[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Anpassung bzw. Kalibrierung eines ANC-Kopfhörers,
entsprechend dem Oberbegriff des Anspruches 1 und der
WO 2010/049241 A1.
[0002] Diese Druckschrift, entsprechend der
US 9,779,714 schlägt vor, dass im Zuge der Herstellung eines ANC-Kopfhörers dieser mit einem aus
Versuchen abgeleiteten Filter (entsprechend einem Equalizer) auf einen Kunstkopf mit
Mikrofonen aufgesetzt wird, dass das von den Lautsprechern abgestrahlte Signal bei
Auftreten (bekannten) äußeren Lärms festgestellt wird, und dass durch Einstellung
des Verstärkungspegels des ANC-Mikrofons eine bestmögliche Löschung des Umgebungslärms
erzielt wird. Diese Einstellung des Mikrofons wird sodann für die Lebensdauer des
Kopfhörers verwendet.
[0003] Trotz der Einfachheit dieses Verfahrens haften ihm einige Mängel an, insbesondere
können keinerlei Abweichungen in der Charakteristik vom Versuchshörer berücksichtigt
werden. Durch die endgültige Einstellung des Pegels können auch die im Laufe des Lebens
eines Kopfhörers auftretenden Änderungen, sei es die Qualität der Abschirmung durch
die Kopfhörerschalen bzw. deren Polster, sei es elektronische Drift bei den Verstärkern
oder beim Lautsprecher oder beim Mikrofon durch Alterungsprozesse der dabei unbedingt
notwendigen, bewegten Membranen etc. berücksichtigt werden.
[0004] Die
CN 111 800 694 A zeigt ein Verfahren, zur Anpassung von ANC-Kopfhörern, bei dem die anzupassenden
Kopfhörer auf eine Messeinrichtung gesetzt und der ANC-Kreis angeregt wird. Im Anschluss
wird eine Filterfunktions-Kalkulation im Frequenzbereich durchgeführt. Auch die
US 2011/222696 zeigt ein ähnliches Verfahren zur Anpassung von ANC-Kopfhörern im Frequenzbereich.
Nachteilig an diesen Verfahren ist, dass sich diese Art der Signalverarbeitung nicht
für alle Anwendungsfälle eignet und dann zu einem erhöhten Rechenaufwand führt.
[0005] Die
US 2019/080682 A1 stellt einen entfernteren Stand der Technik dar. Hier wird nicht dezidiert auf die
Filterberechnung oder die Ermittlung der Parameter zur Konfiguration des ANC Kopfhörers
nach erfolgter Messung eingegangen, sondern es wird der Fokus auf das Vermessen selbst
gelegt.
[0006] Allgemein kann zum Stand der Technik gesagt werden, dass die Abstimmung von ANC-Kopfhörern
durch Messen der Impulsantworten von Prototypen und Bestimmung "mittlerer" (optimierter)
Filtercharakteristiken erfolgt, die auf den Signalprozessoren (in der Regel ANC-ICs)
entsprechend programmiert werden. Diese Filtercharakteristiken werden bei allen Kopfhörern
dieser Serie verwendet. Im Zuge der Herstellung der eigentlichen Produkte wird Stück
für Stück die reale Impulsantwort gemessen und es wird die Verstärkung des ANC-Mikrofons
bestmöglich an den Unterschied von Messergebnissen und gewünschten Endresultat angepasst.
[0007] Unter ANC-Kopfhörer werden in der Anmeldung und den Ansprüchen auch Ohrhörer, sogenannte
In-Ear, Earbud, On-Ear und Circumaural-Ear Hörer und auch Hörgeräte aller Art verstanden.
[0008] Es ist Ziel und Aufgabe der Erfindung ein Verfahren anzugeben, das in der Lage ist
auch derartige Abweichungen sowie Unterschiede zu der gewünschten, für das jeweilige
Einzel-Produkt idealen, Filtercharakteristik zu berücksichtigen.
