichnet, umfasst einen ersten und wenigstens einen weiteren, zweiten Wagenkasten,
welche über ein erstes Gelenk miteinander gekuppelt sind. Das erste Gelenk ist zwischen
dem ersten und dem zweiten Wagenkasten angeordnet und es ist zumindest zur Ausführung
einer Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um eine Hochachse des Fahrzeugs
geeignet ausgebildet. Darüber hinaus ist das erste Gelenk geeignet ausgebildet zur
Übertragung von Antriebs- und Bremskräften zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten.
Des Weiteren können das erste Gelenk und dessen Verbindung zum zweiten Wagenkasten,
sowie auch die Deichsel und die Verbindung der Deichsel mit dem ersten Wagenkasten
geeignet ausgebildet sein zur Übertragung von Stützlasten zwischen dem ersten und
dem zweiten Wagenkasten.
[0015] Zusätzlich ist das erste Gelenk erfindungsgemäß über eine Deichsel mit dem ersten
Wagenkasten und starr mit dem zweiten Wagenkasten verbunden, wobei die Deichsel unterhalb
des ersten Wagenkastens um eine Drehachse drehbar am ersten Wagenkasten angeordnet
ist, die eine Drehung der Deichsel in einer Horizontalebene gestattet, so dass das
erste Gelenk quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens bewegbar ist. Insbesondere
ist die Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse ausschließlich auf die Horizontalebene
begrenzt. Die Drehachse verläuft dann vertikal bzw. in Richtung oder parallel zur
Hochachse des Fahrzeugs.
[0016] Das erste Gelenk ist somit derart beweglich zum ersten Wagenkasten am ersten Wagenkasten
angeordnet und mit dem ersten Wagenkasten verbunden, dass der Drehpunkt der Drehbewegung
des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Fahrzeugs mit einer Richtungskomponenten
quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens bewegbar ist und dadurch neben der Dreh-
oder Schwenkbewegung um die Hochachse auch Bewegungen, insbesondere Verschiebungen,
des ersten und des zweiten Wagenkastens zueinander in Richtung der Fahrzeugquerachse
ermöglicht.
[0017] Die Drehbewegung der Wagenkästen um die Hochachse wird auch als Schwenkbewegung bezeichnet
und das erste Gelenk ist entsprechend ausgebildet zumindest zur Ausführung von Schwenkbewegungen
des ersten und des zweiten Wagenkastens zueinander. Beispielsweise ist das erste Gelenk
als Schwenklager, beispielsweise als Scharniergelenk, ausgebildet, um bei Kurvenfahrt
Drehbewegungen der Wagenkästen um die Fahrzeughochachse zuzulassen. Der Drehpunkt
der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Fahrzeugs
liegt dabei in der Hochachse des Fahrzeugs. Das erste Gelenk kann darüber hinaus ausgebildet
sein zur Ausführung einer Nickbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um
eine Querachse des Fahrzeugs und/oder zur Ausführung einer Wankbewegung des ersten
und des zweiten Wagenkastens um eine Längsachse des Fahrzeugs. Das erste Gelenk ist
insbesondere als sphärisches Gelenk ausgebildet.
[0018] Die Hochachse des Fahrzeugs verläuft bei einem auf einer horizontalen Ebene stehenden
Fahrzeug vertikal. Eine Längsachse des Fahrzeugs und eine Querachse des Fahrzeugs
liegen in einer horizontalen Ebene und stehen senkrecht aufeinander und selbstredend
orthogonal zur Hochachse. Die Längsachse des Fahrzeugs zeigt dabei bei einem eine
kurvenfreie gerade Strecke befahrenden Fahrzeug in Fahrtrichtung. Analog sind die
Achsen eines Wagenkastens definiert. Sie verlaufen in den beschriebenen Zuständen
des Fahrzeugs parallel zu den entsprechenden Achsen des Fahrzeugs oder fallen mit
diesen zusammen.
[0019] Eine Bewegung des Drehpunkts der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens
um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens weist
somit zumindest eine Richtungskomponente in Richtung der Querachse des ersten Wagenkastens
auf, welche auch bei der geführten Bewegung entlang einer Kreisbahn um die Drehachse
mit einem Radius, vorgegeben durch die Länge der Deichsel, vorliegt, obgleich es sich
nicht um eine Verschiebung des Drehpunkts parallel zur oder entlang der Querachse
des ersten Wagenkastens handelt.
[0020] Gelenke werden herkömmlich nach der Art der Relativbewegung und der Anzahl der Freiheitsgrade
unterschieden. Ist das erste Gelenk als einfaches Dreh- oder Scharniergelenk ausgebildet,
oder ist das erste Gelenk analog als Kugelgelenk bzw. sphärisches Gelenk ausgebildet,
so ist ein erster Gelenkkörper des ersten Gelenks um eine Gelenkachse drehbar in oder
an einem zweiten Gelenkkörper des ersten Gelenks gelagert. Beispielsweise ist ein
Kugelkopf als erster Gelenkkörper in einer komplementär ausgestalteten Gelenkpfanne
als zweitem Gelenkkörper um eine Gelenkachse, welche koaxial durch den Kugelkopf und
durch die Gelenkpfanne verläuft, drehbar gelagert. Dann fallen die Gelenkachse des
ersten Gelenks und die Hochachse des Fahrzeugs, um welche der erste und der zweite
Wagenkasten drehbar über das erste Gelenk miteinander verbunden sind, zusammen, wobei
der Drehpunkt der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse
des Fahrzeugs in der Hochachse liegt. Die Hochachse des Fahrzeugs, um welche die Drehbewegung
des ersten und des zweiten Wagenkastens erfolgt, und die Gelenkachse des ersten Gelenks
sind deckungsgleich. Die Hochachse führt somit in der Regel durch das erste Gelenk.
Ein Drehgelenk weist üblicherweise einen Freiheitsgrad auf, während ein Kugelgelenk
drei Freiheitsgrade aufweist.
[0021] Um also den Drehpunkt der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um
die Hochachse des Gelenkfahrzeugs quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens zu bewegen,
ist das erste Gelenk über die drehbar um die Drehachse am ersten Wagenkasten gelagerte
Deichsel mit dem ersten Wagenkasten verbunden. Insbesondere ist das erste Gelenk starr
mit der Deichsel verbunden. Gleichzeitig ist das erste Gelenk starr mit dem zweiten
Wagenkasten verbunden. Das erste Gelenk umfasst wenigstens zwei zueinander bewegliche
Gelenkteile, beispielsweise eine Gelenkpfanne und einen Kugelkopf. Wenigstens ein
Gelenkteil ist dann starr am zweiten Wagenkasten so angeordnet, dass keine Relativbewegung
zwischen dem entsprechenden Gelenkteil und dem zweiten Wagenkasten ermöglicht ist.
Das erste Gelenk ist dann in den Raumrichtungen entlang oder parallel zur Hoch-, Quer-
und Längsrichtung des Fahrzeugs fest zum zweiten Wagenkasten mit dem zweiten Wagenkasten
verbunden. Beispielsweise ist das erste Gelenk mittels einer Konsole am zweiten Wagenkasten
befestigt. Analog ist der andere Gelenkteil dann unbeweglich an der Deichsel angeordnet.
Der Gelenkteil, der mit der Deichsel fest verbunden ist, kann sich somit nur in einer
horizontalen Ebene bewegen.
[0022] Eine starre Verbindung kann sowohl durch eine form-, kraftoder stoffschlüssige Verbindung
hergestellt sein. Beispielsweise sind die Gelenkteile mit den entsprechenden Verbindungspartnern,
hier also beispielsweise dem zweiten Wagenkasten und/oder der Deichsel, verschraubt
oder verschweißt.
[0023] Als Deichsel wird üblicherweise eine Verbindungsstange zwischen zwei Fahrzeugen bezeichnet,
um ein Fahrzeug mit dem anderen zu ziehen. Hier dient die Deichsel zur gelenkigen
Verbindung zweier Wagenkästen eines Fahrzeugs.
[0024] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist die Drehachse, um welche die Deichsel
unterhalb des ersten Wagenkastens drehbar am ersten Wagenkasten gelagert ist, beabstandet
von dem dem zweiten Wagenkasten zugewandten Ende des ersten Wagenkastens angeordnet,
insbesondere mit einem Abstand von zumindest 1/2, insbesondere von mindestens 2/3,
insbesondere von wenigstens 3/4, einer Länge der Deichsel von der Drehachse bis zum
ersten Gelenk, insbesondere bis zum Drehpunkt der Drehbewegung des ersten und des
zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Fahrzeugs im ersten Gelenk.
[0025] Weitergebildet ist sowohl der erste als auch der zweite Wagenkasten jeweils auf wenigstens
einem Fahrwerk oder Drehgestell abgestützt, welches insbesondere jeweils mittig unter
dem jeweiligen Wagenkasten angeordnet ist. Beide Wagenkästen sind also auf eigenen,
insbesondere auf jeweils genau einem, Fahrwerken oder Drehgestellen abgestützt. Es
handelt sich bei dem erfindungsgemäßen Fahrzeug somit weitergebildet um ein sogenanntes
Einzelgelenkfahrzeug. Das Fahrzeug kann zwei, drei, vier oder mehr Wagenkästen umfassen.
Handelt es sich um einen sogenannten Kurzgelenkwagen ist jeder Wagenkasten auf jeweils
einem, insbesondere mittig unter dem Wagenkasten angeordneten Drehgestell abgestützt.
Als Kurzgelenkwagen werden Fahrzeuge bezeichnet, bei denen pro Wagenteil ein Drehgestell
benötigt wird. Bei diesen Wagen entfällt die Gelenkansteuerung meist ganz, das Gelenk
stellt sich vielmehr selbsttätig durch die Rückstellkräfte der Sekundärfedern ein
und es sind auch nur geringe Stützlasten vom ersten Gelenk zu übertragen. Die Ausdrehwinkel
der Fahrwerke bzw. Drehgestelle eines erfindungsgemäßen Fahrzeugs sind üblicherweise
begrenzt.
[0026] Beim erfindungsgemäßen Fahrzeug handelt es sich dennoch nicht um ein Doppelgelenkfahrzeug.
Die Drehbewegung der Wagenkästen um die Hochachse findet fast ausschließlich im ersten
Gelenk statt. Die Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse ermöglicht lediglich
die Bewegung der Wagenkästen quer zueinander. Erreicht wird dies insbesondere auch
mit der Anlenkung der Deichsel tief unterhalb des ersten Wagenkastens.
[0027] Wesentlich ist die Beweglichkeit des ersten und des zweiten Wagenkastens zueinander
in Richtung der Fahrzeugquerachse. Hier ist zu unterscheiden zwischen der Querbeweglichkeit
der Wagenkästen und Wankbewegungen der Wagenkästen zueinander. Bei Bewegungen des
ersten und des zweiten Wagenkastens zueinander in Richtung der Fahrzeugquerachse,
verlaufen die Hochachsen der beiden Wagenkästen vertikal und somit parallel zueinander.
Bei Wankbewegungen hingegen sind die Wagenkästen frei von einer Verschiebung zueinander,
sie neigen sich lediglich und somit weisen ihre Hochachsen einen Winkel größer Null
auf. Oft verlaufen beide Hochachsen bei Wankbewegungen auch nicht mehr in vertikaler
Richtung.
[0028] Wankbewegungen werden ermöglicht durch ein unteres Gelenk, welches die meisten zwischen
den Wagenkästen auftretenden Kräfte in Richtung der Längs-, Quer- und Hochachse des
Fahrzeugs aufnimmt und weiterleitet, und durch ein oberes Gelenk, welches in Fahrzeugquerrichtung
bewegbar an einem Wagenkasten angeordnet ist. Das obere Gelenk überträgt dabei im
Vergleich wenige Kräfte von einem Wagenkasten auf den anderen. Das untere Gelenk ist
entsprechend ausgestaltet, Wankbewegungen zuzulassen. Um Wank- und Nickbewegungen
zuzulassen hat sich ein sphärisches Gelenk als unteres Gelenk bewährt.
[0029] Die Übertragung von Antriebs- und Bremskräften zwischen einem Wagenkasten und dem
Fahrwerk oder Drehgestell, auf welchem der Wagenkasten abgestützt ist, insbesondere
einem Antriebsdrehgestell, erfolgt über eine längssteife Kopplung des Drehgestells
an den Wagenkasten. Zwischen zwei benachbarten und miteinander über ein Gelenk gekuppelten
Wagenkästen erfolgt die Übertragung von Antriebs- und Bremskräften, welche in Längsrichtung
des Fahrzeugs weisen, mittels des Gelenks. Sind ein unteres und ein oberes Gelenk
vorgesehen, werden die Antriebs- und Bremskräfte, und gegebenenfalls auch Stützlasten,
oft mittels des unteren Gelenks übertragen. Es ist entsprechend dimensioniert.
[0030] Das erste Gelenk der Erfindung dient der Übertragung von Antriebs- und Bremskräfte,
und gegebenenfalls auch der Übertragung von Stützlasten, und ist daher entsprechend
ausgebildet und vorteilhaft im unteren Bereich der Wagenkästen zwischen dem ersten
und dem zweiten Wagenkasten angeordnet, insbesondere zwischen den jeweiligen Fahrwerken
oder Drehgestellen, auf welchen die Wagenkästen aufgestützt sind. Das erste Gelenk
ist damit keinem der beiden Wagenkästen zugeordnet und von beiden beabstandet angeordnet.
[0031] Gemäß einer weiteren Weiterbildung der Erfindung ist das erste Gelenk unterhalb eines
Wagenübergangs zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten angeordnet. Der Wagenübergang
dient zum Übergang von Personen zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten.
[0032] Wie oben bereits ausgeführt, kann das erfindungsgemäße Fahrzeug als Niederflurfahrzeug,
insbesondere als Niederflur-Schienenfahrzeug des Personennahverkehrs ausgebildet sein.
Der Niederfluranteil beträgt vorzugsweise mindestens 80%, insbesondere handelt es
sich um ein sogenanntes 100%-Niederflur-Schienenfahrzeug. Auch das erste Gelenk kann
sich im Niederflurbereich befinden. Es ist dann insbesondere unterhalb eines niederflurigen
Wagenübergangs zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten angeordnet, wobei es
sich dann um ein sogenanntes unteres Gelenk handelt. Das Gelenkfahrzeug kann des Weiteren
auch ein oberes Gelenk zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten aufweisen.