[0009] Diese Ziele werden erfindungsgemäß durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches
1 angegebenen Kennzeichen erreicht, mit anderen Worten; es wird eine anzustrebende
Übertragungsstrecke im Zuge der Entwicklung des Kopfhörers festgelegt, es werden die
Übertragungsstrecken des produzierten ANC-Kopfhörers gemessen, aus den Messungen werden
Komplementärfilterfunktionen errechnet und mittels der Prony Methode (rekursive) Filter
für den Signalprozessor so ermittelt, dass der Kopfhörer die angestrebte (idealen)
Übertragungsstrecke aufweist, die so ermittelten Filterkoeffizienten und/oder Verstärkungsfaktoren
werden am Signalprozessor gespeichert bzw. aktiviert.
[0010] Detaillierter ausgeführt, umfasst das erfindungsgemäße Verfahren zur Kalibrierung
bzw. Anpassung eines ANC-Kopfhörers, der über zumindest einen Signalprozessor verfügt,
auf dem zumindest ein ANC-Filter, insbesondere ein IIR-Filter, und dessen Parameter
gespeichert sind, folgende Schritte:
- a) Aufsetzen des Kopfhörers auf ein geeignetes Messmittel, (beispielsweise einen Kuppler,
oder einen Kunstkopf mit Messmikrofonen, oder einen realen Kopf mit Sondenmikrofonen)
enthaltend eine analoge oder digitale EDV mit einer Datenübertragung,
- b) Vermessung der relevanten Übertragungsstrecken unter Anregen des ANC-Systems (ANC-Kreises)
des Kopfhörers, beispielsweise durch Chirpen oder Rauschen,
- c) Definition zumindest einer Zielfunktion zur Kalkulation der Komplementärfunktion
zumindest eines Zweigs der ANC Anwendung (des ANC-Kreises),
- d) Berechnen zumindest einer Impulsantwort der Komplementärfunktion/en aus den Messungen
der relevanten Übertragungsstrecken,
- e) Approximation der Parameter des/der ANC-Filter/s mittels Prony Methode, die zum
Erreichen der Komplementärfunktion/en notwendig sind,
- f) Eingeben bzw. Aktivieren der berechneten Parameter im Signalprozessor
[0011] Allgemein gesagt umfasst das erfindungsgemäße Verfahren, dass im Zuge der Messung
beim fertigen Produkt individuell die Filtercharakteristik geändert und an das jeweilige
Einzelprodukt angepasst wird, was durch die Struktur der Signalprozessor ermöglicht
ist, weil diese über Bluetooth oder andere drahtlose Verbindungsmöglichkeit verfügen,
oder aber über eine galvanische Schnittstelle wie USB oder Ähnliches zugänglich sind.
Da die Messergebnisse digital vorliegen und im Regelfall digital verarbeitet werden
(ohne dass dies zwingend notwendig wäre) ist es ein Leichtes, über diese Datenübertragungsmöglichkeiten
die digitalen Filterkoeffizienten der Signalprozessor wunschgemäß anzupassen.
[0012] Eine derartige Anpassung kann selbstverständlich auch noch nach Jahren am benutzten
Produkt vorgenommen werden kann, wenn ein entsprechender Messplatz zur Verfügung steht,
um eventuelle Änderungen im akustischen Verhalten durch die eingangs erwähnten Alterungsprozesse
auszugleichen.
[0013] Es soll nur kurz darauf hingewiesen werden, dass die angestrebten Filtereigenschaften
nicht nur auf eine möglichst vollständige Reduktion der Außengeräusche abgestimmt
werden, sondern auch stets die Stabilität der/des ANC-Kreise/s berücksichtigen, um
alle Arten von Übersteuerungen und Klirren zu vermeiden, Da Feedback hier empfindlicher
ist als Feedforward. Feedback Systeme arbeiten als geschlossener Regelkreis und müssen
Stabilitätskriterien erfüllen (Amplitude <0dB bei Phase 360 Grad (Bereich: +/-180)
um kein "Heulen" bzw. Übersteuern bei Instabilität zu erzeugen.
[0014] In einer Ausgestaltung der Erfindung werden die so bestimmten Transferfunktionen
in Polynome zweiter Ordnung zerlegt, wodurch es möglich wird die bei Signalprozessoren
häufig verwendeten biquadratischen Kaskaden anzuwenden.
[0015] Die angeführte EDV mit Datenübertragung ist integraler Teil des Messmittels. Die
Messanordnung besteht entsprechend nicht nur aus dem Kuppler, sondern auch einer EDV,
die das Signal weiterverarbeiten kann.