Es sind viele Ausbildungsformen des oberen Gelenks denkbar. Um einen Nickfreiheitsgrad
des ersten und des zweiten Wagenkastens zueinander zu blockieren, kann im oberen Bereich
der Wagenkästen beispielsweise eine Koppelstange eingesetzt sein. Darüber hinaus können
die Schwenk-, Nick- und/oder Wankbeweglichkeit des ersten und des zweiten Wagenkastens
zueinander, beispielsweise mittels geeignet ausgebildeten und angeordneten Endanschlägen,
begrenzt sein. Ein niederfluriger Wagenübergang weist im Fahrzeuginneren einen niederflurigen
Fußboden zum Durchgang von Fahrgästen vom ersten in den zweiten Wagenkasten und umgekehrt
auf.
[0033] Der Fußboden im Bereich eines Wagenübergangs zwischen dem ersten und dem zweiten
Wagenkasten ist weitergebildet als Gelenkfußboden ausgebildet, welcher einen quer
zur Längsachse des ersten Wagenkastens verlaufenden Spalt zwischen einem ersten und
einem weiteren, zweiten Fußbodenteil des Gelenkfußbodens aufweist, wobei die das erste
und das zweite Fußbodenteil entlang des Spalts zueinander verschiebbar gelagert sind.
Dabei kann das erste Fußbodenteil dem ersten Wagenkasten zugeordnet und mit diesem
verbunden oder an diesem gelagert sein. Gleichermaßen könnte dann das zweite Fußbodenteil
dem zweiten Wagenkasten zugeordnet und mit diesem verbunden oder an diesem gelagert
sein. Der Spalt kann auch Querverschiebespalt genannt werden. Eine Bewegung des ersten
Wagenkastens mit einer Richtungskomponente quer zum zweiten Wagenkasten wird im Innenraum
des Fahrzeugs entlang dieses Querverschiebespalts abgebildet. Eine Alternative zum
Querverschiebespalt stellt ein Lamellenfußboden oder ein weiterer elastischer Bodenbelag
dar. Solche Fußboden lassen eine Querbewegung der Wagenkästen zueinander zu ohne Verschiebung
von Bauteilen im Innenraum des Fahrzeugs.
[0034] Oberhalb des ersten Gelenks kann eine Drehscheibe vorgesehen sein. Der Querverschiebespalt
im Gelenkfußboden kann dann möglichst weit in Richtung der Drehscheibe gerückt werden,
um das Aufklaffen von Spalten zwischen einem Balgtrapez und dem Gelenkfußboden zu
verringern. Längsverschiebungen können mit dem Querverschiebespalt ebenfalls in geringfügigem
Ausmaße aufgenommen werden.
[0035] Im Gegensatz zum üblichen Einzelgelenkfahrzeugen, die eine trassierungsabhängig erforderliche
Querverschiebung der Wagenkasten-Untergestelle und Fahrwerke benachbarter Wagenkästen
zueinander nicht erlauben, ermöglicht die erfindungsgemäße Gelenkanordnungen dagegen
eine Querbewegung der Wagenkasten-Untergestelle und Fahrwerke benachbarter Wagenkästen
zueinander. Da die Schwenkbewegung der beiden Wagenkästen um die Hochachse durch das
erste Gelenk ermöglicht werden und die Querbewegung der Wagenkästen zueinander mittels
der Deichsel ermöglicht wird, handelt es sich beim erfindungsgemäßen Fahrzeug, wie
oben bereits ausgeführt, jedoch nicht um ein Doppelgelenkfahrzeug, sondern vielmehr
um ein modifiziertes Einzelgelenkfahrzeug.
[0036] Weitergebildet ist das erste Gelenk geeignet ausgebildet zur Übertragung von Stützlasten
zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten. Stützlasten wirken insbesondere in
Richtung der Hochachse und somit in vertikaler Richtung. Stützlasten müssen insbesondere
aufgenommen werden, wenn ein Wagenkasten selbst nicht auf einem Fahrwerk oder Drehgestell
abgestützt ist oder die Schwerpunktlagen der Wagenkästen bei einem Einzelgelenkfahrzeug
von den Drehgestellmitten abweichen. Sie ergeben sich somit hauptsächlich aus den
Gewichtskräften der Wagenkästen. Wie oben bereits ausgeführt sind dann auch die Verbindungen
des ersten Gelenks zu dem ersten und zu dem zweiten Wagenkasten entsprechend dimensioniert
und auch ansonsten geeignet ausgebildet.
[0037] Hierzu kann die Deichsel weitergebildet in vertikaler Richtung am ersten Wagenkasten
abgestützt sein. Erfindungsgemäß wird die Deichsel durch einen Durchbruch im ersten
Wagenkasten, insbesondere durch einen Durchbruch in einem Endquerträger des ersten
Wagenkastens, geführt und in vertikaler Richtung, insbesondere nach unten und oben
hin, durch diesen abgestützt.
[0038] Zusätzlich oder alternativ dient die Verbindung der Deichsel mit dem Wagenkasten
zur Abstützung der Deichsel in vertikaler Richtung. Dazu kann die Verbindung der Deichsel
mit dem Wagenkasten derart dimensioniert sein, dass die Drehachse vertikal - also
in Richtung der Hochachse des ersten Wagenkastens bzw. des Fahrzeugs - verläuft und
eine Bewegung der Deichsel, insbesondere eine Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse,
ausschließlich in der Horizontalebene gestattet.
[0039] Zur vertikalen Abstützung und somit zur Übertragung vertikaler Kräfte wird die Deichsel
erfindungsgemäß im Durchbruch mittels einer Gleitpaarung oder mittels Stützrollen
nach oben und/oder unten hin abgestützt. Dies dient insbesondere der Verringerung
von Reibungsverlusten. Stützrollen sind insbesondere auf Seiten der Deichsel angeordnet,
die auf einer entsprechend geeigneten Fläche des Durchbruchs abrollen können. Zueinander
komplementäre und aufeinander ausgerichtete Gleitflächen können beiderseitig angeordnet
sein.
[0040] Der Durchbruch befindet sich insbesondere zwischen Drehachse und erstem Gelenk und
somit von der Drehachse aus gesehen in Richtung des dem zweiten Wagenkasten zugewandten
Endes des ersten Wagenkastens. Der Durchbruch befindet insbesondere im Bereich des
dem zweiten Wagenkasten zugewandten Endes des ersten Wagenkastens.
[0041] Als Gleitpaarungen sind z.B. Teflon - polierter Edelstahl, Polyamid - geschliffener
gehärteter Stahl oder auch hart-hart Paarungen z.B. mit Hartmanganplatten denkbar.
[0042] Als Stützrollen sind vorzugsweise sog. Stütz- bzw. Kurvenrollen vorgesehen, welche
aus einem Wälzlager mit dickwandigem Außenring und balliger Oberfläche des Außenrings
bestehen.
[0043] Dabei ist ein kleines Spiel zwischen der Stützrolle und oberer und/oder unterer Bahn
vorzusehen, um ein reibungsarmes kinematisches Abrollen zu ermöglichen. Wahlweise
können für die Abstützung nach oben und/oder unten hin auch jeweils separate Stützrollen
vorgesehen werden. Über Stützrollen mit Exzenter ist dann eine spielfreie Einstellung
möglich.
[0044] Um ein Verklemmen der Rollenführungen z.B. durch kleine Steinchen auf der Laufbahn
zu verhindern, können vor den Stützrollen Abstreifer vorgesehen werden.