[0016] Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt
die Fig. 1 den Graphen einer Approximation einer erfindungsgemäß errechneten Impulsantwort
(Komplementärfunktion), aus gemessenen Übertragungsstrecken und Zielfunktion, mittels
Prony Methode,
die Fig. 2 ein Beispiel eines IIR Filters von 48kHz umgesetzt für 384kHz. Die linke
Spalte zeigt das Original, die Rechte die Version bei höherer Abtastrate. Oben sind
die Pole und Nullstellen in der komplexen Ebene dargestellt, unten Magnituden-(strichliert)
und Phasengang (durchgezogen),
die Fig. 3 das Ergebnis der Abtastratenanpassung der Impulsantwort am Beispiel der
mit biquadratischen Filtern (IIR) approximierten Komplementärfilterfunktion und
die Fig. 4 die Einzelfunktionen eines Feedback-Systems mit h(n) (links oben), t(n) (links unten) und durch Dekonvolution erhaltene und approximierte Komplementärfilter
- Impulsantwort (rechts oben), rechts unten: das Ergebnis der Faltung von Sekundärstrecke
und approximiertem Komplementärfilter - Impulsantwort zur Kontrolle der erfolgreichen
Synthetisierung der Zielfunktion.
[0017] Ein Beispiel für das erfindungsgemäße Verfahren bzw. das dabei verwendete Optimierungsverfahren
(Methode) wird im Folgenden beschrieben:
Die hier erfindungsgemäße Methode verwendet IIR-Filter, da diese deutlich weniger
Rechenleistung und Speicher als FIR-Filter bei gleichem Ergebnis bedürfen. Zusätzlich
erlauben manche IC's ausschließlich IIR-Filter, sodass diese Methode universell einsetzbar
ist. Es kann sich hierbei um ein Feedforward-, ein Feedback- oder ein Hybrid-System
handeln. Ein Messsystem ermittelt die Impulsantworten der Übertragungsstrecken (Feedforward
und Feedback). Dies kann mit allen üblichen Methoden erfolgen, etwa durch Anregung
mittels Chirps oder Rauschen ist aber nicht auf diese beschränkt. Zu den ermittelten
Impulsantworten der passiven Strecken müssen noch die bekannten Charakteristiken der
Mikrophone und des Treibers, die ja vorliegen, hinzugefügt werden (mittels Konvolution).
Somit ist die Impulsantwort der Feedforward-Strecke gegeben über:

[0018] Wobei x(n) der Übertragungsstrecke des Lautsprechers des ANC-Kopfhörers zum Auslöschungspunkt
des Feedforward ANC Systems (Kupplermikrofon, Kunstkopfmikrofon, realer Kopf mit Sondenmikrofon,
o.Ä.) und m(n) der Übertragungsstrecke zwischen externem Lautsprecher (Noise Source)
zum Feedforwardmikrofon entsprechen. Die Zielfunktion
p(
n) entspricht bei einem Feedforward-System der passiven Übertragungsstrecke zum Auslöschungspunkt.
Aus den vorliegenden drei Strecken
x(
n),
m(
n) und
p(
n) kann also analog zum Feedback-System die angestrebte Komplementärfunktion
f(
n) durch Dekonvolution errechnet und anschließend nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
approximiert werden. Der Auslöschungspunkt beschreibt, wie im Stand der Technik üblich,
den Punkt, an dem die durch das ANC-System erzeugte Gegenwelle die von außen in den
Kopfhörer eindringende Schallwelle auslöscht.
[0019] Die Feedback-Strecke wird ermittelt, indem eine Ziel-Impulsantwort t(n) durch Dekonvolution
erreicht wird.

[0020] Die gemessene reale Impulsantwort h(n) die auch als Sekundärstrecke (entsprechend
der Übertragungsstrecke zwischen ANC-Kopfhörer, Lautsprecher und Feedbackmikrofon)
bezeichnet wird, gefaltet mit der errechneten Impulsantwort
i(
n) ergibt die Zielfunktion
t(
n). Somit sind die Impulsantworten für Feedforward und Feedback gegeben. Die Einzelfunktionen
sowie die resultierende bereits approximierte Komplementärfilter-Impulsantwort sind
in Fig.4 dargestellt.
[0021] Eine gegebene Impulsantwort kann als FIR-Filter der Länge der Impulsantwort betrachtet
werden, wobei die Werte der einzelnen Samples als Filterkoeffizienten fungieren. Die
Übertragungsfunktion hat somit die Form

[0022] Ein IIR-Filter hingegen hat die Form

[0023] Ein gegebener integrierter Schaltkreis hat aufgrund von Limitationen der Hardware
nicht notwendigerweise die Möglichkeit ein FIR-Filter für ANC zu nutzen (solche Filter
benötigt zu viele Taps). Mit einem IIR-Filter ist es hingegen schon möglich, da die
rückgekoppelte Struktur weniger Taps benötigt. Daher ist es vorteilhaft die gegebene
Impulsantwort durch ein IIR-Polynom zu approximieren.
[0024] Es gibt hierzu verschiedene Möglichkeiten: In einer Ausführungsform wird die Prony-Methode,
in Fig. 1 dargestellt, verwendet, welche die gegebene Impulsantwort durch exponential-gedämpfte
Kosinus-Schwingungen approximiert. Der Vorteil der Prony Methode liegt darin, dass
im Gegensatz zur Filterapproximation im Frequenzbereich wo das Ergebnis FIR Filter
sind welche dann weiterer Methoden bedürfen um IIR Polynome zu erzeugen, als Ergebnis
ein IIR Polynom liefert. Die Prony Methode approximiert Impulsantworten; das bedeutet
es muss im Zeitbereich gearbeitet werden. Über die Messung sind bereits Impulsantworten
als Übertragungsstecken gegeben wodurch es zudem nahe liegt den Zeitbereich nicht
zu verlassen. Die Approximation des ANC-Filters in Punkt e) des Verfahrensablaufs
entspricht der Überführung der idealen FIR Impulsantwort des Filters in eine IIR Filter-Funktion
mittels Prony-Methode.

[0025] Durch die Approximation besitzt die ermittelte Transferfunktion mehr Koeffizienten
als benötigt: ANC-Filter werden üblicherweise bis 2kHz definiert, da oberhalb eine
gute passive Dämpfung erwartet werden kann. Optional kann die Ordnung der Transferfunktion
reduziert werden.
[0026] Impulsantworten werden im Regelfall bei einer geringeren Abtastrate als im ANC-System
verwendet aufgezeichnet. Üblich sind 44.1 oder 48kHz, während ein ANC-System eher
192 oder 384kHz getaktet ist. Das ermittelte IIR-Filter muss somit von z.B. 48kHz
auf 384kHz skaliert werden, wobei der Frequenzgang absolut gesehen (in Hz) gleich
bleiben soll (in einem relevanten Bereich).
[0027] Die Skalierung eines IIR-Filters ist nicht offensichtlich, da sich die Transferfunktion
ändern muss. Die hier vorgeschlagene Methode nutzt Pole und Nullstellen der
[0028] Transferfunktion H(z). Der Einheitskreis auf der z-Ebene bildet den Frequenzgang
ab (welcher auch über die Fourier Transformation ermittelt werden kann), da dort

[0029] An der (kartesischen) Koordinate 1 + 0j ist der DC-Anteil (0Hz) zu finden, während
an -1 + 0j die halbe Abtastfrequenz zu finden ist (Nyquist-Frequenz). Für 48kHz ist
die Nyquist Frequenz 24kHz. In Radiant handelt es sich um π, also den halben Einheitskreis.
Für die höhere Abtastrate (384kHz) ist π gleich 192kHz. Das bedeutet im selben Bereich
in Radiant befindet sich mehr Bandbreite (in Hz).
[0030] Wird eine Gerade vom Ursprungspunkt (0 + 0j) durch einen Pol (oder eine Nullstelle)
bis zu Einheitskreis gezogen ist zunächst deren Winkel (bezogen auf die Abszisse)
für die niedrige Abtastrate ersichtlich. Der Punkt am Einheitskreis entspricht einer
Frequenz f in Hz.