[0045] Durch die Führung der Deichsel im Durchbruch, bzw. mittels einer vertikalen Führung
der Deichsel durch weitere mit einem geringen Spiel zur Deichsel angeordnete Durchbrüche,
wird weiterhin eine Verkürzung der Euler-Knicklänge der Deichsel erreicht. Gegenüber
Längsdruckkräften z.B. aus Crash-Lastfällen ist die Deichsel als Eulerscher Knickstab
gegen Knicken zu dimensionieren. Da die Deichsel in das Wagenkasten-Untergestell eingefügt
ist, kann die Deichsel nach oben und/oder unten durch das Wagenkasten-Untergestell
mit einem geringen Spiel eingefasst werden. Dadurch erreicht man eine drastisch verkürzte
Knicklänge nach Euler, wodurch die Deichselstange erheblich leichter dimensioniert
werden kann.
[0046] Weitergebildet beträgt ein Verhältnis eines Abstands vom Durchbruch, insbesondere
zur der vertikalen Abstützung der Deichsel durch den Durchbruch, zur Drehachse zum
Abstand des ersten Gelenks zur Drehachse mindestens 1/2, insbesondere mindestens 2/3,
insbesondere mindestens 3/4.
[0047] Ansonsten wäre die Deichsel ausschließlich um eine Hochachse des Schienenfahrzeugs
drehbar. Die Deichsel wäre unterhalb des ersten Wagenkastens derart mit dem ersten
Wagenkasten verbunden, dass sie ausschließlich die Ausführung einer Drehoder Schwenkbewegung
der Deichsel um die parallel zur Hochachse des Schienenfahrzeugs verlaufende Drehachse
gestattet, beispielsweise über ein Scharniergelenk.
[0048] Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist die Deichsel, insbesondere
elastisch, so am ersten Wagenkasten angeordnet bzw. so mit diesem verbunden, dass
die Drehachse aus einer Ruhelage heraus in Längsrichtung des ersten Wagenkastens auslenkbar
ist, zumindest in der Richtung einer Druckkraft auf das erste Gelenk, die in Richtung
des ersten Wagenkastens wirkt. Damit ist die gesamte Deichsel, zumindest in engen,
vorgegebenen Grenzen, mit einer Richtungskomponente in Längsrichtung des ersten Wagenkastens
beweglich am ersten Wagenkasten gelagert. Die Ruhelage ist festgelegt in einem kraftfreien
Ruhezustand des Fahrzeugs. In diesem Ruhezustand steht das Fahrzeug auf einer horizontalen,
kurvenfreien und geraden Strecke. Abgesehen von den eigenen Gewichtskräften wirken
keine weiteren äußeren Kräfte auf das Fahrzeug oder dessen Komponenten. Die Drehachse
liegt insbesondere auf der Fahrzeuglängsachse.
[0049] Eine Druckkraft wirkt mit einer vom ersten Gelenk zum ersten Wagenkasten weisenden
Richtungskomponente. Erfährt die Deichsel hingegen eine auf das erste Gelenk wirkende
Zugkraft, so wird die Deichsel von der Drehachse gesehen in Richtung des zweiten Wagenkastens
gestreckt.
[0050] Weitergebildet ist die Deichsel mittels eines elastischen Deichsellagers am ersten
Wagenkasten angeordnet. Dieses ist entsprechend ausgebildet, die oben genannte Auslenkung
der Drehachse aus der Ruhelage heraus parallel zur Längsrichtung des Fahrzeugs in
einer vom ersten Gelenk zum ersten Wagenkasten weisenden Richtung zu ermöglichen.
[0051] Das elastische Deichsellager kann unmittelbar am ersten Wagenkasten, insbesondere
am Rohbau des ersten Wagenkastens befestigt sein.
[0052] Weitergebildet befindet sich die Drehachse in ihrer Ruhelage an einem Endanschlag
anliegend, welcher eine Bewegung der Drehachse parallel zur Längsrichtung des Fahrzeugs
in einer zu dem Ende des ersten Wagenkastens weisenden Richtung unterbindet, welches
dem zweiten Wagenkasten zugewandt ist. Wirkt auf das erste Gelenk somit eine Zugkraft,
wird die Drehachse demzufolge nicht ausgelenkt. Weitergebildet umfasst das elastische
Deichsellager ein Federelement, welches eine Vorspannung in Richtung auf das Ende
des ersten Wagenkastens hin, welches dem zweiten Wagenkasten zugewandt ist, wirkt.
Wird die Drehasche durch eine Druckkraft aus der Ruhelage ausgelenkt, wirkt dem die
Federkraft des Federelements entgegen, was bei einer Druckkraftfreiheit zu einer Rückstellung
der Drehachse in die Ruhelage führt.
[0053] Zur Begrenzung der Bewegung der Drehachse in Längsrichtung des Fahrzeugs kann auch
beidseitig jeweils zumindest ein Endanschlag vorgesehen sein.
[0054] Zur Erhöhung der Ausknicksteifigkeit des Fahrzeugverbandes kann die Deichsel zusätzlich
einen Vorsprung, beispielsweise in Form eines gebogenen Kragens, aufweisen, der mit
einem am ersten Wagenkasten starr angeordneten und komplementär zum Vorsprung ausgebildeten
Anschlag, beispielsweise in Form einer bogenförmigen Kulisse, in der Art zusammenwirkt,
dass bei einer Auslenkung der Drehachse aus ihrer Ruhelage heraus, und somit zumindest
in einer vom ersten Gelenk zum ersten Wagenkasten weisenden Richtung parallel zur
Längsrichtung des Fahrzeugs, der Vorsprung am Anschlag zur Anlage kommt und Kräfte,
insbesondere vom ersten Gelenk ausgehende Druckkräfte, die in Richtung der Drehachse
wirken, über den am Anschlag anliegenden Vorsprung von der Deichsel in den ersten
Wagenkasten eingeleitet werden. Der am Anschlag anliegende Vorsprung wirkt über die
entstehenden Reibkräfte als "Knickbremse".
[0055] Der Vorsprung ist vorteilhaft mit einer Richtungskomponente senkrecht auf eine Längsachse
der Deichsel ausgeformt. Er kann dabei lediglich als Zapfen ausgebildet sein oder
beispielsweise als gebogener Kragen. Der Anschlag kann eine dazu komplementäre Kontur
zur verbesserten Führung aufweisen. Er kann dann ebenfalls bogenförmig, insbesondere
mit einem Radius entsprechend des Abstands zur Drehachse, ausgebildet sein. Der zum
Vorsprung komplementäre Anschlag ist vorteilhaft im Bereich des Durchbruchs angeordnet,
welcher seinerseits wiederum bevorzugt im Bereich des dem zweiten Wagenkasten zugewandten
Endes des ersten Wagenkastens angeordnet ist. Weitergebildet fungieren Ränder des
Durchbruchs als Anschlag, um zumindest Druckkräfte auf die Deichsel vom ersten Gelenk
ausgehend und in Richtung der Drehachse wirkend, aufzunehmen. Es kann jedoch auch
eine beidseitige Führung des Vorsprungs vorgesehen sein, so dass dieser auch gegenüber
zur Anlage kommen kann und Zugkräfte vom ersten Gelenk ausgehend in den ersten Wagenkasten
eingeleitet werden können.