[0031] Der Punkt am Einheitskreis in Hz kann für die erhöhte Abtastrate in korrespondierenden
Radianten umgerechnet werden.

[0032] Somit ist der Winkel bekannt um welchen die Pole und Nullstellen gedreht werden müssen
um die Transferfunktion für die höhere Abtastrate zu skalieren. Zusätzlich müssen
die Dämpfungsfaktoren angepasst werden. Die Linien konstanter Dämpfung der s-Ebene
werden durch entsprechende Abbildung (bilineare Transformation, Impuls Invarianz,
o.ä.) zu spiralförmigen Wurzel-Ortskurve auf der z-Ebene. Vom ursprünglichen Punkt
eines Pols oder einer Nullstelle muss die Orts-Wurzel-Funktion zum DC-Punkt ermittelt
werden. Die neue Position eines Pols/ Nullstelle ist an der Intersektion zwischen
Orts-Wurzel-Funktion und des neuen Winkels für die höhere Abtastrate. Das Ergebnis
dieser Anpassung ist in Fig.2 (rechts oben und unten) dargestellt.
[0033] Sonderregelungen des Vorgehens sind nötig für Pole/ Nullstellen welche an der Nyquist-Frequenz
für die niedrige Abtastrate liegen: Da diese für die höhere Abtastrate wandert (von
π zu < π) müssen diese Pole/Nullstellen mitwandern und entlang der Abszisse gespiegelt
werden um ein reellwertiges Filter zu erhalten. In Zuge dieses Vorgangs können mehr
Nullstellen als Pole entstehen, was zu einer nicht wohldefinierten Übertragungsfunktion
führt. Es sind Pole nahe des Ursprungspunkts hinzuzufügen, so dass deren Einfluss
gering ist aber die Übertragungsfunktion wohldefiniert wird. Es ist bekannt, dass
ein Polynom mit mehr Koeffizienten im Zähler als im Nenner nicht wohldefiniert ist,
da es anti-kausal wäre.
[0034] Nach skalieren der Übertragungsfunktion, entsprechend der Fig. 3, ist diese in Funktionen
2. Ordnung zu zerlegen (biquadratische Kaskade), da diese meist in Ics umgesetzt werden
kann und auch stabiler sind. Optional kann die Skalierung auf nach der Zerlegung in
biquadratische Filter erfolgen. Die Zerlegung kann mittels Partialbruchzerlegung erfolgen.
[0035] Die so gewonnenen Koeffizienten für biquadratische, somit rekursive, Filter können
in eine Differenzengleichung umgewandelt und in einem passenden integrierten Schaltkreis
verwendet werden. Da die meisten ANC Ics in Ihrer Programmieroberfläche/Entwicklungsumgebung
die Möglichkeit haben, Filterkoeffizienten i.d.R. IIR manchmal auch FIR direkt einzugeben,
ist dies problemlos durchführbar.
[0036] Dabei wird beispielsweise im Signalprozessor eines Feedback ANC Systems das Feedback
Filter mit den Koeffizienten, der nach obiger Beschreibung approximierten, errechneten
Komplementärfunktion, programmiert. Diese Programmierung wird in der Regel über die
Entwicklungsumgebung der jeweiligen Signalprozessoren (ANC Ics) oder durch einspielen
einer mit den Koeffizienten versehenen Firmware über die bereits erläuterten Methoden
bewerkstelligt.
[0037] Die Erfindung kann verschiedentlich abgewandelt und verändert werden, so kann das
Messmittel neben den genannten Möglichkeiten eines Kunstkopfes, etc. jede andere Anordnung
von Mikrofonen haben bzw. daraus bestehen, solange nur die benötigten, dem Fachmann
in Kenntnis der Erfindung geläufigen, Daten erfasst werden.
[0038] Ob zu Beginn des Verfahrens im Signalprozessor ein beliebiges oder ein aufgrund der
Erfahrung schon in etwa angepasstes Filter konfiguriert ist, spielt letztlich keine
Rolle, da ein nochmaliges Durchlaufen des Verfahrens vom Schritt b) an, eventuell
mit weiteren Wiederholungen, zu einem raschen Erreichen des optimal erreichbaren Zustandes
führt.
[0039] Da sich ANC Kopfhörer während Ihres Lebenszyklus verändern und sich dadurch ihre
relevanten Übertragungsstrecken ändern können, kann eine Neukalibrierung sinnvoll
sein. Die Aussparung von a) aus dieser Verfahrenswiederholung kommt daher, dass die
Wiederholung auch unmittelbar nach der Erstanpassung erfolgen kann, sich die Kopfhörer
daher noch auf dem Messkopf befinden.
[0040] Dies ist insbesondere bei der Endanpassung einer ganzen Serie von Kopfhörern spürbar,
bei denen von einer Anfangskonfiguration ausgegangen werden kann, die beispielsweise
durch den ersten erfindungsgemäß konfigurierten Kopfhörer erreicht ist.
[0041] Auch Adjustierungen von bereits länger benutzten Kopfhörern sind problemlos möglich.
[0042] Ausgestaltungen der Erfindung sehen beispielsweise vor, dass im Schritt b) die Messung
der Übertragungsstrecken digital mit der Abtastrate des Messsystems erfolgt, dass
der ANC-Kopfhörer eine, vom digitalen Signalprozessor gegebene, Taktrate aufweist,
dass die Taktrate höher ist als die Abtastrate und dass die/der approximierte/n ANC
Filter im Verhältnis der Abtastrate zur Taktrate skaliert werden, wobei der Frequenzgang
der/des approximierten Komplementärfilter/s absolut, in Hertz, betrachtet gleich bleibt.
Das skalieren bereits approximierter ANC-Filter, entsprechend dem Verhältnis zwischen
Taktrate des arbeitenden Signalprozessors im ANC-Hörer und Abtastrate des Messsystems
bedeutet in anderen Worten, dass die Koeffizienten der IIR Filter-Funktion numerisch
abgeändert werden, um mit der höheren Taktrate des Signalprozessors einen identen
Frequenzgang zu erzeugen.
[0043] Eine weitere Ausgestaltung sieht vor, dass im Schritt e) die Ordnung des/der approximierten
Komplementärfilter/s höher ist/sind als der/die Signalprozessor(en) verarbeiten kann(können)
und dass die Ordnung der/des approximierten Komplementärfilter/s passend für die Leistung
des(der) Signalprozessors(en) reduziert wird.
[0044] Die Notwendigkeit zur Reduzierung der Ordnung ergibt sich aus dem Umstand, dass die
Verarbeitung der Signalprozesse im Kopfhörer im Betrieb in Echtzeit erfolgen muss,
da ANC nur für Echtzeitanwendungen sinnvoll ist. Digitale Signalprozessoren (DSP)
verfügen über der Fachperson bekannte hardwaregebundene Eigenschaften, die Einschränkungen
darstellen, welche bei Ihrer Benutzung beachtet werden müssen (z.B. Rechenoperationen/Zyklus,
dem Prozessor immanente Taktraten, Energiebedarf, usw.). Daraus ergeben sich unzählige
Gründe oder Einschränkungen warum Signalverarbeitungsprozesse (z.B. Filter) nicht
in Echtzeit durchgeführt werden könnten. Die Aufzählung ist daher nicht als abschließend
anzusehen. Die Auslastung der Signalprozessoren kann selbstverständlich neben der
reinen Erzeugung eines ANC-Signals auch von anderen Faktoren, wie etwa der Verarbeitung
des abzugebenden Audiosignals (etwa Musik), oder Bluetoothstreaming abhängen. Dabei
handelt es sich jedoch um keinen zwingenden Umstand. Es wäre beispielsweise möglich
mehrere Signalprozessoren in einem Kopfhörer zu verbauen, wobei jeder eine eigene
Aufgaben übernimmt. Der Nachteil daran liegt auf der Hand und findet sich in höheren
Kosten und einem größeren Verbrauch an Bauraum und/oder Energie. Da Kopfhörer traditionell
mit einem begrenzten Platzangebot in ihrem Gehäuse auskommen müssen ist es vorteilhaft,
aber nicht zwingend nötig, einem Signalprozessor mehrere Aufgaben zu übertragen. Aufgrund
dieser Möglichkeit der Anpassung der Systemressourcen auf Basis der Zuteilung mehrerer
Aufgaben an einen Signalprozessor kann es daher nötig werden die Ordnung des/der approximierten
Komplementärfilter/s an den/die Signalprozessor(en) anzupassen.