[0056] In der Ruhelage der Drehachse weist der Vorsprung zum Anschlag einen vorgegebenen,
insbesondere einstellbaren Abstand auf.
[0057] Das elastische Deichsellager und/oder der Abstand zwischen Vorsprung zum Anschlag
in Ruhelage der Drehachse können so ausgebildet sein, dass die maximale Auslenkung
der Drehachse einen Wert von 20 mm, insbesondere einen Wert von 10 mm nicht übersteigt.
Beispielsweise beträgt der Abstand zwischen den Endanschlägen höchstens 20 mm, insbesondere
höchstens 10 mm. Insbesondere sind das elastische Deichsellager und der Abstand zwischen
Vorsprung zum Anschlag in Ruhelage der Drehachse entsprechend aufeinander abgestimmt.
Der Anschlag wirkt als dem Endanschlag des elastischen Deichsellagers gegenüberliegender
Anschlag zur Begrenzung der Bewegung der Deichsel mit einer Richtungskomponente in
Längsrichtung des Fahrzeugs. Analog zur vertikalen Abstützung der Deichsel durch den
Durchbruch bilden auch hier der Vorsprung und der Anschlag ein Wirkflächenpaar, insbesondere
ein Gleitflächenpaar. Alternativ könnte die Deichsel auch zumindest eine Rolle aufweisen,
die auf dem Anschlag zur Anlage kommen kann und bei einer Querbewegung des ersten
Gelenks bzw. einer Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse am Anschlag abrollen
kann. Dadurch entfällt die Stabilisierung der Wagenkastenkette gegen seitliches Ausknicken
weitestgehend, während die Deichsel weiterhin eine deutlich verkürzte Eulersche Knicklänge
aufweist. Die Rolle könnte am Vorsprung gelagert sein und eine vertikal verlaufende
Rollenachse aufweisen. Sie würde dann mit dem Anschlag ein Rollreibungspaar bilden.
Bevorzugt ist jedoch ein Gleitflächenpaar mit erhöhter Gleitreibung.
[0058] Wirken nun Längsdruckkräfte auf das Gelenk, die potenziell zu einem Ausknicken führen
können, dann verschiebt sich die Deichsel in der elastisch gelagerten Drehachse, so
dass der Abstand zwischen Vorsprung und Anschlag überwunden wird und der Vorsprung
am Anschlag zur Anlage kommt. Der Hauptanteil der Längsdruckkraft wird so an dem Anschlag
abgestützt und erzeugt hier eine Reibkraft, die in diesem Fall hoher Längskräfte einer
weiteren Querbewegung und damit dem Ausknicken entgegenwirkt. Durch den großen Längsabstand
zwischen Anschlag und Drehachse bewirkt die Reibkraft dabei ein sehr hohes stabilisierendes
Moment, welches Ausknicktendenzen entgegenwirkt. Bei einem niedrigen Längskraftniveau
ist die Querbeweglichkeit dagegen ungehindert möglich. Ein weiterer Vorteil ist, dass
hohe Längsdruckkräfte z.B. aus Crash-Lastfällen nicht mehr durch die lange Deichsel
geleitet werden müssen, sondern über den Anschlag sehr direkt in den Rohbau weitergeleitet
werden. Dies eröffnet weitere Leichtbaupotentiale durch eine deutliche Verkürzung
der Eulerschen Knicklänge.
[0059] Weitergebildet beträgt ein Verhältnis eines Abstands vom Vorsprung zur Drehachse
zum Abstand des ersten Gelenks zur Drehachse mindestens 1/2, insbesondere mindestens
2/3, insbesondere mindestens 3/4.
[0060] Eine weitere Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die Drehbeweglichkeit der
Deichsel um die Drehachse durch Queranschläge begrenzt ist. So sind beispielsweise
Gummipuffer als Queranschläge an den Enden des Durchbruchs angeordnet, die in Richtung
der Deichsel wirken. Weitergebildet ist der Abstand der Queranschläge zueinander bzw.
der Abstand jedes Queranschlags zur Fahrzeuglängsachse einstellbar. Beispielsweise
sind Beilagebleche oder Unterlegscheiben unter die Queranschläge montierbar, um maximalen
Weg der Querbeweglichkeit einzustellen.
[0061] Weiterhin kann die Drehbeweglichkeit der Deichsel um die Drehachse durch wenigstens
ein Element mit federnder und/oder dämpfender Wirkung beeinflusst sein. Ein federndes
Element, auch Rückstellelement genannt, insbesondere wenigstens eine Feder, könnte
auch eine Rückstellung der Deichsel in eine Mittellage bewirken. Es ist ausgebildet,
eine vorgegebene Kraft größer null auf die Deichsel in vorgegebener Richtung, aufzubringen,
welche einer Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse aus einer vorgegebenen Mittellage
heraus entgegenwirkt. Das Rückstellelement mit federnder Wirkung dient damit auch
einer Mittenzentrierung des ersten Gelenks. Gleichermaßen könnte das Deichsellager
eine Reibdrehhemmung zur Beeinflussung der Drehbeweglichkeit der Deichsel um die Drehachse
aufweisen. In der vorgegebenen Mittellage sind die Wagenkästen frei von einer Querverschiebung
zueinander, die Längsachse des ersten Wagenkastens und die Längsachse des zweiten
Wagenkastens fallen zusammen. Das erste Gelenk liegt in der vorgegebenen Ruhelage
insbesondere auf einer Längsachse des ersten Wagenkastens des Gelenkfahrzeugs. In
der vorgegebenen Ruhelage ist das erste Gelenk frei von äußeren Kräften, insbesondere
quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens. Die Kraft des Rückstellelements wirkt
allgemein mit zumindest einer Richtungskomponente quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens
zur Mittellage hin. Die zumindest eine Richtungskomponente quer zur Längsachse des
ersten Wagenkastens der Kraft des Rückstellelements weist einen vorgegebenen Betrag
größer null auf.
[0062] Eine Bewegung des Drehpunkts der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens
um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs aus der Ruhelage heraus quer zur Längsachse des
ersten Wagenkastens ist somit erst möglich, wenn die vorgegebene Kraft, welche quer
zur Längsachse des ersten Wagenkastens zur Ruhelage des Drehpunkts der Drehbewegung
des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs hinwirkt
und durch das Rückstellelement aufgebracht wird, überschritten wird.
[0063] Gemäß einer weiteren Weiterbildung ist die vorgegebene Kraft größer als ein Reibmoment
im ersten Gelenk, welches der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens
um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs entgegenwirkt.
[0064] Gemäß einer weiteren Weiterbildung steht die vorgegebene Kraft in einem vorgegebenen
Verhältnis zum Ausdrehwinkel und/oder zum Ausdrehmoment eines Fahrwerks des ersten
und/oder des zweiten Wagenkastens. Die vorgegebene Kraft kann auch allgemeiner in
einem vorgegebenen Verhältnis zum Ausdrehwinkel bzw. zum Ausdrehmoment eines oder
mehrerer Fahrwerke unter den Wagenkästen, welche die Querbeweglichkeit in engen Bogenfolgen
erforderlich machen, stehen.
[0065] Die vorgegebene Kraft wird insbesondere mechanisch, beispielsweise mittels einer
Feder, elektrisch, z.B. mittels eines Elektromotors, oder pneumatisch oder insbesondere
hydraulisch aufgebracht. Das Rückstellelement ist weitergebildet entsprechend am ersten
Wagenkasten angeordnet und/oder mit diesem verbunden und unmittelbar oder mittelbar
mit der Deichsel verbunden.