[0045] Das IIR-Polynom bzw. die IIR-Kaskade 2ter Ordnung sind bereits eine Filterimplementierung.
Die Ordnung wird reduziert falls der Signalprozessor nicht genügend Leistung besitzt
um z.B. eine Kaskade aus 16 Filtern 2ter Ordnung auszuführen. Hier ist auf z.B. 8
Filter 2ter Ordnung zu reduzieren. Diese Reduktion muss so geschehen, dass die ANC-Performance
nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Dies ist weder trivial noch offensichtlich da
bereits geringste Abweichungen vom Ideal zu starken negativen Effekten auf die Schallunterdrückung
führt. Das wiederum ist jedem Fachmann auf dem Gebiet geläufig und wird vorausgesetzt.
[0046] Da digitale Signalprozessoren für ANC Anwendungen in Echtzeit arbeiten müssen, um
Schallunterdrückung überhaupt möglich zu machen arbeiten diese bei weit höheren Taktraten
(gängig sind z.B. max.768kkHz, typisch 384kHz) als typische Akustik-Messysteme (typisch
48kHz). Routinemäßige Umrechnung von Filtern für eine höhere Abtastrate ist bei bekannten
Entwurfsverfahren möglich und dem Fachmann bekannt. Hier jedoch liegt eine Filterkaskade
vor, die nicht einer bekannten Entwurfsmethode folgt (wie im Text ausgeführt mittels
Approximation der Impulsantwort über die Prony-Methode), daher ist die Skalierung
der Filter nicht mehr offensichtlich durchführbar. Die Pol/Nullstellen Positionen
der IIR Filterpolynome, welche basierend auf den z.B. mit 48kHz gesampelten Übertragungsstrecken
errechnet werden, dürfen sich beim Upsampling in Ihrer Position bezüglich der natürlichen
Frequenz des Filters nicht verschieben da ansonsten die Filtercharakteristik nicht
mehr zur benötigen Komplementärfunktion passt. Wohl aber müssen die Pole und Nullstellen
auf der z-Ebene passend zur höheren Abtastrate des ANC-Systems abgeändert werden;
so dass die Charakteristik der Filterkaskade bezüglich ihrer natürlichen Frequenz
erhalten bleibt. Dabei treten unterschiedliche Problemstellungen auf: Behandlung von
Sonderfällen wie Pole/Nullstellen auf der reellen Achse (0 bzw. Pi) welche bei 0 rad/s
ebenso verschoben werden müssen um die Charakteristik beizubehalten. Desweitern bei
Pi rad/s: Hier werden die Pole/Nullstellen von der Achse wegbewegt, müssen gespiegelt
werden um ein reellwertiges Filter beizubehalten. All dies hat Einfluss auf Magnituden-
und Phasengang der Filterkaskade und muss entsprechend kompensiert werden. Dieses
Taktraten Anpassung ist aus diesem Grund maßgeblich für die Qualität des ANCs.
[0047] Die beschriebene Ermittlung, ob eine Reduzierung der Komplexität erforderlich ist
wird nach der verfahrensgemäßen Messung von der bedienenden Fachperson oder einem
entsprechenden Algorithmus getroffen. Diese Entscheidung muss nicht in Echtzeit geschehen,
nachdem die Speicherung des Polynoms nicht zeitsensibel ist, da die Anpassung vor
Verkauf des Kopfhörers geschieht. Auf diese Art kann gewährleistet werden, dass das
ANC-System später seinerseits in Echtzeit agieren kann.