[0066] Wie bereits ausgeführt kann das Gelenkfahrzeug wenigstens ein Dämpferelement umfassen,
welches zumindest eine Drehbewegung der Deichsel um die Drehachse und somit eine Bewegung
des Drehpunkts der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse
des Gelenkfahrzeugs quer zur Längsachse des ersten Wagenkastens aus einer vorgegebenen
Ruhelage heraus dämpft.
[0067] Weitergebildet dämpft das Dämpferelement jede Bewegung des ersten Gelenks quer zur
Längsachse des ersten Wagenkastens, sei sie aus der Ruhelage heraus oder aus einer
ausgelenkten Position in die Ruhelage zurück. Im Sinne einer Ausrichtung der Wagenkastenkette
ist es sinnvoll die Bewegung in die Ruhelage zurück schwächer zu bedämpfen.
[0068] In einer weiteren Weiterbildung ist vorgesehen, dass die Drehbeweglichkeit der Deichsel
um die Drehachse blockierbar ist, beispielsweise mittels eines Bolzens der durch eine
vertikale Bohrung in der Deichsel und durch eine komplementäre Bohrung im ersten Wagenkasten
geführt ist. Der Freiheitsgrad Querbeweglichkeit lässt sich z.B. durch einen Bolzen,
welcher durch ein Loch in der Deichsel und in dem Wagenkasten-Untergestell gesteckt
wird auf einfache Weise blockieren. Alternativ ist eine Blockade der Deichsel z.B.
auch durch je einen Bolzen links und rechts der Deichsel bzw. mittels einer Klammer
möglich, welche über die Deichsel geschwenkt wird.
[0069] Die Querbeweglichkeit des Drehpunkts des ersten Gelenks wird besonders in Engstellen
des Streckennetzes, z.B. bei Depots, Wendeschleifen oder bei Krümmungswechsel mit
engem Lichtraum, freigegeben. Bei der Bergung des Fahrzeugs durch Abschleppen oder
Abschieben hingegen, wird die Drehbeweglichkeit der Deichsel blockiert. Eine weitere
Möglichkeit besteht darin, die Kraft auf die Blockiervorrichtung im blockierten Zustand
zu messen und bei Überschreiten eines vorgegebenen Schwellwerts ein Signal auszugeben,
insbesondere an den Fahrer des Gelenkfahrzeugs, oder die Antriebskräfte des Gelenkfahrzeugs
zu beschränken, um eine Ausknickgefahr, bzw. auch durch Zwängungen im Gleis induzierte
Spurführungskräfte, zu begrenzen.
[0070] Neben der Blockiervorrichtung kann das Fahrzeug auch eine Stellvorrichtung umfassen,
zum Bewegen der Deichsel um die Drehachse und damit zum Bewegen des ersten Gelenks
und damit des Drehpunkts der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens
um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs mit einer Richtungskomponente quer zur Längsachse
des ersten Wagenkastens und dadurch zum Bewegen des ersten und des zweiten Wagenkastens
zueinander in Richtung der Fahrzeugquerachse. Fürderhin kann das Gelenkfahrzeug eine
Steuervorrichtung umfassen, zum aktiven Ansteuern der Stellvorrichtung, beispielsweise
in Abhängigkeit eines Ausdrehwinkels eines Fahrwerks des ersten und/oder des zweiten
Wagenkastens. So kann bei Überschreitung eines vorgegebenen Schwellwerts für einen
Ausdrehwinkel des Fahrwerks oder Drehgestells des ersten und/oder des zweiten Wagenkastens
eine proportionale Verschiebung der Wagenkästen zueinander in Querrichtung des ersten
Wagenkastens vollzogen werden.
[0071] Die Stellvorrichtung bringt eine vorgegebene Kraft analog zum Rückstellelement auf.
Sie ist weitergebildet entsprechend ausgebildet und am ersten Wagenkasten angeordnet.
Die vorgegebene Kraft wird insbesondere mechanisch, beispielsweise mittels einer Feder,
elektrisch, z.B. mittels eines Elektromotors, oder pneumatisch oder insbesondere hydraulisch
aufgebracht. Die Stellvorrichtung und das Rückstellelement sind weitergebildet identisch.
Die Steuerungsvorrichtung kann dann zum aktiven Steuern des Rückstellelements dienen.
[0072] Der maximale Drehwinkel des ersten Gelenks bei einer Drehbewegung des ersten und
des zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Gelenkfahrzeugs beträgt weitergebildet
mindestens 25°, insbesondere mindestens 35°. Der maximale Drehwinkel ist der vom ersten
Gelenk zugelassene größtmögliche Drehwinkel. Das erste Gelenk ist konstruktiv so ausgebildet,
den maximalen Drehwinkel nicht zu überschreiten, beispielsweise mittels Endanschlägen.
Dabei können diese Endanschläge auch direkt zwischen den einander zugewandten Enden
des ersten und zweiten Wagenkastens angeordnet sein.
[0073] Neben dem geringen Lichtraumbedarf weist die Erfindung zusätzlich den Vorteil gleichmäßiger
Achslastverteilung und geringer Gelenklasten auf.
[0074] Zur Begrenzung der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse
des Gelenkfahrzeugs können darüber hinaus am ersten und/oder am zweiten Wagenkasten
Endanschläge angeordnet sein. Die Endanschläge sind dabei insbesondere komplementär
zueinander ausgebildet und ausgerichtet, beispielsweise sind die Endanschläge direkt
zwischen den einander zugewandten Enden des ersten und zweiten Wagenkastens angeordnet.
Zur Abgrenzung zu den weiteren Anschlägen können sie auch als Ausdrehanschläge bezeichnet
werden.
[0075] Weitergebildet kann die Deichsel ein integriertes Stoßverzehrelement umfassen.
[0076] Vorteile der Erfindung liegen insbesondere in der Verwendung bewährter, einfacher
und kostengünstiger Komponenten, anstelle von Sonderbauteilen aus dem Werkzeugmaschinenbau
wie einer Schwerlast-Linearführung oder einem Kreuzrollenlager.
[0077] Dabei kann eine sehr günstige Vertikalabstützung erfolgen. Durch den Längsabstand
zwischen der Drehachse unter dem ersten Wagenkasten und dem ersten Gelenk als eigentlichem
Schwenkgelenk werden Nickmomente (z.B. aus Eingleisvorgängen) in Form eines Kräftepaares
abgestützt. Durch den großen Längsabstand ergeben sich dabei erheblich reduzierte
Kräfte. Das erlaubt eine Gewichtsreduktion im Wagenkasten-Rohbau.
[0078] Die große Länge der Nickmomentenabstützung reduziert weiterhin den Einfluss unvermeidlicher
Spiele auf die Vertikaldynamik des Fahrzeugverbands und erhöht die Steifigkeit der
Nickmomentenabstützung.
[0079] Die Deichsel lässt sich in den vorhandenen Freiraum zwischen den zwei Langträgern
des Wagenkasten-Untergestells des ersten Wagenkastens einpassen, wodurch gegenüber
einer Gelenkgetriebe-Anordnung eine erhebliche Verbesserung der Bodenfreiheit erreicht
wird.
[0080] Dadurch, dass die Nickmomentenabstützung entfernt vom ersten Gelenk stattfindet,
wird an dieser für die Bodenfreiheit in Kuppen maßgeblichen Stelle eine vergrößerte
Bodenfreiheit ermöglicht.
[0081] Durch die Länge der Deichsel ist die erzwungene Längsverschiebung bei Querverschiebung
der Wagenkästen zueinander relativ gering, was die Gestaltung des niederflurigen Gelenkfußbodens
deutlich vereinfacht. Dadurch ergibt sich auch eine erheblich größere Sicherheit des
Fahrzeugverbandes gegen Ausknicken (Längsdruckkräfte werden in Richtung der Deichsel,
und damit näherungsweise in Richtung der Fahrzeuglängsachse übertragen, so dass kaum
ein Ausknickmoment um das Fahrwerk entsteht).
[0082] Durch das Vorsehen der Knickbremse (Vorsprung der Deichsel und komplementärer Anschlag
am ersten Wagenkasten) lässt sich die Knicksicherheit der Deichsel zusätzlich erhöhen.
[0083] Eine Blockade des Querverschiebe-Freiheitsgrades (z.B. für den Abschleppfall) ist
konstruktiv einfach umsetzbar. Gegebenenfalls kann die Blockade für den Abschleppbetrieb
aufgrund der Knickbremse entfallen.
[0084] Entlang der relativ langen Deichsel lässt sich im Untergestell ein Querdämpfer einfach
und kostengünstig unterbringen. Auch die Ausführung mit Gleitführung ist kostengünstig
und erlaubt es eine Reibungsdämpfung vorzusehen. Eine Ausführung mit Stützrollen basiert
ebenfalls auf kostengünstigen Standard-Bauteilen und ermöglicht eine sehr reibungsarme
Ausführung der Querbeweglichkeit des ersten Gelenks.
[0085] Weitergebildet ist das erste Gelenk derart ausgebildet und so zwischen dem ersten
und dem zweiten Wagenkasten angeordnet, dass ein Verhältnis der Abstände des Drehpunkts
der Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens um die Hochachse des Fahrzeugs
zum ersten und zum zweiten Wagenkasten in einem Intervall von 0,25 bis 4, insbesondere
in einem Intervall von 0,8 bis 1,25, liegen. Bevorzugt ist das erste Gelenk mittig
zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten angeordnet.
[0086] Die Abstände des Drehpunkts bemessen sich zu einer Stirnseite des jeweiligen Wagenkastens,
mit welcher der Wagenkasten endet. Eventuelle Anbauteile, wie etwa eine Konsole, mit
welcher das erste Gelenk mit dem zweiten Wagenkasten verbunden ist, sind nicht Teil
des Wagenkastens. Herkömmliche Wagenkästen umfassen Längs-, Hoch- und Querträger,
welche einen Innenraum des Wagenkastens umgeben. Das stirnseitige Ende eines Wagenkastens
ist durch die Außenhaut des Wagenkastens festgelegt, welche noch zum Umhüllen des
Innenraums des Wagenkastens bestimmt ist.
[0087] Gemäß einer weiteren Weiterbildung weist das Fahrzeug wenigstens einen weiteren,
dritten Wagenkasten auf, welcher mit dem zweiten Wagenkasten über ein zweites Gelenk
gekuppelt ist, wobei das zweite Gelenk zwischen dem zweiten und dem dritten Wagenkasten
angeordnet und zumindest zur Ausführung einer Drehbewegung des zweiten und des dritten
Wagenkastens um eine Hochachse des Fahrzeugs und zur Übertragung von Antriebs- und
Bremskräften zwischen dem zweiten und dem dritten Wagenkasten geeignet ausgebildet
ist. Das zweite Gelenk kann auch geeignet ausgebildet sein zur Übertragung von Stützlasten
zwischen dem zweiten und dem dritten Wagenkasten. Auch das zweite Gelenk ist derart
beweglich mit dem zweiten Wagenkasten verbunden, dass der Drehpunkt der Drehbewegung
des zweiten und des dritten Wagenkastens um die Hochachse des Fahrzeugs quer zur Längsachse
des zweiten Wagenkastens bewegbar ist und dadurch neben der Dreh- oder Schwenkbewegung
um die Hochachse auch Bewegungen, insbesondere Verschiebungen, des zweiten und des
dritten Wagenkastens zueinander in Richtung der Fahrzeugquerachse ermöglicht. Das
zweite Gelenk weist dieselbe Funktion zwischen dem zweiten und dem dritten Wagenkasten
auf, wie das erste Gelenk zwischen dem ersten und dem zweiten Wagenkasten. Es kann
auch identisch ausgebildet sein. Auch die Anbindung des zweiten Gelenks an den dritten
Wagenkasten bedingt die analoge technische Wirkung und kann gleichermaßen ausgebildet
sein. Somit sind sämtliche Ausführungsformen betreffend das erste Gelenk, die Deichsel
und deren Anlenkung am ersten Wagenkasten übertragbar.
[0088] Weitergebildet kann das Fahrzeug eine Kopplungseinrichtung umfassen, welche derart
ausgebildet ist, dass eine Bewegung des ersten Gelenks quer zum ersten Wangenkasten
um einen ersten Betrag zu einer Bewegung des zweiten Gelenks quer zum dritten Wagenkasten
um einen vorgegebenen, vom ersten Betrag abhängigen, zweiten Betrag führt.
[0089] Die Deichsel kann eine Länge von über 2 m aufweisen und eine Querbeweglichkeit des
ersten Gelenks von +/-250 mm ermöglichen. Die Vertikalabstützung kann über je eine
Stützrolle links und rechts der Deichsel erfolgen.
[0090] Die Erfindung lässt zahlreiche Ausführungsformen zu. Sie wird anhand der nachfolgenden
Figur näher erläutert, in der ein Ausgestaltungsbeispiel dargestellt ist.
[0091] In der Figur ist die Erfindung schematisch dargestellt. Abgebildet ist die Unterseite
eines ersten Wagenkastens 1 eines Schienenfahrzeugs.
[0092] Ein zweiter Wagenkasten 2 ist über ein erstes Gelenk 3 mit dem ersten Wagenkasten
1 gekuppelt. Das erste Gelenk 3 ist dabei mittig zwischen dem Ende 21 des ersten und
dem Ende 22 des zweiten Wagenkastens 1 und 2 angeordnet. Es ist zumindest zur Ausführung
einer Drehbewegung des ersten und des zweiten Wagenkastens 1 und 2 um eine Hochachse
des Schienenfahrzeugs und zur Übertragung von Antriebs- und Bremskräften zwischen
dem ersten und dem zweiten Wagenkasten 1 und 2 geeignet ausgebildet. Die Hochachse
5 steht hier senkrecht zur Zeichenebene.
[0093] Das erste Gelenk 3 ist über eine Konsole 6 mit dem zweiten Wagenkasten 2 starr verbunden
und über eine Deichsel 4 mit dem ersten Wagenkasten 1.
[0094] Dabei ist ein erster Gelenkteil oder ein erster Gelenkkörper des ersten Gelenks 3
starr mit Deichsel 4 verbunden ist, wobei ein zweiter Gelenkteil oder ein zweiter
Gelenkkörper des ersten Gelenks 3 mit dem zweiten Wagenkasten 2 starr verbunden ist.