[0048] Um die Erfindung mit Blick auf die Figuren noch einmal zu verdeutlichen wird hiermit
festgehalten, die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kalibrierung bzw. Anpassung
eines ANC-Kopfhörers der über zumindest einen Signalprozessor verfügt, auf dem zumindest
ein ANC-Filter, insbesondere ein IIR-Filter, und dessen Parameter gespeichert sind,
das folgende Schritte umfasst:
- a) Aufsetzen des Kopfhörers auf ein Messmittel, beispielsweise einen Kuppler, einen
Kunstkopf mit Messmikrofonen, oder einen realen Kopf mit Sondenmikrofonen, enthaltend
eine EDV mit einer Datenübertragung,
- b) Vermessen relevanter Übertragungsstrecken x(n), m(n) sowie p(n) für Feedforward und h(n) für Feedback, unter Anregen des ANC-Kreises eines Kopfhörers, beispielsweise durch
Chirpen oder Rauschen,
dadurch gekennzeichnet, dass es weiters die Schritte
- c) Definition zumindest einer Zielfunktion, -p(n) für Feedforward oder t(n) für Feedback, zur Kalkulation der Komplementärfunktion, f(n) für Feedforward oder i(n) für Feedback, zumindest eines Zweigs des ANC-Kreises (Feedforward oder Feedback)
des Kopfhörers,
- d) Berechnen zumindest einer Impulsantwort der Komplementärfunktion/en, f(n) für Feedforward und/oder i(n) für Feedback, aus den Messungen der relevanten Übertragungsstrecken,
- e) Approximation der Parameter des/der ANC-Filter/s mittels Prony Methode, die zum
Erreichen der Komplementärfunktion/en notwendig sind,
- f) Eingeben bzw. Aktivieren der berechneten Parameter im Signalprozessor umfasst.
1. Verfahren zur Kalibrierung bzw. Anpassung eines ANC-Kopfhörers der über zumindest
einen Signalprozessor verfügt, auf dem zumindest ein ANC-Filter, insbesondere ein
IIR-Filter, und dessen Parameter gespeichert sind, das folgende Schritte umfasst:
a) Aufsetzen des Kopfhörers auf ein Messmittel, beispielsweise einen Kuppler, einen
Kunstkopf mit Messmikrofonen, oder einen realen Kopf mit Sondenmikrofonen, enthaltend
eine EDV mit einer Datenübertragung,
b) Vermessen relevanter Übertragungsstrecken x(n), m(n) sowie p(n) für Feedforward und h(n) für Feedback, unter Anregen des ANC-Kreises eines Kopfhörers, beispielsweise durch
Chirpen oder Rauschen,
dadurch gekennzeichnet, dass es weiters die Schritte
c) Definition zumindest einer Zielfunktion, -p(n) für Feedforward oder t(n) für Feedback, zur Kalkulation der Komplementärfunktion, f(n) für Feedforward oder i(n) für Feedback, zumindest eines Zweigs des ANC-Kreises (Feedforward oder Feedback)
des Kopfhörers,
d) Berechnen zumindest einer Impulsantwort der Komplementärfunktion/en, f(n) für Feedforward und/oder i(n) für Feedback, aus den Messungen der relevanten Übertragungsstrecken,
e) Approximation der Parameter des/der ANC-Filter/s mittels Prony Methode, die zum
Erreichen der Komplementärfunktion/en notwendig sind,
f) Eingeben bzw. Aktivieren der berechneten Parameter im Signalprozessor umfasst.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass im Schritt b) die Messung der Übertragungsstrecken digital mit einer Abtastrate des
Messsystems erfolgt, dass der ANC-Kopfhörer einen digitalen Signalprozessor welcher
eine gegebene Taktrate aufweist, dass die Taktrate höher ist als die Abtastrate und
dass die/der bereits approximierte/n ANC-Filter im Verhältnis der Abtastrate zur Taktrate
skaliert werden, wobei der Frequenzgang von (einem) approximierten Komplementärfilter(n)
absolut, in Hertz, betrachtet gleich bleibt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass im Schritt e) die Ordnung eines Polynoms des/der approximierten Komplementärfilter/s
höher ist/sind als der/die Signalprozessor(en) in Echtzeit verarbeiten kann(können)
und dass die Ordnung der/des approximierten Komplementärfilter/s passend für die Leistung
des(der) Signalprozessors(en) reduziert wird.
4. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es zur Kontrolle und/oder genaueren Kalibrierung ab Schritt b) wiederholt wird.
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Kopfhörer einer aus einer Produktionsserie ist, bei der die ursprünglichen Parameter
des ANC-Filters aufgrund vorhergehender Tests eingegeben bzw. aktiviert sind, die
dann durch die Wiederholung des Verfahrens im Laufe der Lebenszeit des Kopfhörers
angepasst werden.