[0095] Die Deichsel 4 verläuft unterhalb des ersten Wagenkastens 1. Sie ist um eine Drehachse
7 drehbar am ersten Wagenkasten 1 angeordnet, welche Drehachse 7 eine Drehung der
Deichsel 4 in einer Horizontalebene gestattet. Hier verläuft die Drehachse 7 parallel
zur Hochachse 5. Bei Drehung der Deichsel 4 in der Horizontalebene um eine Drehachse
7 vollzieht das erste Gelenk 3 eine Bewegung mit einer Richtungskomponente quer zur
Längsachse des ersten Wagenkastens 1. Dadurch ist der zweite Wagenkasten 2 relativ
zum ersten Wagenkasten 1 in Querrichtung des ersten Wagenkastens 1 beweglich.
[0096] Die Drehachse 7 ist unter dem ersten Wagenkasten 1 in Längsrichtung elastisch angelenkt.
Dazu ist die Deichsel 4 über ein elastisches Deichsellager 8 mit dem ersten Wagenkasten
1 verbunden. Das Deichsellager 8 umfasst in diesem Ausführungsbeispiel ein starr am
ersten Wagenkasten 1 befestigtes, stabiles Gehäuse 16 zur Aufnahme und Einleitung
der Verbindungskräfte in den ersten Wagenkasten 1, ein weiteres Gelenk 9, insbesondere
ein Scharniergelenk, welches die Drehbewegung der Deichsel 4 um die Drehachse 7 ermöglicht,
eine Konsole 10 sowie ein Rückstellelement 11.
[0097] Neben der Konsole 10 ist das weitere Gelenk 9 auch mit der Deichsel 4 starr verbunden.
Das Rückstellelement 11, beispielsweise eine Feder, ist zwischen Gehäuse 16 und Konsole
10 angebracht und ist in einer Richtung vorgespannt, die gegen das Ende des ersten
Wagenkastens 21 gerichtet ist.
[0098] Eine Kraft F
D, welche durch einen Pfeil angedeutet, parallel zur in Längsrichtung des Fahrzeugs
in Richtung der Drehachse 7 auf das erste Gelenk 3 wirkt, bewirkt die Einfederung
des Rückstellelements 11 und damit die Auslenkung der Drehachse 7 aus ihrer Ruhelage
in Pfeilrichtung.
[0099] In der Ruhelage ist ein Luftspalt 12 zwischen Endanschlägen des Gehäuses 16 und einer
Anschlagsplatte 17, welche eine Basis der Konsole 10 bildet, null. Die Anschlagsplatte
17 liegt an den Endanschlägen des Gehäuses 16 an. Dadurch werden Zugkräfte von der
Deichsel 4 übertragen.
[0100] Als entgegengesetzter Anschlag 14, und somit zur Übertragung von ausreichend großen
Druckkräften auf die Deichsel 4, ist nahe dem ersten Gelenk 3 eine Anschlags-Kulisse
mit einem einstellbaren Spiel am ersten Wagenkasten 1 vorgesehen. Sie ist Teil des
Wagenkasten-Untergestells, insbesondere eines Deckblechs 23 zur Verbindung der beiden
Langträger 18 des ersten Wagenkastens 1 und zur Übertragung von Druckkräften in die
beiden Langträger 18. Die Anschlags-Kulisse 14 ist somit starr am ersten Wagenkasten
1 verbunden.
[0101] Die Deichsel 4 wird durch einen Durchbruch im Wagenkasten-Untergestell geführt. Die
Anschlags-Kulisse 14 wird durch die nahe dem Durchbruch liegenden Flächen, insbesondere
durch die an den Durchbruch angrenzenden bzw. den Durchbruch begrenzenden Flächen
des Wagenkasten-Untergestells gebildet. Sie ist hier bogenförmig ausgeführt. Ihr gegenüber
ist ein Kragen als Vorsprung 13 aus der Deichsel 4 aus- oder an diese angeformt. Der
Kragen 13 ist seinerseits starr mit der Deichsel 4 verbunden und zur Kraftübertragung
ausreichend dimensioniert. Der Kragen 13 ist komplementär zur Anschlags-Kulisse 14
ebenfalls bogenförmig ausgebildet. Zwischen Kragen 13 und Anschlags-Kulisse 14 befindet
sich hier noch ein Luftspalt 15.
[0102] Die Kraft F
D kann jedoch eine Einfederung des Rückstellelements 11 und eine Auslenkung der Drehachse
7 aus ihrer Ruhelage in Pfeilrichtung bis zur Anlage des Kragens 13 an der Anschlags-Kulisse
14 bewirken. Kragen 13 und Anschlags-Kulisse 14 wirken derart zusammen, dass die Druckkraft
F
D in den ersten Wagenkasten 1 geleitet wird.
[0103] Die sich gegenüberliegenden Flächen des Kragens 13 und der Anschlags-Kulisse 14,
welche zur gegenseitigen Anlage kommen können, sind als Reibflächenpaar mit einem
vorgegebenen Reibwert ausgebildet. Dies kann auch dazu führen, dass eine Drehbewegung
der Deichsel 4 um die Drehachse 7 unter Anlage des Kragens 13 an der Anschlags-Kulisse
14 erschwert ist.
[0104] Um auch Zugkräfte auf die Deichsel, vom ersten Gelenk ausgehend und in Richtung der
Drehachse wirkend, aufzunehmen, kann auch gegenüber der Anschlags-Kulisse 14 ein weiterer
Anschlag vorgesehen sein, welcher hier nicht gezeigt ist, so dass der Kragen 13 auch
gegenüber zur Anlage am ersten Wagenkasten 1 kommen könnte und Zugkräfte in den ersten
Wagenkasten 1 eingeleitet werden könnten. Der Kragen 13 würde somit beidseitig geführt.
[0105] Die Abstände der Anschlags-Kulisse 14 zur Drehachse 7 und der Drehachse 5 des ersten
Gelenks 3 zur Anschlags-Kulisse 14 sind zumindest gleich groß. Bevorzugt ist der Abstand
der Anschlags-Kulisse 14 zur Drehachse 7 größer als der Abstand der Drehachse 5 des
ersten Gelenks 3 zur Anschlags-Kulisse 14. Somit wird die Knicklänge der Deichsel
4 signifikant reduziert.
[0106] Der Durchbruch dient darüber hinaus auch zur vertikalen Abstützung der Deichsel 4
und zur Übertragung vertikaler Kräfte, insbesondere Gewichtskräfte, insbesondere Lastunterschiede,
zwischen den Wagenkästen 1 und 2. Vertikale Kräfte stehen hier wiederum senkrecht
auf die Zeichenebene.
[0107] Die Deichsel wird zu den Flächen des Durchbruchs beispielsweise mittels Stützrollen
nach oben und/oder unten hin abgestützt. Dadurch ist die Reibung vernachlässigbar
gering. Alternativ können zueinander komplementäre und aufeinander ausgerichtete Gleitflächen
beiderseitig angeordnet sein.
[0108] Ansonsten sind das erste Gelenk 3 und die Deichsel 4, sowie insbesondere auch das
elastische Deichsellager 8 inklusive dem weiteren Gelenk 9 um die Drehachse 7 derart
dimensioniert, dass vertikale Lastunterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten
Wagenkasten 1 und 2 übertragbar sind.
[0109] Zur Ausrichtung der Deichsel 4 in die Mittellage und somit in die Fahrzeuglängsachse
sind hier eine Feder 19 und ein Dämpfer 20 vorgesehen.